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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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verächtlich: »Was hattest du gegen mich vor?« Die Waffe fiel vor seine Füße. Da sank Holyhead noch tiefer zusammen, öffnete seine ganz fernen nicht sehenden Augen, die in die äußeren Außenwinkel auseinanderwichen, bückte sich nach der Waffe: »Ich werde mich auslöschen.« Ihre Hände krampften sich: »Tu’s. Du verdienst es.« Er stand, hauchte, das Metall in der Hand: »Ich verdiene es. Wer weiß etwas davon? Im Leben vom Tode umschlungen. Ich weiß nicht, ob ich den Tod verdiene. Nun habe ich auch mit dir eine Berührung gehabt.« Sie irrte durch seinen Raum: »Was hat er hier? Was hat er hier? Maschinen zum Verführen, zum Verzaubern. Zeig sie mir. Mach mir die Schränke auf, ich will alles sehen. So. Das hat Jeloud gesehen. Muß ich jetzt ins Wasser springen? Das hast du alles gemacht. Laß dich ansehen.« Sie stierte ihn an, suchte in das fremde Gesicht einzudringen: »Allah. Ein Weißer mit einem langen Bart. Ich muß zu Jeloud.« Sie ächzte, lehnte matt an einem Schrank, wimmerte: »Ich bin verloren. Was soll ich tun?« Und winselte eine Zeitlang, bis sie plötzlich innehielt, ihr Gesicht leer wurde; gedankenlos lächelte sie: »Was tu ich. Es ist ja schon gut.« Und wiederholte: »Es ist schon gut. Gut. Ja, es ist schon gut.« Unter einem öden Gefühl, einer aufsteigenden Finsterheit, einer Furcht, – was für einer Furcht –, bewegte sie den heißen Kopf. Holyhead stand an der Tür. »Ich will dir sagen, Holyhead, was jetzt geschehen wird. Du hast ihn verführt. Warum hast du das getan? Warum hast du ihn von unserem Schiff geholt?« »Er sollte mich anlächeln.« »Und ich?« »Was?« »Ich war seine Frau.« »Ich habe dir nichts genommen. Bin ich ein Weib?«
    »Gut!« schrie sie, »das hast du gut gesagt. Hast du ihn gesehen? Hast du Jeloud nicht gesehen? Ein stolzer Beduine, ein Anaze, ha! Glühend, tanzend; auf Wolken reitend! Hast du gesehen, bist du selbst verzaubert? Das war mein Mann. Ich bin auch kein Weib. Gut hast du gesprochen. Ich hasse, hasse ihn. Morgen wird er mit seinem Pferd unten reiten. Er füttert es selbst. Wenn es ihm vorher krepiert. Wenn das Brett bricht, auf dem sie herunterlaufen. Wenn deine Nebel nichts taugen und er verschlungen wird mit dem Pferd und weg ist.«
    Sie hielt sich den Schleier vor das Gesicht. Holyhead atmete heftig, stützte sich am Tisch: »Ich will gehen. Oh ich mag nicht mehr. Ich will gehen, Djedaida.«
    Sie schluchzte krümmte sich über dem Boden, zerriß sich die Haare: »Ich kann nicht leben.« »Oh. Ich gehe schon.« Sie hielt ihn an den Händen, zog sich an ihm hoch, winselte stöhnte: »Warte einen Augenblick, sanfter Tiger. Ich sehe dich noch an, sanfter Tiger. Lauf mir nicht weg. Du hast mich arm gemacht. Du bist mir von ihm zurückgeblieben. Bereu, was du getan hast.« »Ich kann nicht bereuen. Ich kann jetzt nicht lügen. Er war mir ein Glück. Eine süße Freude.« »Siehst du. Das sagst du mir noch. Wirst du tun, was ich will?« »Ja, Djedaida.« »Alles?«
    »Alles.« »Willst du den Jeloud umbringen?« »Du bist irrsinnig.« »Den Jeloud umbringen.« »Nein.« »Tu es«, sie keuchte, »ja tu es.« »Ich tu es nicht.«
    »Für mich, Holyhead, bring ihn um. Ich bitte dich drum. Du kannst alles. Du hast die Wolken gemacht. Bring ihn um, mach ihn weg. Für mich.« »Ich tue es nicht.« Erst brach ihr Schluchzen hemmungslos auf. »Für mich. Für mich.« Dann griff sie ihm an den Bart. Haßstarre Züge, leere nicht sehende Augen. Sie preßte seine Hände: »Du mußt, – du mußt mit, mit mir. Es bleibt nichts übrig. Dann mußt du mit mir. Dann laß ich dich nicht los. Dann kommst du mit. Was – sagst du?« »Du verlangst, ich soll mit dir.« »Ja du kommst mit. Wir fahren heute. Oder morgen. In meine Heimat. Du wirst Jeloud nicht mehr sehen.«
    Und am Abend verabschiedete sich Holyhead von seinen Ingenieuren Technikern Physikern. Die Shetlandinseln bekämen ihm nicht gut. Er ginge sich erholen. Nicht mehr brachte er hervor. Verfallen, wie vergiftet sah er aus; vielleicht hatte er zuviel mit den neuen Stoffen gearbeitet. Als am Vormittag Bou Jeloud, der Syrier, von Booten und Schiffen begleitet, den ersten Ritt über dem Meere antrat, – nach allen Stadtschaften der Kontinente wurden die stolzen erschütternden Bilder geleitet, – flogen Djedaida und Holyhead schon über die deutsche Tiefebene. Nach Süden und Osten flogen sie. Die Menschenansammlungen und Riesenstädte wurden seltener. Das blaue warme Meer kam, kleine Inseln. Die

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