Beobachter
davon. Carlas Kollegen an einem Arbeitsplatz, den sie vor Jahren schon verlassen hatte. Was war dort zu erwarten?
Aber das sagte er nicht.
Er musste den Fall nicht noch komplizierter gestalten, indem er seine fähigste Mitarbeiterin demotivierte.
MONTAG, 7. DEZEMBER
»Hast du denn wirklich einmal versucht, richtigmit Becky zu sprechen?«, fragte Tara. »Ich meine, in einer Art, die ihr zeigt, dass du sie ernst nimmst. Sie fühlt sich offensichtlich von dir eingeengt, wie ein Kind behandelt, und sie rebelliert dagegen. Das wird eher schlimmer werden in den nächsten Jahren. Ihr solltet also irgendeinen Weg für euch finden, bei dem ihr nicht Tag für Tag miteinander streitet.«
»Tara, es mag ja sein, dass ich sie wie ein Kind behandele, aber sie ist ein Kind. Sie ist zwölf! Ich weiß, dass sie glaubt, sie wäre bereits erwachsen, aber leider irrt sie sich da.«
»Heutzutage sind Mädchen mit zwölf weiter, als wir es waren. Ich meine aber auch gar nicht, dass du sie von nun an machen lassen sollst, was immer sie möchte. Du solltest ihre Probleme nur nicht herunterspielen.«
»Das tue ich nicht. Und indem ich dann versuche, ihr meinen Standpunkt zu erklären, setze ich mich ja durchaus mit ihr auseinander«, erklärte Gillian. »Nur leider stoße ich bei ihr nicht auf die geringste Bereitschaft, die Dinge auch einmal aus meiner Sicht zu betrachten. Deshalb hängen wir ständig fest.«
»Konntest du das früher?«, fragte Tara. »Mit zwölf? Dich in deine Mutter, ihre Gefühle und Sorgen und Bedürfnisse hineinversetzen?«
Sie saßen in Gillians Küche. Es war Montag, später Nachmittag. Becky war gleich nach der Schule mit zu Darcy nach Hause gegangen. Gillian hatte bis zum frühen Nachmittag gearbeitet, sich mit einem besonders unangenehmen und unzufriedenen neuen Kunden der Firma herumgeschlagen. Dann war sie zum Einkaufen gefahren und hatte gerade ihre unzähligen Einkaufstüten mit Lebensmitteln, Katzenfutter und Katzenstreu auf den Küchentisch gewuchtet, als Tara anrief. Sie hatte ein Gespräch mit einem Zeugen in Shoeburyness gehabt, der, wie sie erzählte, eine Schlüsselrolle in dem Fall spielte, den sie gerade auf dem Schreibtisch hatte, und da ihr Rückweg sie fast direkt bei Gillian vorbeiführte, wollte sie auf einen Sprung hereinkommen.
Kurz darauf stand sie in der Tür, wie immer zwar gestresst, zugleich aber auch kühl und sehr elegant in einem dunkelblauen Hosenanzug, mit beigefarbenen Wildlederstiefeln und einem dazu passenden Mantel. Gillian, die noch in rasender Eile die Einkäufe ausgepackt und den schon sehr ungehaltenen Chuck gefüttert hatte, kam sich, abgehetzt wie sie war, neben der Freundin wieder einmal unzulänglich vor.
»Wie kommt Becky denn mit Tom zurecht?«, fragte Tara.
»Mit Tom? Ganz großartig«, sagte Gillian. »Aber das ist auch kein Wunder. Er ist selten zu Hause, und in der wenigen Zeit, die er mit ihr verbringt, kann er natürlich der Traumdaddy sein, der ihr alles erlaubt und jeden Unsinn mitmacht. Für mich bleibt der Alltag, und der steckt voller Fallstricke.«
Tara sah sie aufmerksam an. »Wie läuft es zwischen euch? Zwischen dir und Tom, meine ich?«
Gillian atmete ganz tief ein. »Nicht so gut. Das heißt, eigentlich auch nicht schlecht. Es ist nicht so, dass wir streiten. Wir reden eigentlich wenig miteinander. Er ist, wie gesagt, ohnehin kaum da. Er lebt für unsere Firma und für den Tennisclub, und sehr viel mehr Zeit bleibt dann nicht mehr.«
»Ist er immer noch ein so fanatischer Sportler?«
»Es wird eher schlimmer. Er kommt nach Hause, zieht sich um und ist wieder weg. Andere trinken ein paar Gläser Bier, um nach dem Job irgendwie die Spannung abzubauen, er muss sich austoben. Das Bier wäre mir lieber, ehrlich gesagt, da wäre er zu Hause. Aber es bleibt dann nicht nur beim Sport, er muss natürlich auch Networking betreiben. Es gibt Vereinssitzungen und sonstige Treffen und Turniervorbereitungen. Jeden Dienstagabend haben sie ihren Stammtisch. Ich glaube, ich könnte im Sterben liegen, er würde das nicht ausfallen lassen. Ich weiß nicht einmal, ob er wirklich gern dahin geht, aber es gehört einfach dazu, und angeblich wird mit hochgezogenen Augenbrauen registriert, wenn jemand wegbleibt.«
»Du könntest ihn aber doch auch begleiten?«
»Ja, schon. Aber ich spiele nicht Tennis, und die sprechen über nichts anderes. Außerdem lasse ich Becky nicht gern allein. Jedenfalls nicht am Abend.«
Tara lächelte. »Du bist eine Glucke«, sagte
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