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Benedikt XVI

Benedikt XVI

Titel: Benedikt XVI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licht der Welt
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zeigen wollen, wie viel Schmutz es gerade auch
unter den Priestern gibt.
    Andererseits
könnte man sagen, der Herr wollte uns prüfen und uns zu einer tieferen
Reinigung rufen, so dass wir das Priesterjahr nicht triumphalistisch begehen,
als Selbstrühmung, sondern als Jahr der Reinigung, der inneren Erneuerung, der
Verwandlung und vor allem der Buße.
    Der
Begriff Buße, der zu den Grundelementen der alttestamentlichen Botschaft
gehört, ist uns zunehmend abhanden gekommen. Man wollte irgendwie nur noch das
Positive sagen. Aber das Negative existiert eben, es ist ein Faktum. Dass man
durch Buße ändern und sich ändern lassen kann, ist eine positive Gabe, ein Geschenk.
So hat es auch die Alte Kirche gesehen. Es gilt, nun im Geist der Buße wirklich
neu anzufangen - und gleichzeitig die Freude am Priestertum nicht zu verlieren,
sondern neu zu gewinnen.
    Und ich
darf mit großer Dankbarkeit sagen: So ist es auch geschehen. Ich habe von
Bischöfen, Priestern und Laien viele erschütternde, bewegende Zeugnisse der
Dankbarkeit für das Priesterjahr bekommen, die einem zu Herzen gehen. Diese
Menschen bezeugen: Wir haben das Priesterjahr als Anlass zur Reinigung aufgefasst,
als Akt der Demut, indem wir wieder neu uns vom Herrn her rufen lassen. Und wir
haben gerade dadurch auch wieder die Größe und Schönheit des Priestertums gesehen.
In diesem Sinn, denke ich, waren diese schrecklichen Enthüllungen doch auch ein
Akt der Vorsehung, der uns demütigt, der uns zwingt, wieder neu anzufangen.
     
    Die Ursachen für den Missbrauch
sind komplex. Fassungslos fragt man sich vor allem: Wie kann sich auf diese
furchtbare Weise ausgerechnet jemand vergehen, der doch tagtäglich das Evangelium
liest und die Heilige Messe feiert, der sich den Sakramenten aussetzt und von
ihnen ja eigentlich gestärkt sein sollte?
     
    Das ist eine Frage, die wirklich
das "mysterium iniquitatis", das Geheimnis des Bösen, berührt, wo man
sich auch fragt: Was denkt sich so jemand, wenn er am Morgen an den Altar geht
und das heilige Opfer feiert? Geht er eigentlich zur Beichte? Was sagt er in
der Beichte?
    Welche Folgen hat diese Beichte
bei ihm? Sie müsste doch eigentlich das große Instrument sein, das ihn wieder
herausreißt und ihn nötigt, anders zu werden.
    Es ist ein
Geheimnis, dass jemand, der sich dem Heiligen verschrieben hat, es so völlig
verliert, und dann, ja, seine Ursprünge verlieren kann. Er muss doch zumindest
bei der Priesterweihe eine Sehnsucht nach dem Großen, nach dem Reinen gehabt
haben, sonst hätte er diese Wahl nicht getroffen. Wie kann jemand dann so
abstürzen?
    Wir wissen
es nicht. Aber umso mehr bedeutet es, dass die Priester sich gegenseitig tragen
müssen, sich nicht aus dem Auge verlieren dürfen; dass die Bischöfe die
Verantwortung dafür haben, und dass wir die Gläubigen anflehen müssen, ihre
Priester auch mitzutragen. Und ich sehe in den Pfarreien, dass die Liebe zum
Priester auch wächst, indem man seine Schwächen erkennt und sich zur Aufgabe
macht, ihm in diesen Schwächen zu helfen.
     
    Vielleicht haben wir teils auch
ein ganz falsches Bild von der Kirche. Als könnte sie frei sein von solchen
Dingen; und als wäre nicht auch sie den Versuchungen ausgesetzt, und gerade
sie. Ich darf noch einmal aus Ihrer Kreuzwegandacht zitieren: "Das
verschmutzte Gewand und Gesicht Deiner Kirche erschüttert uns. Aber wir selber
sind es doch, die sie verschmutzen ... Wir ziehen Dich mit unserem Fall zu
Boden, und Satan lacht, weil er hofft, dass Du von diesem Fall nicht wieder
aufstehen kannst, dass Du, in den Fall deiner Kirche hineingezogen, selber als
Besiegter am Boden bleibst."
     
    Ja, das ist es, was wir heute mit
eigenen Augen sehen können, und was sich einem insbesondere in der Kreuzwegbetrachtung
aufdrängt. Hier wird deutlich, dass Christus nicht aufgrund irgendwelcher
Zufälle litt, sondern wirklich die ganze Geschichte des Menschen in die Hand
genommen hat. Sein Leiden für uns ist nicht bloß eine theologische Formel. Dies
zu sehen und uns dann von Ihm auf Seine Seite ziehen zu lassen und nicht auf
die andere Seite, ist ein existenzieller Akt. In der Kreuzwegandacht nehmen
wir wahr: Er leidet wirklich für uns. Und er hat auch meine Sache an
sich genommen. Jetzt zieht er mich zu sich, indem er mich in meiner Tiefe
aufsucht und zu sich hinaufholt.
    Das Böse
wird auch immer zum Geheimnis der Kirche gehören. Und wenn man sieht, was
Menschen, was Kleriker alles in der Kirche gemacht haben, dann ist das

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