Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
sei unter ihnen, Tochter«, flüsterte er, »und ich glaube, es stimmt.«
Schweigend drehte sie sich um und rannte den Hügel hinunter. Er hatte keine andere Wahl, als ihr zu folgen.
Als sie die Spitze der Phalanx erreichten, beobachteten die Leutnants auf ihren nervös tänzelnden Pferden das langsame Anrücken der kleinen Gruppe. Warum reiten sie nicht einfach kühn vorwärts? fragte sich Alejandro. Die Leutnants schienen genauso verwirrt wie er, aber sie waren so klug, ihre Truppen in Zaum zu halten. Kate und Alejandro arbeiteten sich am Waldrand voran, bis sie auf gleicher Höhe mit den Reitern ihrer eigenen Armee waren und Kate selbst sehen konnte, was vor sich ging.
Die Gruppe kam näher, langsam, Schritt für Schritt. Froh erklärte Kate Alejandro: »O Père, es ist Karle! Meine Gebete sind erhört worden, denn sie bringen ihn m ir zurück.« Dann wandte sie sich wieder den Reitern zu.
Alejandro legte eine Hand auf ihre Schulter, er konnte spüren, daß sie leise zitterte. Die Reiter hielten inne, alle außer Karle, und als sie mit angehaltenem Atem abwarteten, spürte der Arzt, wie seine Tochter sich unter seiner Berührung versteifte. Er blinzelte, um besser sehen zu können; irgend etwas stimmte da nicht. Karle wankte im Sattel, aber sein Pferd bewegte sich vorwärts, fast aus eigenem Willen, als habe Karle keine Kontrolle darüber. Alejandro holte tief Luft, legte die Arme um Kates Taille und verschränkte die Hände. Sein Herz schlug schneller, bis er das Pochen in den Schläfen spürte. Er beobachtete, wie alle anderen, stumm die Szene.
Endlich blieb das verwirrte Tier stehen, und Karle sank nach vorn. Seine Hände schienen seltsam an einer bestimmten Stelle des Sattels fixiert. Sein Helm mit dem Federbusch kippte vorwärts, fiel krachend zu Boden und rollte scheppernd zur Seite – denn er enthielt nichts, was ihm Halt gab.
Kate schrie auf und versuchte, sich aus dem Griff ihres Vaters zu befreien, während der kopflose Körper ihres Mannes auf dem erschrockenen Pferd hin und her wankte. Erst als einige von Karles Leutnants vorritten, um das Tier festzuhalten, und ihr den schrecklichen Anblick versperrten, gaben ihre Knie endlich nach. Sie sank zu Boden, einer Ohnmacht nahe. Alejandro hob sie auf und rannte am Waldrand entlang zum Langhaus zurück. Er stürmte zwischen den Bäumen dahin, blind vor Tränen, und während er sich ihrer Zuflucht näherte, hörte er das Horn ertönen, die Rebellen schreien und Karles armée des Jacques mit stampfenden Hufen nach vorn stürmen, um das grausame Abschlachten ihres Anführers zu rächen. Und bald hörte man auch Navarras Truppen, die auf das reagierten, wovon Navarra und Coucy später behaupten sollten, es sei ein direkter Angriff auf sie gewesen, obwohl ein Bündnis offeriert worden sei.
Der Lärm der Schlacht wurde überwältigend, als Navarras berittene Truppen sich unter die Fußsoldaten der Jacques mischten. Alejandros Kehle schnürte sich bei jedem keuchenden Atemzug zu, während er durch den Wald stürmte, um Kate in Sicherheit zu bringen. In seiner Brust trommelte es, und seine Arme brannten von dem Schmerz, eine Bürde nicht loslassen zu können, die fast über seine Kraft ging; Kate war so groß wie er, und während er rannte, schien es ihm, als habe sie auch sein Gewicht. Doch seine Füße waren wundersam sicher, und endlich erreichte er sein Ziel.
Er ließ sie auf eine Bank gleiten und schüttelte sie unsanft, um sie zu sich zu bringen. Sie öffnete die Augen und sah ihn mit der herzzerreißendsten Trauer an, die er je erblickt hatte. Wieder begann sie zu klagen, und er nahm sie in die Arme, drückte sie an sich, in dem Versuch, ihr Leid zu seinem eigenen zu machen. Ihr Körper bebte zwar vor Schluchzen, war aber steif wie ein Leichnam und wollte sich seiner Umarmung nicht fügen.
Der Schlachtenlärm rückte näher, und Alejandro wußte, daß sie binnen kurzem von einer Flut verwundeter, blutender Männer überschwemmt würden, die um Hilfe schrien; für einige würde ein schneller Tod die größte Gnade sein. Er löste seine Umarmung und packte Kate fest bei den Schulter.
»Tochter«, appellierte er an sie, »deine Trauer ist unermeßlich. Ich weiß das. Aber Witwe sein kannst du morgen. Im Augenblick wirst du als Heilerin gebraucht, zu der du ausgebildet worden bist.«
»O Père, o Père « , schluchzte sie, »er ist tot … mein Gatte ist mir genommen.«
Er sprach entschieden, aber mit tiefs ter Anteilnahme. »Und er wird niemals
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