Berge Meere und Giganten (German Edition)
die Schlangen.« Mit plötzlich erschlaffendem Gesicht, klagend Delvil: »Das weißt du nicht. Das wißt ihr doch nicht.« Er sank auf die Knie, hielt den gesenkten Kopf in den Händen; man hörte ihn schluchzen.
Grimmig kehrte Ten Keir zu dem Lichtfleck zurück, knurrend: »Da ist es. Er ist hin.« Lächelnd und gleichgültig durch die Stille Frau Atorai: »Laßt ihn sich ausweinen.«
Ein Mann bewegte sich neben Ten Keir seitlich von der Lichtquelle, stellte die Iris des Strahls enger. De Barros, ein erst aufgenommener Wärmeforscher, leicht eingedrückte Nase, aufgeworfene Lippen, dunkle Hautfarbe. Er redete hart, ohne einen anzublicken: »Ich sehe, was Delvil will. Die Dinge, die er bezweifelt, bezweifle ich nicht. Die Führung durch die Stadtschaft sollte ihm zeigen, was wir verteidigen. Das ist mißglückt. Wir geben uns aber nicht auf. Und dann: Es sind Hunnen vor zwei Jahrtausenden gekommen, die alles wegrafften. Dann war Jammer und alles begann von vorn. Wir lieben das nicht. Warum nicht? Wir wollen nicht.« »Eine einfache Rede, De Barros«, lächelte unverändert Frau Atorai. Pember bemühte sich um den hingesunkenen Delvil: »Es scheint, wir müssen unsere Unterhaltung abbrechen.«
Am frühen Morgen suchte Delvil Ten Keir auf, in dessen Haus schon De Barros saß. Beide Herren finster. Delvil gab Ten Keir die Hand: »Ich bin in deinem Wohnhaus und bin waffenlos.« »Setz dich.« Ten Keir wanderte, stellte sich vor Delvil, hob die gefalteten gepreßten Hände vor die Stirn: »Also – kapitulieren sollen wir? Kapitulieren. Weißt du, ich bin nicht weit entfernt davon, mit dir die Rolle zu tauschen.« Und knirschte stampfte am Fenster, lachte gallig: »Gut, daß du gekommen bist. Hast du dich nach den Amerikanern erkundigt? Sie schwiegen gestern so ausdrucksvoll. Sie sind abgereist.« Delvil zuckte: »Ach.« »Was gibt’s zu ächzen? Kannst jauchzen. Du wolltest den neuen Völkerkreis machen. Lauf ihnen nach. Ich habe sie gleich erkannt. Sie sind reif.« »Wozu.« »Zum Abdanken. Zum Kapitulieren. Eure White Baker sitzt ihnen in den Knochen. Das sind keine Herren. Nicht einmal Diener. Das sind Hunde. De Barros, ich schäme mich.« Der stand, schloß vor Erregung die Augen: »Und ich. Sie haben es nicht verdient an unserm Tisch zu sitzen. Es scheint, daß nur wenig es verdienen. Dann müssen die wenigen Mut haben, die Tafel zu säubern. Ja. Und den Platz zu behaupten.« Ten Keir höhnte: »Eine große Zeit, ein kleines Geschlecht. Nein, wir sind kein kleines Geschlecht. De Barros, wir sind nicht klein. Jevaroz ist nicht klein, Frau Atorai ist nicht klein. Für Gras werf ich kein Jahrtausend Gedanken hin. Wir können die Zähne zusammenbeißen und kämpfen. Ich kann auch sterben.« »Es wird eine Schlacht geben.« »De Barros, wir sind noch fest. Man wird versuchen uns zu unterhöhlen. Wir werden es nicht so weit kommen lassen.« Delvil saß mit aufgestütztem Kopf: »Was wollt ihr tun?« »Der Uralische Krieg im Land, Herr Delvil! Delvil« er schüttelte ihn »die Augen auf. Es bleibt nichts weiter übrig.«
Öfter trieb es Delvil und Pember durch die Versuchsanstalten der Belgier. Sie sahen die Schar starker Männer und Frauen, gingen neben De Barros. In manchen Augenblicken kam es Delvil vor, als wenn er träume von einer Gefahr. Wie weit war White Baker, wie unbegreiflich, widerlich diese Schlangen, Krieger, Barbaren, Marduks, Zimbos. Ob es nicht wirklich richtig war sie niederzurennen. Aber auch hier schon das Wimmeln auf den überdachten Straßen. Die vielen Tempel und Zauberer. Von draußen schlugen Flüchtige Verirrte hinein.
Die belgischen Senate gaben die Parole aus, heimlich zuverlässige Stadtschaften zu gewinnen, sie sich anzuschließen, wo man sie finde, schwächliche Senate durch Handstreiche zu stürzen, auf dem Festland, später in Amerika; auch die afrikanischen Küsten zu besetzen. Ihre aufs stärkste bewaffneten Vertrauensleute wiegelten französische spanische italienische süddeutsche westdeutsche Stadtschaften auf. Man hörte von Revolten in einigen dieser Städte, von Umsturz der Herrschaft, dem Aufkommen neuer Senatsgeschlechter, die von den Belgiern geschützt waren. In Brüssel Antwerpen Mons setzte die Erweiterung der Mekifabriken, die Vervollkommnung der Waffen, Aufstapelung großer Waffenmengen ein. Es gab Augenblicke, wo Delvil und Pember, die immer wieder nach Brüssel zurückkehrten, unter den frischen Impulsen aufatmeten. Die Belgier sprachen dann offen mit den Londonern.
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