Benson, Ann - Alejandro Canches 02 - Die brennende Gasse
Truppen umher und wiesen sie an, wie sie sich aufzustellen hatten und wie sie aus den Reihen Kampfformationen bilden sollten. Alejandro und Kate traten aus dem Langhaus, als die Armee sich gerade in Bewegung setzte. Alejandro hielt einen vorbeireitenden Leutnant an und sagte: »Wenn es zur Schlacht kommt, bringt nur die Verwundeten, die noch gerettet werden können, zum Langhaus. Wir haben keinen Platz für Männer, die lediglich das Stroh mit ihrem Blut tränken und dann sterben.«
Der Leutnant nickte und versprach, die Anweisung an seine Kameraden weiterzugeben. Dann ritt er der Formation voraus, um beherzt die Spitze zu bilden.
»Wir werden vom Hügel aus zusehen«, beschloß Kate, und ehe er protestieren konnte, zog sie ihn schon an der Hand mit sich. Als er die Augen schloß, wurde in seiner Phantasie ihre Hand kleiner und seine eigene weniger rauh, statt der Marschtritte hörte er das Geräusch ihres kindlichen Gelächters. Aber als er sie wieder aufschlug, stürmten Bilder und Laute des bevorstehenden Kampfes auf ihn ein und verzerrten sein Gesicht unwillkürlich zur Grimasse. Kate und Alejandro liefen neben den vorrückenden Truppen her und trennten sich erst von ihnen, als sie die Gabelung erreichten, die zum Kamm des Hügels führte. Sie eilten durch den kühlen, feuchten Wald und hielten erst inne, als sie oben waren, um dort zu warten und zu beobachten.
Als die Männer schließlich vollständig versammelt waren, stellte Guillaume Karles armée des Jacques einen atemberaubenden und ehrfurchterregenden Anblick dar. Auf den ersten Blick konnte man nicht erkennen, daß sie kaum mehr als verkleidete Hungerleider waren; sie trugen nämlich die Köpfe und die Waffen hoch, schwenkten ihre zerlumpten Fahnen und schrien leidenschaftliche Kriegsrufe. An der Spitze der langen Phalanx befanden sich die Reiter mit ihren Lanzen, dahinter die Speerwerfer. Nach den Speeren kamen die Bogenschützen mit ihren primitiven Bogen, hinter diesen die unberittenen Schwertkämpfer. Hinter diesen folgten die Männer, die nur Knüppel oder grob geschnitzte Keulen besaßen, und ganz am Schluß in größter Zahl marschierten diejenigen mit nichts als Messern und ihren bloßen Händen.
Sobald die Sonne die Baumwipfel erreichte, schien sie über meilenweit verteilte Menschen, die nahezu schweigend und in zitternder Bereitschaft auf die Rückkehr ihres Königs warteten.
Ehe der Feuerball ganz über die höchsten Stämme gestiegen war, ertönte von einem der Späher der Ruf:
»Anrückende Armee in Sicht!«
Ein Summen der Erregung durchlief die Spitze der Phalanx der Rebellen und breitete sich nach hinten aus, bis selbst der schlichteste Knüppelträger wußte, daß Charles von Navarra seine Truppen in ihre Richtung führte.
Von ihrem Ausguck auf dem Hügel aus sahen Kate und Alejandro die Armee Navarras die Straße heruntermarschieren. An der Spitze ritt eine getrennte Gruppe von sechs oder sieben Rittern. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie so nahe waren, daß man Einzelheiten erkennen konnte. Alejandro hielt sich die gekrümmten Hände wie Röhren vor die Augen, aber auch das reichte nicht, um seinen Blick genügend zu schärfen.
»Ich kann noch nichts erkennen, Père! « rief Kate.
»Sie sind auch zu weit entfernt. Aber warte … ich glaube, es tut sich etwas.« Er beschattete seine Augen sorgfältiger. »Die eigentliche Armee hält inne. Die kleinere Gruppe rückt allein vor.«
Seine Sehschärfe war immer besser gewesen als ihre – eine gewisse Schwierigkeit, ferne Dinge zu sehen, schien in ihrer Familie erblich, wenn sie auch nicht so grausam betroffen war wie einige andere. Und so blieb Alejandro still u nd äußerte sein wachsendes Gefühl bevorstehenden Unheils nicht. Die Flagge des Barons de Coucy wurde von einem gut gewappneten Standartenträger hochgehalten. Hinter diesem ritt ein junger Mann, den Alejandro für den Baron hielt. Es gab noch drei weitere Reiter, alle mit schönen Pferden und reich bewaffnet mit Schwertern, Keulen und Speeren. Und unter all diesen war Guillaume Karle. Sie hatten ihm einen Helm mit Federbusch aufgesetzt. Alejandro hielt den Atem an und starrte gebannt geradeaus.
Doch bald genug sahen die Truppen selbst, was Alejandro seiner Tochter gern verheimlicht hätte, und begannen zu rufen: » Vive le roi des Jacques! « Kate klammerte sich an Alejandros Arm und bettelte um Einzelheiten. »So berichtet mir doch, Père! Oh, Schande über meine mangelhafte Sehschärfe!«
»Sie sagen, Karle
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