Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
Drachen-Monster-Ding in meinem Treppenhaus sitzen und wie ein Hund durchs Fenster auf den Straßenverkehr rausschauen wollte, würde ich sicher nicht der Volltrottel sein, der es dabei störte.
So leise wie möglich ging ich rückwärts die Treppe hoch, bis ich auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock ankam. Dann flitzte ich die nächsten vier Stockwerke rauf und zurück in die relative Sicherheit meiner Wohnung.
Nachdem ich einen Moment lang nach Luft geschnappt und mir einen Schluck von dem Bailey’s genehmigt hatte, der seit Weihnachten hinten in meinem Kühlschrank stand, setzte ich mich aufs Sofa und schmiedete Pläne. Ich würde nebenan klopfen, mir eine Zeugin holen und dann wieder runtergehen. Patience würde das Drachenmonster sehen, total durchdrehen und mir damit bestätigen, dass ich nicht dabei war, den Verstand zu verlieren.
Es gab nur einen kleinen Haken bei der Sache: Sie war nicht zu Hause.
Ich überlegte kurz, ob ich einfach an die nächstbeste Tür klopfen und versuchen sollte, dort jemanden dazu zu bewegen, sich das Drachenmonster mit mir zusammen anzuschauen, doch ich hatte zu viel Angst, dass es inzwischen aus lauter Langeweile abgehauen war – womit ich dann als ziemliche Spinnerin dagestanden hätte. Das kam also nicht infrage.
Nach einem weiteren Schluck Bailey’s für die Nerven tat ich das einzig Vernünftige, das man in meiner Lage tun konnte: Ich rief beim Ordnungsamt an.
„Das ist eine anonyme Beschwerde“, sagte ich kurz angebunden. „In meinem Hauseingang ist ein riesiger, gefährlicher Hund, und Sie müssen jemanden schicken, der ihn einfängt!“
Die Frau am anderen Ende der Leitung fragte immer wieder nach meinem Namen, aber ich war ja nicht blöd. Wenn ich ihn verriet, dann würden bald alle wissen, dass ich die durchgeknallte Anruferin war, und am Ende würde ich dann wirklich in der Klapse landen, bevor mein Blind Date mich retten konnte.
Schließlich war ich ihre Versuche, mir Informationen abzuschwatzen, leid, also blaffte ich meine Adresse in den Hörer und legte auf. Dann rannte ich ins Badezimmer, wo sich das einzige Fenster in meiner ganzen Wohnung befand, das zur Straße vor dem Haus hinausging. Ich zog das Rollo hoch, um nach dem Mann mit dem großen Netz Ausschau zu halten, der mein Monster fangen sollte.
Ich wartete eine ganze Weile. Dann rief ich erneut an. Ich aß etwas Erdnussbutter aus dem Glas, ging wieder ins Badezimmer und wartete noch ein wenig.
Um halb sieben klingelte es endlich bei mir. Ich hockte gerade auf dem Badewannenrand und bearbeitete mit einer ziemlich mitgenommenen Feile meine Nägel. Sofort setzte ich mich auf, damit ich besser aus dem Fenster schauen konnte, und verbog mir den Hals, um zu sehen, wer unten vor der Tür stand.
Das Einzige, was ich erkennen konnte, war eine menschenförmige Gestalt auf der Eingangstreppe. Das Herz schlug mir wie ein bösartiger kleiner Hammer in der Brust.
Verdammt, hatte das Ordnungsamt meine Telefonnummer zu meiner Wohnung zurückverfolgt?
Erst als ich genauer hinsah, stellte ich fest, dass der Mann vom Ordnungsamt einen … Blumenstrauß in Händen hielt.
Mist! Das war nicht das Ordnungsamt. Das war mein Blind Date! Das hatte ich total vergessen!
Ich habe mich immer als ziemlich normales Mädel betrachtet, und selbst wenn normale Mädels ein riesiges Drachenmonster im Treppenhaus sehen, lassen sie sich von besagtem Monster nicht dazwischenfunken, wenn eine mögliche Begegnung mit Mr. Right ansteht. Ich musste mich also zusammenreißen, aufhören, so ein Waschlappen zu sein, und an die Tür gehen.
Ich rannte ins Wohnzimmer und drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage. „Scheiße! Ich meine, hallo …?“
„Äh, ist da Calliope?“, sagte eine traumhafte, etwas verunsicherte Stimme.
Vielleicht ist der Kerl ja gar nicht so ein Versager. Auf jeden Fall ist seine Stimme höllisch sexy.
Zufrieden mit Patience, nickte ich, doch dann wurde mir klar, dass der Kerl überhaupt nicht vor mir stand und wahrscheinlich dachte, ich hätte ihn nicht gehört.
„Aber ja doch! Hier ist … äh … ganz eindeutig Calliope Reaper-Jones!“, sagte ich übertrieben laut.
Stille schloss sich an, als das Blind Date meine Worte verdaute.
Kaum zu glauben, wie idiotisch ich klang. Wahrscheinlich dachte er, dass ich eine von Patience’ etwas langsamen Freundinnen sei. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber wenn ein attraktiver Mann in der Nähe ist, dann ist es mir scheinbar unmöglich, auch nur einen klugen
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