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Benjamins Gärten (German Edition)

Benjamins Gärten (German Edition)

Titel: Benjamins Gärten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Walther
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Decke von mir, trete ans Fenster. Ein Streifen Mondlicht fällt über die Wiese, als ich mich weit hinausbeuge. Es muss bald Mitternacht sein, es ist sehr still, nur ein Lüftchen spielt mit den Blättern des Birnbaumes.
    Ich trete auf den dunklen Flur und taste nach dem Schlüssel im Staub auf dem Balken, schließe die gegenüberliegende Tür auf. Mondlicht erhellt den Raum bläulich, die Möbel treten als schwarze Masse hervor. In der Mitte des großen Kleiderschranks schimmert ein fleckiger Spiegel. Die beiden Betten haben hohe Rückenlehnen, in der Ecke steht eine Kommode. Ich gehe zu den Betten, setzte mich auf die Lehne am Fußende. Lasse mich rückwärts aufs Bett fallen, wie ich es als Kind liebte. Ich schaue an die Zimmerdecke, ein heller Streifen Mondlicht leuchtet auf den weiß lackierten Brettern.
    Manchmal fällt es mir schon schwer, mich an meine Eltern zu erinnern. Ich schließe die Augen und sehe nur ein Foto von ihnen. Keine lebendige Situation. Vielleicht sind in diesem Raum Erinnerungen geblieben.
    Der kleine Kachelofen hat eine gusseiserne Tür, auf der zwei Ritter mit federgeschmückten Helmen kämpfen. Als Kind erschienen sie mir wie unförmige Monster, verwachsen mit ihren Pferden. Mutti stand an der Kommode und hob die Arme, um ihre Haare festzustecken, eine Locke rutschte heraus, fiel wieder über ihre Schulter. Erst als sie krank wurde, ließ sie ihr Haar kurz schneiden. Es war zu unpraktisch geworden. Eine Friseurin kam ins Haus, setzte sie auf einen Stuhl vor den Schrankspiegel. Lange Strähnen ihrer hellbraunen Haare kringelten sich auf dem Boden. Ich stellte die Kaffeetassen ab, blieb am Türpfosten stehen. In dem halb blinden alten Spiegel sah ich, dass ihre Wangen feucht waren. Die Friseurin lobte die Vorteile einer Kurzhaarfrisur, gab sich viel Mühe. Wir beide schwiegen, unsere Augen trafen sich im Spiegel, nur für einen schmerzlichen Moment.
    Ich stehe auf, gehe zum Schrank, fahre mit den Fingern über den Spiegel. Sie hat so gekämpft. Doch blieb ihr nicht viel Zeit dazu. Ich gleite mit dem Rücken an dem kühlen Spiegel herunter, fange an zu weinen. Der Schmerz schlägt über mir zusammen. Ich weine darum, sie zurückzubekommen. Ich hätte sie noch gebraucht, beide. Es ist nicht fair. Es wird noch Dinge in meinem Leben geben, an denen sie hätten teilhaben sollen. Ich fühle mich hilflos wie ein Kind, dem Schmerz ausgeliefert. Ich schluchze und beginne zu frieren. Krieche zum Bett, lege mir eine Wolldecke um die Schultern. Ich bleibe auf dem Bettvorleger sitzen, ans Bett gelehnt. Sie lag hier in diesem Bett, der Arzt stieg die Treppe herauf, die Schwester. Ich mit einem Tablett in den Händen. Die Morphiumspritze durchstach ihre Haut. Ich spüre ihren Schmerz als meinen. Er legt sich wie ein Ring um meine Brust. Ich wickle mich in die Decke, halte mich an mir selbst fest. Manchmal fühle ich mich hundert Jahre alt. Manchmal weiß ich nicht, wie ich den Schmerz ertragen soll. Doch diese Momente gehen vorbei. Ich versuche ruhiger zu atmen, lasse die kühle Nachtluft durch mich fließen. Zwinge mich aufzustehen, schlage die Tür hinter mir zu.
    Ich gehe nach unten, immer noch in die Decke gewickelt. In der Küche mache ich Licht an, greife zur Zigarettenschachtel. Rauche eine Zigarette, nur um mich erwachsen zu fühlen, um die Gespenster der Nacht zu vertreiben. Der Rauch hinterlässt einen pelzigen Geschmack auf meiner Zunge.
    Geheime Gärten

    Ich bleibe in der Einfahrt stehen. Die Villa sieht unbewohnt aus. Das kenne ich schon von ihr. Als Kinder spannen wir Geschichten um dieses Haus. Wir waren uns nie sicher, ob wirklich jemand darin wohnte, so unbelebt und still wirkte es. Dass es etwas abseits in einem großen Garten lag, erhöhte seine mysteriöse Ausstrahlung noch. Zuletzt hatte die kleine Villa einige Jahre leer gestanden.
    Es ist keine dieser Villen, in deren Giebeln Trautes Heim oder Villa Liselotte steht. Sie ist nicht bieder, eher geheimnisvoll, das Domizil eines eigenbrötlerischen Künstlers vielleicht. Kleine Fenster im Türmchen, die geschwungenen Dachziegel pflaumenfarben.
    Vor drei Wochen habe ich das gerettete Tischchen abgeholt. Ein paar Tage später den Abbeizer. Dann ging ich bei einem Spaziergang hier vorbei. Nichts. Heute will ich schauen, ob Lack im Schuppen ist. Das Tischchen ist abgebeizt, gründlich. Genug Zeit hatte ich.
    Ich gehe um die Villa herum. Auch hier keine Spur von Leben. An der grünen Holzveranda hinten blättert die Farbe. Alte Farbdosen

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