Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phoenixfluch
Vom Netzwerk:
Erde zu bleiben.“
    „Warte, lass mich zu Ende erzählen“, bat Georg. „Du bist eine Hexe, eine Sehende. Bei euch gelten geringfügig andere Regeln. Manche nennen Menschen wie euch auch ‚alte Seelen‘.“
    „Das bedeutet im Klartext?“
    „Es bedeutet, dass deine Seele nicht verfällt und zu Energie wird. Sie kehrt zurück, als Wiedergeburt. Ohne Erinnerung. Mit gelöschtem Speicher, wenn du so willst, aber in ihrer Charakteristik unverändert.“
    „Oh.“ Helena verstand. „Dann kennen wir uns bereits, habe ich recht? Du warst schon einmal mein Schutzengel.“
    Georgs graue Augen glänzten, während er mit halb offenen Lidern in Erinnerungen schwelgte. „Ja, das war ich. Oft schon. Und hin und wieder war ich auch mehr als das.“
    „Du meinst, wir waren … ein Paar?“ Verwundert stellte sie fest, dass sie vielleicht keinen Herzschlag mehr ihr Eigen nannte und nicht atmen musste, aber durchaus noch erröten konnte. „Oh Georg, das konnte ich nicht wissen. Es tut mir …“
    Er winkte ab und strich sich die Haare zurück. Zum ersten Mal wirkte die Geste auf Helena nicht selbstbewusst, sondern unsicher und verletzlich. „Es muss dir nicht leidtun. Mal gewinnt man, mal verliert man. Von Zeit zu Zeit führten uns unsere Wege zusammen, dann wieder voneinander fort. Ein Menschenleben ist nicht lang.“
    „Du glaubst, wir werden uns wiedersehen?“
    „Das ist eine Frage der Zeit. Ich kann warten.“ Nach einer spöttischen Verbeugung wandte er sich ab. „Auf dann, Helena. Leb wohl.“
    „Warte, Georg Drachentöter!“, rief Helena ihm nach. „Sag mir noch eins: Für wen bist du damals gestorben?“
    Langsam drehte er sich um, immer noch lebendiges Vergnügen ins Gesicht geschrieben. „Für eine Hexe, die zu frech und starrsinnig für ihre Zeit war und ständig in Schwierigkeiten geriet. Manches ändert sich wirklich nie. Soll ich dir etwas sagen? Ich will es gar nicht anders haben.“
    Im nächsten Augenblick war er verschwunden. Helena blinzelte ungläubig, denn an dem Ort, wo eben noch Georg gestanden hatte, sah sie nun eine große, graue Katze, die ihr mehr als vertraut war. Mit einem Satz verschwand sie zwischen den dichten Büschen.
    Fassungslos drehte Helena sich um, und schrak prompt zusammen. Denn am Stamm des Lebensbaums hockte nun ein Mädchen, äußerlich vielleicht zehn Jahre alt. Doch aus ihren himmelblauen Augen strahlte die Weisheit endloser Zeiten.
    „Moira“, sagte Helena leise.
    Es gab keinen Zweifel, sie stand dem Schicksal gegenüber. Moira musterte sie und Helena wusste, dass dieses Kind alles wahrnahm und analysierte, was sie fühlte und dachte. Um sie herum wirbelten ihre eigene Ehrfurcht, etliche Vorwürfe und tausend Fragen durcheinander und sie stand mittendrin wie eine Figur in einer wild geschüttelten Schneekugel. Sie verspürte den Drang, ihre Hände schützend über den Kopf zu legen, um Moira ihre Gedanken nicht länger zu offenbaren, doch da ließ das Schicksal bereits von ihr ab und lächelte warmherzig.
    „Ich muss dir danken“, sagte Moira mit einer Stimme, die klang, als rinne klares Wasser über geschliffene Edelsteine: hell, spritzig und unverhüllt aufrichtig.
    „W-wofür?“ Nur schwer fand Helena die Worte wieder.
    „Du hast meinen Auserwählten befreit. Nach so langer Zeit. So viele schickte ich zu ihm. Dir ist gelungen, woran alle anderen scheiterten.“
    „Dann war es wirklich meine Bestimmung, ihm zu helfen, den Fluch zu besiegen.“
    Das Mädchen teilte ihr bodenlanges Haar im Nacken und ließ es über ihre Schultern fallen. Dann begann es, die langen, silbrig weißen Strähnen, die an zu Fäden gesponnenen Tau denken ließen, mit den Fingern zu kämmen.
    „Ja sicher.“
    „So sicher ist das nicht“, murmelte Helena. Als Moira aufsah, bereute sie ihre skeptischen Worte. „Nun ja, es ist so: Du hast Samuel nicht wirklich Grund zu der Annahme gegeben, dass du ihm ernsthaft helfen würdest.“
    „Ich habe ihm doch immer geholfen.“ In Moiras hübschem Gesicht wuchs ein Strahlen heran. „So gut ich konnte.“
    „Offenbar bedeutet Hilfe hier bei euch etwas anderes als bei uns.“
    Helena presste die Lippen zusammen. Was tat sie denn hier? Wurde sie jetzt verrückt, das Schicksal zu kritisieren? Wollte sie vielleicht auch einen hübschen Fluch mit ins nächste Leben nehmen?
    Doch Moira schien nicht verärgert. „Du bist die sechste Hexe, die ich zu ihm schickte. Keine zuvor ließ er auch nur in seine Nähe. Aus Angst und Schuld schickte er sie

Weitere Kostenlose Bücher