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Beraubt: Roman

Beraubt: Roman

Titel: Beraubt: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Womersley Chris , Thomas Gunkel
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Zeit, alles ist anders.«
    Sadie hatte den Kopf zur Seite geneigt, um seiner kleinen Geschichte zu lauschen, sagte aber nichts dazu. Eine Spinne krabbelte über den Fußboden und verschwand im Schatten. Sadie räusperte sich. »Aber der Krieg ist vorbei, oder? Er ist schon lange zu Ende.«
    Quinn fingerte an seinem Revolver herum. »Ja, stimmt.«
    »Wie lange schon?«
    Er rechnete nach. »Seit letztem November. Ein paar Monate.«
    Sie überlegte. »Aber wir haben gewonnen, oder?«
    »Ja.«
    Sie betrachtete ihn wieder, und er sah, dass ihr Lächeln schief war, als wäre ein Scharnier ihres Mundes kaputt. »Und du bist für mich wie ein Bruder, oder?«
    Quinns Herz glühte heiß und kräftig wie ein Stück Kohle. Er unterdrückte ein Schluchzen. Dann nickte er.
    »Vielleicht sollten wir nach Kensington Gardens gehen? In England. Weißt du noch, dass wir darüber schon mal geredet haben?«
    Er zuckte mit den Schultern. Die Idee war so gut wie jede andere. Zumindest würde es dort grün und frisch sein. Es würde Wasser und Nebel geben. In London konnte er bestimmt mühelos Arbeit finden; schließlich gab es nicht genug gesunde und kräftige Männer. Er und Sadie würden eine Bleibe finden. Vielleicht konnte er ihnen ein Haus bauen? Draußen ertönte das Hufgeklapper des Grauen auf den Steinplatten. Quinn hörte den sanft vibrierenden Klang eines Chores – ein Engelsgesang.
    »Das ist es«, sagte Sadie, die jetzt ganz aufgeregt war. »Die Gardens sind voller Bäume. Dort gibt es durchtriebene, in Blumen gekleidete Feen. Obwohl man sie nicht sehen kann, sind sie überall. Sie wohnen unter Baumwurzeln. Wir könnten auf dieser Insel im See wohnen. Dort gibt es Vögel, die sich in echte Jungen und Mädchen verwandeln. Schwäne, einen Raben namens Solomon, und nachts feiern sie Feste, zu denen alle Feen kommen, um zu tanzen, und es gibt eine Feenkönigin, die Wünsche erfüllt. Das wird wunderbar.«
    Es klang wie ein verstiegener Plan, doch nach allem, was passiert war, wollte Quinn die plötzliche Begeisterung des Mädchens nicht dämpfen. Und außerdem war er von der Idee auch selbst ziemlich angetan. »Ja. Warum nicht, hm?«
    »Wie würden wir dort hinkommen?«
    »Auf einem Schiff.«
    »Übers Meer?«
    »Natürlich.«
    »Wie lange würde das dauern?«
    »Also, wir müssten erst mal nach Sydney. Es könnte ein paar Wochen dauern.«
    »Du lieber Himmel, das ist lang, aber es könnte sich lohnen. Ich besitze knapp vier Pfund, die ich bei irgendwelchen Leuten gestohlen habe. Mr. Harman bewahrt Geld in einer Socke auf. Ich weiß, dass es unrecht ist, aber …«
    »Spielt keine Rolle«, sagte Quinn und fingerte am Lauf des Revolvers herum. »Gott schaut uns nicht zu. Vielleicht sind wir jetzt auf uns selbst gestellt. Nichts spielt eine Rolle.«
    Sadie brummte zustimmend, stand auf und strich ihr Kleid glatt. »Ja. Ich glaube, er hat schon seit Langem mit uns abgeschlossen. Er hat uns verlassen.«
    Quinn war erschöpft. Unter seinen Füßen spürte er, wie sich die Erde mühsam durch den Weltraum schleppte, eine einsame Maschine, die ihrer ewigen Kreisbahn folgte. Er kauerte noch einen Augenblick auf der schmutzigen Matratze. Dann stand er auf, beide stiegen über Dalton hinweg und schlurften aus dem Polizeirevier ins flimmernde Sonnenlicht. Er band den Grauen los und führte ihn und Sadie auf der Gully Road nach Süden, an Smiths Obstgarten vorbei. Seltsamerweise hatte er keine Eile, und das Mädchen begnügte sich damit, neben ihm herzuschlendern. Es war ein gewöhnlicher Sonntagmorgen in den letzten Sommertagen. Die meisten Leute waren in der Kirche oder gingen am oberen Ende des Ortes ihren Geschäften nach. Ein leichter Wind wiegte die Bäume. Es war niemand zu sehen; wäre nicht der Gesang gewesen, der, als die beiden im Buschland verschwanden, wieder über die Baumwipfel drang, hätte es eine Geisterstadt sein können.

Epilog
    Mary Walker lebte nicht so lange, dass sie noch hätte erfahren können, was ihrem geliebten Bruder Robert zugestoßen war. In ihren letzten Tagen war das Wetter ihrer Träume düster und stürmisch geworden. Eines Nachmittags im März 1919 beugte sich Nathaniel ein paar Stunden, nachdem man Roberts Leiche mit einer Schusswunde in der Brust aufgefunden hatte, wie immer, ohne etwas zu sagen, zum Fenster seiner Frau hinein. Er wusste sofort, dass sie gestorben war, und wollte es nicht schneller als nötig bestätigt sehen, indem er eine Frage stellte, die für immer unbeantwortet blieb.
    In den

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