BENUTZT: Psychothriller
er den Fernseher ein und musste mit anhören, wie sich eine Diskussionsrunde darüber stritt, ob man sich für Dörings Spielidee die Rechte sichern konnte. Einige Sender hätten wohl schon Interesse daran geäußert, aber keiner wusste so recht, wessen geistiges Eigentum es ist. Wütend schaltete er auf ein anderes Programm, da aber gerade Mitternacht war, liefen fast überall Nachrichten, und sein Fall stand ganz oben auf der Liste der Schlagzeilen. Mike schaltete den Ton ab und sah nur den Aufnahmen der drei Frauen zu. Konnte man so etwas ohne Schaden überstehen? Stundenlang fest gekettet an einen Stuhl und immer auf den nächsten Schmerz wartend, von dem man nie wusste, wodurch er diesmal ausgelöst wurde. Nicht wissend, ob man dieses Kellerloch überhaupt lebend verlassen würde. Auch wenn sich Sabrina und Kassandra gut schlugen: In ihren Augen stand dieselbe Angst geschrieben, wie in Ninas, die sichtbar am Ende war. Immer wieder durchzogen leichte Beben ihren Körper. Man hatte natürlich genau die Szene ausgewählt, in der sich die beiden Gewindestangen langsam, aber unerbittlich ein kleines Stück in ihre Schläfen bohrten … eben genau das, was das Volk sehen wollte!
Angewidert schaltete Mike den Fernseher aus, goss sich das Glas ganz voll und wartete in seinem Sessel, bis ihm der Schlaf die Gnade erwies.
–35–
Auch auf dem Monitor, der vor den drei Frauen stand, verschwand ihr eigenes Livebild, und der Trailer begann mit den Aufnahmen eines durch den Wald flüchtenden Menschen. Sabrina und Kassandra konnten nicht anders und sahen zu. Nur Nina war zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ihr Kopf war trotz des Stahlbandes um ihren Hals ein kleines Stück nach vorne gekippt, und immer wieder kamen Worte aus ihrem Mund, die klangen, als ob jemand im Schlaf reden würde. Schweiß, vermischt mit ein wenig Blut aus den kleinen Löchern in ihrer Schläfe, trocknete an ihrer Haut fest, und fast sah es so aus, als hätte sie sich geschminkt.
»Das ist doch krank!«, stellte Sabrina mit Blick auf den Monitor fest, auf dem der Film gerade die Stelle erreicht hatte, wo der Mann überfahren wurde. Als Kassandra, die neben ihr auf ihrem Stuhl saß, nichts dazu sagte, blickte Sabrina zu ihr hinüber. Kassandra saß regungslos und mit weit aufgerissenen Augen da und starrte einfach nur auf die gegenüberliegen Wand.
»Was ist los?«, fragte Sabrina unsicher, da sie nicht wusste, ob nicht wieder irgendein Foltermechanismus des Stuhles eingesetzt hatte. Als sie nichts dergleichen erkennen konnte, fragte sie noch einmal: »Hallo! Alles klar bei dir, oder drehst du jetzt auch noch durch?«
»Das war mein Bruder …« Es war nur ein Flüstern, und Sabrina dachte sich verhört zu haben. Dann schien in Kassandra ein Schalter umzuspringen. Ihre Stimme klang völlig verändert, als sie zu brüllen begann: »DAS WAR MEIN BRUDER! DIESES ARSCHLOCH HAT MEINEN BRUDER UMGEBRACHT!« Ohne auf den Schmerz zu achten, riss Kassandra an ihren Armfesseln, wand sich rasend vor Wut und Schmerz in ihrem Stuhl, der zwar ein Knirschen von sich gab, aber gut auf dem Boden verankert war. Tränen schossen aus ihren Augen, verschleierten ihr den Blick, und wieder brüllte sie, diesmal in Richtung der Tür: »KOMM REIN UND MACH MICH LOS DU FEIGE SAU!« Dann brach etwas in ihr zusammen, und wesentlich leiser keuchte sie: »Mich bekommst du nicht! Ich werde ihn rächen, das schwöre ich bei Gott!« Anschließend schloss sie die Augen, und immer wieder erschütterten Weinkrämpfe ihren Körper.
Sabrina wusste nicht, was sie sagen sollte. Fassungslos sah sie dabei zu, wie sich die Armlehnen unter Kassandras Handgelenken rot färbten. Sie hatte so stark daran gerissen, dass sich der Metallstreifen tief in ihre Haut gegraben hatte und diese nicht mehr standhalten konnte. Und auch an ihrem Hals hatte das Band deutliche Zeichen ihres Widerstandes in Form von hässlichen Striemen hinterlassen.
Sabrina versuchte, die anderen beiden auszublenden und sich um ihren eigenen Körper zu kümmern. Da auf der Internetseite immer eine Uhr mitgelaufen war, wusste sie, dass sie nun bereits seit zehn Stunden an diese verdammten Stühle gefesselt waren. Trotz der Schmerzen an Waden, Händen und Hals, spürte sie ihren restlichen Körper kaum noch. So blöd es klang, hatten die Stromstöße während der Befragungen für etwas Durchblutung gesorgt, doch jetzt fühlte sich alles nur noch taub und eingeschlafen an. Hinzu kam der süßlich, schwere Geruch von Urin, der nun das
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