Berge Meere und Giganten (German Edition)
fuhr Betise hoch. Kicherte reckte sich süß, hielt inne erstarrend. Daß die Frau, ein brauner fast nackter Leib, von Blutströmen Blutkrusten bedeckt war. Die Arme voll Blut, die Finger von schwarzer Borke überzogen, Brüste und Schenkel überrieselt, die Augen ausgegossen leer; trübe das Gesicht. Persephone sah das Kind an, verzog das Gesicht. Greinte, während sie dastand, die Hände schlaff an ihr herunterhingen, die Finger zuckten zitterten. Mit Blut von den Menschen, die sie umfaßte, berieselt. Unauslöschlich in ihr der Drang mehr zu tun; sie war in tiefe Verzweiflung gesunken, hatte schon Priesterinnen neben sich zu Göttinnen erhoben. »Man muß die Erde entvölkern« sagte sie; griff die Priesterinnen, die Göttinnen, die schrien, sich wehrten, nahm sie selbst zu sich. Da stand sie stöhnend vor Betise, die sie nie gesehen hatte, ließ sich, während das Kind aufsprang, auf die warmen duftatmenden Kissen. »Ich werde dich abwaschen«, streichelte Betise, hinter ihr knieend, ihre Haare. »Warum willst du mich abwaschen. Siehst du mich. Ich bin Persephone«, sie zerbiß die Kissen, »ich bin nicht Melise. Nicht Melise.« »Du bist Melise. Melise, du bist es. Ich werde dich abwaschen.« »Nicht. Du wirst es nicht tun. Laß es.« »Weg soll es. Ich will dir doch zeigen, Melise, ma douce Melise, Melise, ma pauvre fille, – wie süß, daß du zu mir kommst –, ich will dir zeigen, was du unter dem Blut hast. Was sich da versteckt hat. Sieh den Schwamm. Es ist nur ein Schwamm. Es ist Wasser daran. Paß auf, du Schöne, was die alles machen können, der gelbe Schwamm, das weiße Wasser. Das nehmen wir alles herunter, das Rote das Schwarze das Schmierige das Borkige. Das gehört nicht zu meiner dunklen schönen Königin. Sieh, was eine Königin für eine blanke glatte Haut hat, da kommt sie schon hervor, braun, wie meine, nein, noch dunkler. Sie hat nur gewartet. Wie das spiegelt in der Nässe, ei. Lieg nur ruhig. Alles nehme ich dir weg. Du brauchst kein Glied bewegen.« »Betise, du dumme, weißt du, was hier liegt? Hast du von dem gehört.« »Ja. Aber lieg still. Ich habe von dem gehört. Daß du die schönste braune Haut hast, die besser als meine ist. Daß du meine Königin bist und – Späße machst wie du darfst. Komm, tu die Füße voneinander. Bis über die Knie ist es dir gelaufen. Sie haben dich eingewickelt, damit man dich nicht sehen kann. War das so schön, Melise?« »Solange, oh solange ich es fühle, Betise. Solange ich das Lebendige der Menschen umfasse, ist es schön. Solange mich das Blut berieselt, ist es schön.« »Und mein Wasser? Schön?« »Dein Wasser, dein Wasser«, Melise richtete sich müde auf, »bin ich jetzt fertig?« »Dein Gürtel ist noch ganz schmierig. Und jetzt nehm’ ich dir auch deinen Gürtel ab.« »Das tust du nicht.« »Warum nicht. Schämst du dich vor mir. Bin ich nicht eine Frau. Jetzt bist du ganz sauber. Ich trockne dich ab. Eins nach dem andern, Betise.« Betise lachte: »Zu dir hab ich Betise jetzt gesagt. Ja jetzt sag ich zu dir Betise.« »Und du wirst Melise.« »Ja, ich bin selber ma pauvre fille Melise. Ich diene, weißt du wem? Der armen Betise, die in einem Zimmer sitzen mußte, immer auf Kissen schlafen mußte, trauern und warten, bis einer kam, der ihr etwas erzählte. Von der großen Königin. Hätte sie nur gewußt, was die Königin tut. Hätte die Königin sie einmal mitgenommen.« »Ach, Betise.« Langsam hob sich Melise, die braune schwere Frau auf, stellte sich an die blaßblauen Vorhänge neben dem Fenster. Der warme Sonnenschein fiel auf ihre Haut. Sie hielt den haarbehangenen Kopf, das leere tote Gesicht abwärts, befühlte mit den Handflächen ihre eigenen Schultern ihre Arme die Hüften den Leib, ließ sich bescheinen. Zitternd nahte ihr die Zarte: »Jetzt führe ich dich in meinen Garten. Da sollst du unter meinen lieben Ulmen gehen. Sie warten schon lange auf dich.«
Und wie sie sie um die Hüften faßte und durch die Fenstertür ins Freie auf den Sandweg führte, erzitterte das junge Geschöpf noch heftiger: »Ich schäme mich, daß ich ein Kleid neben dir trage.« Und hatte, nachdem sie einen Augenblick das Gesicht in den Händen verborgen hatte, ganz hoch winselnd, ihr Kleid fallen lassen, die Strümpfe abgestreift und Melises Hüfte umfaßt: »Hier gehen wir; ich zeige es dir. Es ist niemand in meinem Garten. Die Frauen passen gut auf.« »Wohin führst du mich, Betise?« »Es ist mein Garten. Fürchte dich nicht. Die Sonne ist
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