Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
Hause waren, als es passierte. Wie furchtbar – MR SAM überleben und dann bei einem Brand umkommen …«
»Ja. Das wäre absurd gewesen, was?«
»Sie müssen all Ihre Habe verloren haben – wie können Sie da einfach so – so ruhig und normal hier sitzen? Ich wäre vollkommen außer mir.«
»Aber ich bin weder ruhig noch normal. Nicht im entferntesten!«
»Und Sie sind sicher, daß es kein Unfall war – daß es sich tatsächlich um Brandstiftung handelt?«
»Es sieht so aus. Jemand hat sich große Mühe gegeben, mein Leben durcheinanderzubringen. In jeder Hinsicht.«
»Aber – warum? «
»Wegen etwas, woran ich arbeite und das einen Nerv zu treffen scheint. Irgendwo. Ich weiß nicht wo. Wer immer der Verursacher ist, scheint zu wissen, was ich tue und wann.«
Sie sah sich nervös um, eine neue Angewohnheit, die anfing, sie zu stören. Myra tat indessen dasselbe. Als ihre Blicke sich wieder trafen, sagte Myra: »Sie glauben doch nicht etwa, daß Sie abgehört oder beobachtet werden?«
»Vielleicht. Mir passieren dauernd merkwürdige kleine Dinge. Vielleicht bin ich auch bloß paranoid. Aber eines weiß ich – ich bin noch nie so durcheinander gewesen.«
Der Kellner erschien mit Kaffee. Myra und Janie nickten bejahend in Richtung auf ihre Tassen. Nachdem er sie nachgefüllt hatte, entfernte der Ober sich wieder.
»Und zu allem Überfluß habe ich auf einmal auch noch zwei Männer.«
Myra zog sofort die Augenbrauen hoch. »Zwei? Nun, ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht helfen.«
»Leider kann mir da überhaupt niemand helfen.«
»Es wird doch irgend jemanden da draußen geben, der weiß, wie man mit zwei Männern fertig wird – bloß ich nicht. Mir hat einer gereicht. Und sogar der war manchmal zuviel. Damals, als ich noch Männer hatte, heißt das, beziehungsweise einen … «
Für einen kurzen Moment schien sie melancholisch zu werden, und Janie wartete höflich, bis der wehmütige Ausdruck verschwand, ehe sie fortfuhr: »Diese Situation wird sich von selbst lösen, auf die eine oder andere Weise, selbstverständlich. Das ist auch nicht der Grund, warum ich Sie sprechen wollte.«
Die Kuratorin kam sofort auf das Thema, das für sie das naheliegendste war. »Gibt es ein Problem mit Ihrem Journal?«
»Nein. Da hat sich nichts geändert. Aber das Journal hat etwas damit zu tun, warum ich Sie um ein Treffen gebeten habe.« Sie unterdrückte ein Gähnen und schloß für einen Moment die Augen.
»Ich brauche verzweifelt ein bißchen Normalität, und dieses Lokal ist … für mich etwas Besonderes. Das letzte Frühstück zusammen mit meiner Mutter hat hier stattgefunden.«
»Dann stürmen jetzt eine Menge Erinnerungen auf Sie ein?«
Janie sah sich wieder um. Diesmal nahm sie die Wärme des Ortes in sich auf, und als sie sich wieder Myra zuwandte, fühlte sie sich etwas gelassener. »Ja, das tun sie. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr ich meine Mutter vermisse. Ich hätte sie viel länger gebraucht.«
»Es tut mir leid«, sagte Myra. »Wir haben alle so schreckliche Verluste erlitten. Wenn ich an die letzten paar Jahre zurückdenke, dann muß man wohl einfach dankbar sein, daß man noch lebt.«
»Stimmt.«
Die Speisekarten wurden gebracht. Eine neue Kellnerin machte Vorschläge, und sie wählten schnell. »Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten«, sagte Janie, als sie wieder allein waren.
Myra lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Also, Sie machen mich neugierig. Ich habe mir schon gedacht, daß Sie mich nicht nur deshalb einladen, weil Sie meine Gesellschaft so sehr schätzen.«
Janie brachte ein kleines Lachen zustande. »Ich wußte, daß ich mich hier besser fühlen würde. Ihre Offenheit ist so … erfrischend.«
»Das ist sehr diplomatisch formuliert, wenn man bedenkt, was Sie statt dessen hätten sagen können. Bitte, fahren Sie fort.«
Janie erzählte ihr von Abraham Prives’ seltsamer Krankheit und so viel, wie sie wagte, von deren mysteriösen Umständen. Als sie damit fertig war, saß Myra ein paar Minuten schweigend da. Endlich sagte sie: »Was für ein trauriges Schicksal!«
»Ja. Und das sind nur die Jungen, von denen wir wissen.«
»Ach, die armen Kinder, und ihre armen Mütter!«
»Genau. Ich kenne nur eine der Mütter persönlich, und sie ist wahnsinnig tapfer – aber es muß furchtbar für sie sein. Ich habe die übrigen – eh – Mitarbeiter nicht gefragt, wie es den anderen Eltern insgesamt geht; aber ich kann mir vorstellen, daß die Schilderung nicht
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