Berge Meere und Giganten (German Edition)
nicht verweigern.« »Was ist, Djedaida?« »Meinen Schleier. Ich bitte dich.« »Da. Da ist er. Da hast du ihn. Ich wollte dir das Meer zeigen. Nun habe ich dich gekränkt? Was habe ich getan? Jetzt seh ich dein Gesicht nicht. Jetzt muß ich träumen, wie lieblich du bist.« Sie ließ ihm ihre Hand. Ihre Schultern zitterten heftig. Er aber warf, als sie ging, selig die Arme hoch: »Sie trauert! Sie hat Furcht um mich! Und ich werde es doch können!«
Ein neuer Menschentransport nach Grönland war abgegangen. Holyheads Versuchsschiffe blieben zurück. An dem Sammelplatz wurde bekannt, daß Holyhead, dem Engländer, etwas Besonderes Unerhörtes geglückt sei, ein Syrier sei sein Gehilfe gewesen. Eines Nachmittags ordneten sich Boote vor Holyheads Arbeitsschiff von allen Fahrzeugen. Die Luken von Holyheads Sitz wurden mittschiffs geöffnet, dicht über der Wasserlinie weite schornsteinartige Röhren aus den Luken geschoben. Aus ihren trichterartigen Mündern quollen in breiten vollen Lagen weiße Dampfmassen, die sich, wie sie die Trichter verließen, senkten, auseinandergingen, über dem Wasser sich ausbreiteten, die Wasseroberfläche überzogen. Flach und dicht legte sich der Dampf auf das Wasser, an das Wasser. Mit den Schlägen des Meeres hob er sich. Nach den Seiten quoll und flatterte die schwebende Watte, der Nebel in Fetzen auseinander; die Boote in der Nähe schob der Dunst unwiderstehlich beiseite. Sie schlugen mit Rudern gegen ihn; als wenn sie auf starken Kautschuk oder Kork schlügen, prallten die Hölzer von dem weißen andrängenden Hauch ab.
Eine schräge Holzbahn wurde auf das Wasser geworfen. Ein Pferd heruntergejagt, stand angstvoll wiehernd, im Kreis um sich springend, auf der nicht weichenden, sich dellenden Nebellage. Ein gelbbrauner Mann im Burnus mit bunten Bändern am Gürtel stolzierte winkend die Holzbahn herunter. Streichelte das scheue Tier, das sich hinwarf, zog es auf, bestieg es, ritt einen Kreis auf der Nebellage. Jubelndes Pfeifen, Sirenenschreie von den Schiffen.
Glücklich hielt am Abend der ernste Holyhead die Hand des Syriers. Jeloud umarmte ihn. Es war fast mehr, als der Weiße ertrug. Sie feierten die Nacht durch. Jeloud wollte am Morgen von Schiffen begleitet seinen Plan ausführen: über das Meer reiten; wenn es ging bis an das arktische Wasser.
Am Morgen dieses Tages verließ Djedaida, die sich eingeschlossen hatte, ihre Kammer. Suchte Holyhead, der noch von der Nacht schlief. Sie wartete geduldig auf dem Deck seines Schiffes. Um Mittag sah sie ihn, zog ihn im Gang beiseite: »Wie lange denkst du noch zu leben, Holyhead? Schwarzbärtiger Teufel, was hast du noch vor? Du hast keine Furcht vor mir.«
»Djedaida, ich kann nicht hinter deinen Schleier sehen, ob du ernst bist.« »Ich mache solchen Spaß mit dir, wie du mit mir gemacht hast.« »Djedaida.« »Der Name ist nicht für dich bestimmt. Der ist nicht für dich.« Wortlos betrachtete Holyhead die Zitternde. Heiser, sich an die Brust fassend: »Komm auf meine Kammer. Steh nicht hier.« Sie schlich hinter ihm, schloß die Tür, warf tief atmend den Schleier über die Schulter ab, an der Wand stehend. Er kauerte auf einem Schemel: »Was habe ich getan? Habe ich dich gekränkt? Indem ich Jeloud diese Freude bereitete?«
»Du bist ein Teufel, dem ich keine Antwort schuldig bin. Man sollte dich zurückjagen in deine Stadtschaft. Aber jetzt hast du dich verfangen. Jetzt ist es vorbei.« Holyhead betrachtete sie, betrachtete seine Hände, seufzte: »Oh bin ich traurig.« »Sprich nichts. Deine verfluchte sanfte Stimme. Du Heuchler. Hinterlistiger Bösewicht. Verführer, Menschenverderber, wie die Weißen alle.« »Frau des Jeloud, wenn ich dich bitten könnte, mir zu verzeihen.« »Höhne, höhne nur, Holyhead. Ich ertrag es. Bereuen wirst du, bereuen, bei Allah.«
Er hob den bärtigen Kopf, seine Hände fielen neben die Knie: »Was soll geschehen?« Sie glühte aus dem Winkel: »Ich betrachte dich noch. Hab Geduld.« Durch die Kammer lief sie, der Schleier fiel hinter ihr. Sie suchte mit den Händen auf dem Tisch; in dem Wandschrank: »Was hast du hier? Du hast doch eine Waffe. Womit du mich vergiften oder verwirren oder verführen oder erschlagen willst. Zeig. Wo hast du sie?« Sie lief auf ihn zu, zerrte ihn hoch: »Du hast sie auf der Brust. Mach auf. Nimm das Leder weg. Da.« Sie griff die revolverartige Waffe, drehte sie. Er hielt die Augen geschlossen. Sie wartete. Er öffnete sie nicht. Sie schüttelte sich
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