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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Djedaidas Schleier über dem Scheitel. Sie faßte hinein. Er war wie Gummi, widerstrebend, ließ sich hochdrängen, stellte sich nachgiebig wieder her. Der schwarzbärtige weiße Holyhead trat im Arbeitsmantel vor die Tür, sah, die Lippen verziehend, der Frau zu. Er faßte, die Frau anblickend, mit zwei Bewegungen hinauf, zog den Rauch, als wäre es ein sanfter tierischer Körper, zu sich herunter an die Brust, wo er ihn wie eine Katze drückte und verwahrte. Kleine Fetzen hatten sich bei dem raschen Zugriff gelöst, die zog seine linke hohle Hand sanft nach, schob sie gegen seine Brust. »Komm, Djedaida. Jeloud ist hier. Wir freuen uns, dich zu sehen. Wir verbergen dir nichts.« Sie blieb unsicher vor der Tür, die er offen hielt, blickte in die Luft, an Holyheads Brust: »Was war das? Der Rauch. Was war das?« »Komm, Djedaida, wir bitten dich zu uns. Bleibe nicht vor der Tür.« »Was ist der Rauch? Was machst du damit? Du hast ihn an der Brust.« Der Weiße lächelte: »Ja, siehst du. Das ist der Rauch, und das ist kein Rauch. Wir haben es gemacht. Jeloud und ich. Es ist schön, nicht wahr? Aber komm herein zu uns.« Die gelbbraune, schmalschultrige Frau stand da, bekam den Blick nicht frei von seiner Brust, die Stirne hochgezogen. Tonlos stieß sie hervor: »Ich danke. Ich will gehen. Ich kam ja nur für einen Augenblick.« Und als Jelouds Stimme aus dem brodelnden Raum sang, drehte sie sich rasch um, rannte die Treppe hinauf, neben einem Rauchballen, vor dem sie schreiend abwich. Zwei Seeleute machten Jagd auf diesen Ballen. Sie haschten ihn. Er schwebte plötzlich unbeweglich über einer Stufe. Die lachenden Männer suchten ihn zu zertreten, höher zu pressen. Mit den Schultern drängten, schoben sie an ihm. Djedaida, stehengeblieben in einem unbezwinglichen Drang, angstbeklommen, einer Verwirrung nahe, sah ihnen von oben zu, beide Hände an dem verschleierten Hals, sah, wie sie spaßend mit einem Brecheisen auf den Rauchballen schlugen, das Eisen von unten in die weiche Masse stießen, die Stange gegen die Treppenstufe stemmten. Wie ein Pendel bewegte sich das Eisen ohne Stütze mit den Schwankungen des Schiffes. Vor Lachen schütteten sich die Männer aus, auf die Knie gebückt, winkten der Frau herunter. Sie hastete über das Deck.
    Jeloud, der junge stolze Beduine, ihr Mann, fragte nicht nach ihr, sah sie wenig. Glühend prahlend stand er unter den anderen Beduinen. Wild freudig, mit schweifenden Augen wie ein Betrunkener lief er manchmal der Frau nach, suchte sie zu fangen, die sich ganz verschleiert hatte. Sie rang von ihm ab, bat hinterhältig leise: er möchte sich doch nicht seinem Werk entziehen, er möchte sich doch nicht unwürdigen Zerstreuungen hingeben. Jeloud klatschte in die Hände: »Habt ihr gehört? Mein Werk hat Djedaida gesagt. Ja, es ist mein Werk und Holyheads auch. Du bist süß, meine Frau Djedaida. Bald werden alle alle sehen, was wir geleistet haben.« »Wer sind ›wir‹?« »Holyhead, mein Freund Holyhead und ich. O, er kann viel. Wir werden etwas Wunderwunderbares schaffen.« Sie hauchte: »Ja, ich bin stolz auf dich.« Ihre Zähne knirschten. »Wir werden über das Meer reiten, Djedaida. Das wird geschehen. Was meinst du. Ich füttere schon mein Pferd unten im Schiff mit doppelter, dreifacher Ration. Es soll sich mit mir freuen auf die große Stunde. Da, sieh das Wasser an.« »Ich sah es schon, Jeloud.« »Nimm den Schleier herunter. Du kannst durch den Schleier nicht sehen.« »Ich kann durch den Schleier sehen.« »Nein, nicht genug. Gib doch, gib doch. Siehst du, da ist er. Nun wirst du sehen. Sieh da, Djedaida, meine süße Frau, mein Honig, mein Labsal, dies sind die Wellen. Das sind sie. Die grauen und grünen und weißen. Sie sind noch schöner als unser Sand in Il Harra. Da werde ich eines Tages heruntersteigen, mein Pferd mit mir. Denk dir, das wird geschehen. Wie El Irak werde ich heruntersteigen, aber nicht stürzen. Ich nicht. Bei Allah, ich nicht. Auf meinen Braunen werde ich springen, auf meinem Sattel werde ich sitzen, wie damals, Djedaida, als ich dich holte. – Aber warum weinst du?« »Ich weine? Gib mir meinen Schleier wieder.«
    »Du meinst, ich stürze, Djedaida? Ich stürze, es geht mir wie El Irak! Oha! Keine Furcht, du Süße. Ich werde nicht stürzen. Wie schön du bist. Weine doch nicht. Wir erproben alles gut, Holyhead und ich.« »Gib mir meinen Schleier!« sie schrie, »gib mir meinen Schleier. Du bist mein Mann. Du kannst mir meinen Schleier

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