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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Hornhaut schwarz wie das Gesicht; die Bindehaut mit dem Steinstaub gespickt. Sie wagten nicht zu zwinkern, rissen sich mit dem Lidschlag das Innere der Lider wund; in den Augenwinkeln standen ihnen Blutstropfen.
    Das zweite Geschwader erfuhr, daß die Insel in ostwestlicher Richtung von der Heraldsbucht bis zum Kverkfjöll, dann in südwestlicher von der Vopnabucht bis an das Vulkanfeld des Dyngja aufgerissen war. Das dazwischenliegende keilförmige Stück war überflutet. Die Vulkane hatten im Zentrum der Insel um das Odadahraun herum das Grundgebirge durchbrochen, mit Spalten Sprengtrichtern Explosionsgräben ihre Schlote riesenhaft erweitert. Die alten Krater waren eingeebnet. Neue Lavenkegel entstanden und versanken unaufhörlich. Die Kundschafter des alten Geschwaders hatten festgestellt, daß schon dickere Lavakrusten sich über das bloßgelegte Feuer breiteten. Wie Blut aus spritzenden Gefäßen gerann das Feuer. Aber aus der Tiefe der Insel und dem benachbarten Meer wurden immer wieder brennende losbrechende Massen ausgeschleudert.
    Die Geschwader teilten sich. Gruppen der alten und neuen Islandfahrer wurden unter neu gegliederte Züge gemischt. Eine Möglichkeit das zentrale Inselfeuer nach Westen zu erweitern bestand nicht. Der im Thistillfjord zurückbleibende Schiffstrupp übernahm die Aufgabe, die stärkere Verkrustung des ausgeworfenen Magmas zu verhüten, durch Aufsprengung das Feuerfeld zugänglich zu machen, das flammende Land zu überwachen zwischen Myvatn Odadahraun und Vatnagletscher.
    Anfang Juni verließ das Südgeschwader, geführt von dem strengen Kylin, den ruhigen Thistillfjord, ostwärts, dann südlich umbiegend. Hart und stumm war der blonde Kylin wie die andern. Hätte man ihn nach seinen Worten und Klagen bei der Beseitigung der Eingeborenen gefragt, er hätte sich nicht darauf besonnen. Die Wimpel, bunten Kostüme, mit denen die neuen angefahren kamen, waren abgelegt. Still waren die Transporter. Auf den technischen Schiffen fauchten die Maschinen. Maskierte rußbedeckte Menschen gingen herum auf dem ruhenden und fahrenden Geschwader. In Schlamm verwandelte sich das Wasser, das sie im Freien trinken wollten. Wenn einer ein Stück Brot im Freien in den Mund steckte, war es mit den spitzen Nadeln der Vulkane besetzt. Sie spien beim Essen. Aus den Schiffsbäuchen wimmerte es; die Blinden Hautkranken, dann die, die von den Schwefeldämpfen und der Einatmung des Staubes erkrankt waren, sich schmerzvoll die Brust faßten, husteten, husteten, Blut unter Räuspern und Winden aus sich warfen. Niemand sprach vom Kontinent. Man hielt stumm, sich verhärtend zusammen.
    Die Schiffe des Südgeschwaders passierten in langsamer Fahrt weit außerhalb der Rauchlinie der Vulkane die Höhe der Heraldsbucht. Sie sahen – die Masken nahmen sie nicht ab – die glühende Sonne am Horizonte aufstehen, von einem Ring umgeben. Mit blendendem Gold stieg sie hoch. Wolken loderten unter ihr in wilden Farben. Die Menschen schwebten über dem unermeßlichen stahlgrauen Meer. Und erkannten es nicht wieder. Es war nicht das Wasser, das sie auf der Herfahrt genommen hatten, das sie unter die Kiele ihrer Schiffe geworfen hatten. Sie spannten ihre Blicke auf das Wasser, das riesengroße wellige Ungetüm, suchten seine Tiefe zu durchbohren. Und schwiegen. Wenn die Nässe sie anspritzte, lachten sie nicht. Wischten sich ab, zogen sich zurück. Im Innern der Schiffe hockten sie, Männer und Frauen, die mit den furchtbaren Kräften der Maschinen umzugehen verstanden, träumten spielten schliefen. Ein aufschnellender Fisch erschreckte sie, machte sie nachdenklich, böse.
    Von Osten her umringten sie die Insel. Das Tosen hatte sich abgeschwächt. Es war, als ob sie hinter einer großen Schutzmauer liefen. Eine weiße Masse schimmerte Island herüber, in die wagerecht hinziehenden Wolken verlief es, das Meer trug diese weiße hingedehnte Masse. Dies war das Eisgebirge des Vatna; es hielt alle Schwärze und den Schall der Vulkane ab, der Staub überschritt seinen Grat nicht. Die Fahrzeuge der stummen Menschen westwärts steuernd näherten sich im aufschäumenden Wasser der Küste. Die Luft fing wieder an zu vibrieren. Aus den Schiffsbäuchen stiegen die Menschen. Die Zähne beißend hörten sie das entfernte Grollen.
    Flaches tiefbuchtiges Land. Das gelbe Sonnenlicht trübe umflossen. Ein eigentümliches fremdes Rot, das die Herzen der Menschen mit Trotz und Wildheit erfüllte, mischte sich, ohne zu weichen, im Nordwesten in die

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