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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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wechselnde Farbe der Wolken. Und wie die Dunkelheit einsetzte, stand allein dieses düstere erregende Rot am Himmel, das alle Menschen auf das Deck lockte, immer größer weiter heller, je westlicher sie fuhren. Die Fäuste ballten sie, wie sie das Rot sahen. Mit Triumphgefühl betrachteten sie das Wasser; sie zitterten, spannten sich, hatten die Zähne aufeinander. Ein wirbelnder Landwind jagte Wolken nach Süden, die Rauch von den Feuerherden schleppten.
    Nacht. Da scholl das tiefe Murren und Rollen an ihr Ohr, das sie seit dem aschenverhüllten Thistillfjord nicht gehört hatten. Brustbeklemmend, daß sie aufhörten zu lächeln, klein herumgingen, den Atem langsam entließen und einnahmen, so fiel sie das Murren an. Sie hatten es fast vergessen. Sie wurden herumgetragen durch die Kraft der schraubendrehenden Schiffe und ihren eigenen Willen. Und wollten näher heran. Da war es schon kein Rollen mehr. Es sprang knallend an, fiel polternd hin. Rummste an unsichtbaren Orten am roten Horizont. Aber von Zeit zu Zeit verschwand es hinter einem erstikkenden, alles überschattenden, Schiff Meer Meer Feuerschein in Nichts verwerfenden Aufkrachen, hinter einem aufwühlenden grundgeborenen Getose, das nicht aufhörte, Meer und Land minutenlang rüttelte. Und wie es abbullerte, ließ es Meer und Land in Betäubung. Tobsüchtiges Klatschen der Brandung, grauer zuckender Himmel. An Deck geklammert, neben Masten Drähten Maschinengittern, sahen sie das Zusammenziehen der Küste, sahen, wie das Land aufhörte, Land zu sein. Die Ufer, langgestreckte Hügelreihen, der flache Strand tauchten in das anrasende Meer ein, das sich turmhoch aufhob, in einer schnurgeraden schwarzen Flutlinie über sie herschmetterte, unter Johlen der fortgerissenen Luft. Dann war das schwarze nackte Land wieder da; die Hügel rollten von seinem Rücken herunter; der Boden zuckte, glättete sich gegen das Wasser hin.
    Die Schiffe drehten stärker seewärts. Als die Nacht vorüber war, waren sie in die Zone der Hekla und Katla getreten, der Feuerberge des Südwestens. Sie wurden ihrer nur angesichtig, wenn ein Seewind die Schwärze des Rauchs zerteilte. Heimaey hieß eine von den vierzehn klippigen Westmannsinseln; vor dem seenartigen Erguß des Markarflusses ins Meer lag sie. Heimaey war die größte der Inseln, eine halbe Quadratmeile im Umfang. Sie war früher von Menschen bewohnt; unter Schutt, zwischen den Lavabomben lagen zerschmetterte Hütten, eine Kirche stand weit offen da, der Turm unversehrt, der Dachstuhl eingebrochen, das Innere von Geröll wie ein Kasten erfüllt. In den Buchten Heimaeys, einige Meilen vor der isländischen Südküste, schoben sich die hohen schweren Transporter obdachsuchend, in stickiger Luft.
    Dann stießen leichte Angriffsschiffe gegen die Küste vor. Der Myrdalsjökull stand ihnen gegenüber, das Sumpftalgebirge, achtzehn Quadratmeilen bedeckend, einstmals unter einer Eisschicht verborgen. Mächtig stand der Myrdal da, eine erwachte Vulkanmasse. Seine Rippen klafften, nach allen Seiten war der Bergblock aufgerissen. Dampf und Aschesäulen spie er und verhüllte sich. Die Katla hinter ihm im Land flammte düster; oft versank sie in ihrem Qualm. Sie brauchten nicht viele Brücken zu schlagen. Die Küste entlang schwärmend, von den heißaschigen schwelenden Ufern drangen sie vor. Nahmen sich zum Ziel die feuerbrünstige Reihe der Vulkane am Skaptafluß, vom Rand des Vatnaeises bis zur Thjorsa, wo die achtkuppige Hekla ihre Mauern und Terrassen, Schlund bei Schlund aufbaute. Der Herkules, der nahte, kam nicht um den Drachen zu ersticken, ihm anspringend nicht ermüdend Kopf um Kopf abzuschlagen, ihn unter die Füße zu nehmen, zu zerschlitzen, die geblähten Eingeweide in die Luft zu streuen. Er wollte das Untier reizen, Mäuler um Mäuler aufzusperren, Hals um Hals hochzustrecken. Seine Wut sollte es zeigen für ihn, seine Kraft wollte er ihm entlocken. Er hielt es an einem Band fest, zog es hinter sich her. Und eines Morgens machten sich die Transporter von der kleinen Heimaeyinsel los, setzten sich meerwärts in Fahrt. Zugleich richteten sich die stillen Augen von Kylins Apparaten auf die Gebirge.
    Die Hekla, den Kopf in den Wolken, machte einen Sprung, als wollte sie sich ins Meer stürzen. Ihre Wände, die sich getrieben aufgestellt hatten, die Mauern des Marklidar, die höheren Bjolfell Grafjöll Melfell wurden zur Seite geschleudert. Über das brennende Land flog der Marklidar, der Bjolfell Grafjöll Melfell. Da

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