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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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zurück. Das war etwas. Ingrimmig bestimmte De Barros: die südliche Flotte wird nicht nach Europa entweichen. Man war weit in See, hatte die Rauch- und Aschenzone verlassen. Es war möglich über den östlichen Verbinderschiffen, dem Standort für Kontinentalmeldungen, sich mit dem Geschwader im Thistillfjord zu verständigen, beruhigende Aufklärung zu geben, zugleich um Hilfe beim Einfangen und Abriegeln des flüchtigen Geschwaders zu bitten. Wie man weiter vorwärtsstieß, lag vor ihnen eines der großen Transportschiffe der Flüchtigen, leck, im Begriff zu sinken. Der Kapitän dieses Fahrzeuges gab Zeichen: man solle sie nicht verfolgen; die Bemannung hätte selbst das Leck gebohrt. De Barros betrat das Schiff. Die Gebrochenen hatten die Oberhand. Die Menschen bewegten sich wie Betrunkene. Niemand weinte hier. Sie blickten von den neu Ankommenden weg oder stierten sie ausdruckslos an. Einige waren geneigt jeden, der sie fragte und berührte, anzufallen. Viele standen grinsend, manche gähnten. Es stank auf Deck und auf den Treppen: Überall lagen Haufen braunen und gelben frischen Menschenkots; die Menschen rochen nach Kot. Einige standen in Urintümpeln und hockten darin; aus ihren Hosen, über die Schuhe lief es. De Barros fragte, wer das Leck gemacht hätte. Der Kapitän schloß die Augen: »Ich. Mit anderen.« »Warum?« »Es ging nicht anders.« De Barros trat näher an ihn: »Es ging nicht? Es geht. Sieh mich an.« Der junge Mensch machte die Augen nicht auf. »Ich will, ich will nicht.« De Barros wurde gedrängt ihn zu nehmen und zu umfassen: »Du willst doch.« »Nein, ich will nicht. Ich ertrag nichts mehr. Nicht nochmal.« »Wir ertragen es alle. Sag, ob du willst.« Mit den Stumpfen fast Vertierten konnte De Barros nichts anfangen. Er mußte sich vorsehen, daß man ihn nicht niederschlug wie vorher seine Flieger. Er hielt den Kapitän am Arm: »Sie haben eins auf den Kopf gekriegt. Sie haben nichts ausgehalten. Sieh nicht hin.« Der ging entsetzt mit ihm.
    Das Gros der fliehenden Schiffe hatte inzwischen weiten Vorsprung und war im Begriff sich mit den Sprechstationen Skandinaviens und des Festlands in Verbindung zu setzen. Angriffsschiffe De Barros’ flogen hinter ihnen her. Die Angreifer warnten durch Zeichen: »Ergebt euch!« De Barros trieb die Angreifer in Wut vor. Neue Warnungszeichen. Und dann sahen die Todmüden Verwirrten auf den fliehenden Schiffen das ruhige Meer, das sie eben nach Frieden lechzend befuhren, sich gegen sie erheben. Es knatterte auf der Wasseroberfläche; der trübe Himmel erleuchtete sich hinter ihnen. Nach einer zuckenden Erhellung sahen sie, das Grauen der Vulkane noch im Blut, eine schwarze breite Wolkenmasse über dem Wasser begehrlich auf sich zu ringeln. Das Meer, eben ihre Zuflucht, war klirrend von De Barros aufgerührt; die Wolken auf das Meer heruntergebogen rasten schwarz und steinern, Schaum vor sich rollend an. Dieses Meer, das sie trug, schüttelte an ihnen. In der schweren Finsternis warfen sich die Flüchtlingsschiffe. Erduldeten das dröhnende kerzengrad in Strudeln um sie aufstehende Wasser. Durch die brausende Finsternis schlichen, Helligkeit um sich streuend, die Erkunderboote De Barros’. In einer knappen Stunde war das Geschwader besetzt. Scharen der Besatzung sprangen kopfüber in die See. Mehrere Schiffe sanken, bevor man sie erreichte.
    Man wandte zurück nach Nordwesten. Das Winseln auf den gefesselten Schiffen. So brüllten die gebundenen widerspenstigen Menschen unter Deck, daß De Barros auf offener See halten ließ und mit einer Handvoll Männer und Frauen die tobsüchtigen Fahrzeuge betrat. Er mußte eine Anzahl erbitterter Menschen ins Meer stürzen lassen. Den Unterführern gab er Befehl, weiter Ordnung zu schaffen. In Haufen wurden die Weinenden und Verängstigten, zusammengebunden, auf zwei besondere Transporter geschleppt. Inmitten des Geschwaders fuhren die beiden Transporter unter weißen Fahnen.
    In die Zone der glühenden tosenden Insel traten sie wieder ein. In steigender Erregung umfuhren sie die Ostküste Islands. Sie wußten, was sie beim letzten Angriff bezahlt hatten; sie wollten den Gewinn kennen. Schweigend begegneten sich an der Nordostküste die Hauptmassen beider Flotten. Keine Kenntnis nahmen die Zurückgebliebenen von den beiden weißbeflaggten beiseite in einen Fjord gesteuerten Schiffen. Und wie sie noch von Schiff zu Schiff Mitteilungen austauschten, wurde von der norwegischen Küste gemeldet, es seien einige

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