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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Gletscher stürzte über den Schleier; das Eis verdampfte. Dann aber wogten zwei Berghäupter gegen den Schleier an, der von den angeglühten niedergehenden Gletscherblöcken eingerissen war. Und wie sie über den lohenden surrenden Kristallen, in das Wolkengebrodel klafterten und sich breit schleudernd über das Gewebe senkten, wie ein Ringkämpfer über die Brust des niedergeworfenen Gegners, zersprangen verbrausten die Kristalle. Die Bergmassen rutschend begannen sich zu bewegen, als wäre etwas Lebendiges unter ihnen. Sie drückten die knisternden Schleiertrümmer herunter, rollten überschoben sich fielen zusammen. Krachend öffneten sie sich über dem begrabenen erloschenen Gewebe; wie aus einem Schlot gischten Dämpfe aus ihnen. Stundenlang gischten die weißen und schwarzen Schmelzdünste über der Insel in hohen auf- und abschwellenden Strahlen. Die besinnungslose nahe Mannschaft des Geschwaders war mit ihren Schiffen über die Bai geworfen, auf die Klippen, zwischen die Schollen gestaucht.
    Um die Zeit des Vorgehens dieser Schiffe schien eine Panik sich bei allen Flotten auszubreiten. Man drängte trotz des schweren Ausgangs der Affäre in Gaal Hanikas Bai auf zahlreichen Schiffen zu ähnlichen gewaltsamen Akten. Rückwärtsbewegung einzelner Flottenteile, zersprengtes Vordringen auf das Festland wurde gemeldet. Steinern blieben De Barros Kylin Wollaston; sie erschienen unter den Besatzungen, die nach einem Halt suchten. Beschwörend bezaubernd gingen Frauen mit ihnen über die Flotte; griffen die Verwirrten an: »Denkt an den Myvatn, an den Herdubreid. Denkt, was ihr schon verrichtet und bewältigt habt, was hinter euch liegt. Wir geben nicht nach. Niemand von uns wird nachgeben. Wir erliegen nicht. Ihr vergeßt nicht, wer ihr seid.« Die keuchenden Menschen schluckten bissen die Zähne zusammen. Eine entsetzliche Zeit verlief bis zur Ankunft der Ölwolkenschiffe.

    AN DEM europäischen Sammelplatz der Geschwader, den Shetlandinseln und Färöer, wurde der Gedanke gefaßt, der die Fortführung der Expedition und die Ausbreitung der Turmalinschleier erst ermöglichte. Hier arbeiteten auf den technischen Schiffen, in ihren Laboratorien, Männer, die den Gedanken der märkischen Angela Castel nachgingen, der Erfinderin der kriegerischen Rauchbläser. Sie hatte zuerst im großen die trägen Wolken hergestellt, die sie zur Einhüllung und Fesselung von Heeresmassen brauchte. Diese schwarzen schweren und violetten Rauchmassen der Castel waren ohne Zähigkeit; sie zerflossen nach einiger Zeit; Tragkraft besaßen sie nicht; die Castel hatte sich sehr bemüht, aber vergeblich, die Massen so kompakt zu machen, daß sie die eingehüllten und gefangenen Heeresteile zugleich erstickten. In diesen Wochen nun, während die westlichen Physiker Biologen Chemiker schon schlaff herumgingen unter den schweren Ereignissen auf Island, unter den gefährlichen Nachrichten von der Flotte, wurde die Sache des trägen Rauches durch den Londoner Holyhead, der bald verscholl, weit vorwärts getrieben. Er kam durch besondere Antriebe dazu, das eigentümliche Gemisch zu finden, das luftähnlich gasartig sich in der Luft bewegte, sehr zäh zusammenhing wie eine Gallerte, und mit eigener spezifischer Spannung den Raum erfüllte, in einer bestimmten Lufthöhe verblieb, ein Zwischending von Gas und Flüssigkeit.
    Ein Syrier Bou Jeloud war auf die erregende Nachricht von dem Plan dieser Expedition mit Leuten seiner Sippe in den Bereich der nördlichen Stadtschaften geflogen. Er kam aus der Steppe südlich von Damaskus. Die Wüsten Il Harra, Il Ledscha und Diret it Tulul hatten ihn getragen. Über die flachen Kegel, schwarzen Blöcke der trockenen heißen Landschaft war er mit den Anaze, seinem Stamme, dessen Reste sich erhoben hatten, im Sommer wie ein Vogel geschossen. Im Winter ritten sie durch die Steppe nach Arabien, die Ortschaften zu brandschatzen. Er war nur einmal an ein Wasser gekommen, an das Tote Meer. Nur Pferde und Kamele hatte er bestiegen. Die braungelben Männer, sehnig, mit spärlichen schwarzen Bärten, fuhren mit Entzücken über das sturmbestrichene Meer nach dem Sammelort, den nördlichen Shetlands. Sie zeigten sich die Wellen am Bug ihres Schiffes, die Streifen an den Seiten, die Gischt am Ruder. Es war die Wüste, eine andere Wüste. Nicht satt zu sehen an diesem Rieseln Überschaukeln Sichdurchkreuzen Schwingen. Dünen, die der Wind schob und ebnete. Sie verstanden sie gut, die Wellen. Dann tauchten Quallen im Wasser

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