Berge Meere und Giganten (German Edition)
in geheimen Zimmern und sagen: sie hätten genug von ihrer Feigheit, von den Beschwichtigungen,womit man sie füttere,von dem Beschimpftsein und Getretensein. Sie würden ihr Leben gegen die Schande einsetzen. Und sie wandern herum, verteilen Blätter, reden heimlich. Ein Rauschen geht durch das Volk, durch alle kleinen Familien, durch die Mädchen, die fremde Stuben sauber machen müssen und den fremden Männern zum Opfer fallen. Und eines Tages ist ein Krieg da. Und eines Tages sind die Straßen frei. Und eines Tages weht eine Fahne von den Dächern, eine neue Fahne. Und durch die Straßen jubeln Züge in einer Sprache, – in welcher Sprache, – in der verspotteten siegreichen Sprache. Und alles weint hinter den Fenstern und auf den Straßen. Dies ist eine Stunde, wo die Toten der vergangenen Jahrhunderte ein Zittern befällt. Und sie flattern zu den Lebenden aus ihren wüsten unbezeichneten Gräbern in ungeheuren Scharen und sie ziehen mit in dem singenden Zug. Tausende, Tausende singen mit, fliegen den Fahnen voran und halten die Fahnenbänder und küssen den jungen Marschierenden die schmutzigen Stiefel und die Mützen.
Wie diese, Männer und Frauen und Volk, wurden die Felsen Bergkämme Krater Höhenzüge die todesstummen eisbedeckten riesigen Häupter ergriffen. Wurden angefaßt wie das Schloß von dem Schlüssel und mußten gehorchen. Folgten summend und alles wurde im Bersten licht um sie.
Erweicht wurden der große Dyngja Herdubreid Tögl Skjaldbreidur.
Und wie murrend der Einsturz der Berge begann, die Angreiferzüge die Berge losließen, Brückenweite auf Brückenweite überflogen, war es auch schon zu spät. Die Luft, noch schwarz und eisig hauchend, wurde rot aufgespalten. Glut und Blockauswürfe. Finsternis von tiefster Schwärze legte sich über die Hochflächen. Rütteln Rollen Wallen der Erde. In der Schwärze unter sich sahen die fliehenden Züge noch die braun überschütteten Schneefelder vor dem Smjörfjall sich heben und senken, von Wasser schäumen wie einen schlammigen See. Dann zerriß die Insel vom Fuß des Herdubreid nach Osten bis zur Heraldsbucht. Das Sandtal zwischen Brücken- und Lagarfluß sank. Das Meer durchsetzte die meilenweite Fläche von der Heraldsbucht bis zum Kverkfjöll vor dem Angesicht des gewaltigen Vatnagletschers, begrub sie in einem einzigen Schwall. Verschlungen die Züge, die von den Kverkfjöll und Askja die Heraldsbucht erreichen wollten. Mit Brükken Pfeilern Trommelträgern Fahrbahntafeln ins Meer gefahren.
Das Beben lief über die Heraldsbucht hinaus. Lief, eine mauerhohe meilenweite Flutwelle hochbäumend, einen Orkan vor sich drängend, über die springende eiskäuende See. Zwanzig Längengrade lief es nach Osten, drang in die aufdonnernden skandinavischen Fjorde ein. Das Wasser stürmte schwarz in Bänken mit ungeheurer Geschwindigkeit. Lautlos versanken in dem Schäumen und Rasen Teile der Färöer. Die häuserhohe Flutwelle schlug an die schottische und irische Küste, brüllte gegen Dänemark, staute in den Kanal laufend die Elbe auf. Sie rollte um Jütland durch das Kattegatt. Die flache Ostsee schwankte bis in die Finnische Bucht. Der schrille aschenwerfende Wirbelwind strandete vor den skandinavischen Bergen.
Über Island aber war die Finsternis vergangen. Der Feuerstrahl, der aus den Herzen der Dyngja Herdubreid Askja fuhr, ließ es sich nicht genug sein, das weite nördlich hingedehnte dem Skjalfanda angelagerte Odadahraun zu verbrennen. Die westlichen Gletscher des Hofsjökull und des Langjökull hauchte er an. Und wie ihr Eis zu Tal fuhr, riß, durch Dämpfe gelokkert, der schwere Basalt über ihnen. Sie lohten wie der Krabla und Leirhukr. Ihre schwer wankenden Köpfe stürzten ab in die vom Meer aufberstende Spalte.
IN DER Stunde, wo die Insel vom Fuß des Vatnagletschers bis zur Heraldsbucht aufriß, wußten die Männer und Frauen auf dem europäischen Kontinent, daß etwas Ungeheures Vernichtendes geschehen war. In dieser Stunde liefen plötzlich die Maschinen, die Kraft in die untermeerischen Kabel warfen, leer. Die Kabel, die die Expedition versorgten, zerbröckelten auf Kilometer unter dem aufkommenden Tiefengestein der See, von untermeerischen Lavamassen zerrieben. Wie ein Stier mit aufgeschnittener Kehle, mit peitschendem Schwanz daliegt und noch fürchterlich röchelt, so hauchten die Kräfte aus den Kabeln über die kantigen Steine und das Wasser. Milchig quoll vom Boden das Wasser hoch. Pflanzen Quallen Fische lähmte der Strahl.
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