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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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entfernt. Am Morgen klopfte er an Lorenz’ Haus, setzte sich, eingelassen ungeschickt auf einen Stuhl, den man ihm bot. Legte den linken Arm auf den Tisch, fragte, womit man hier schösse. Sein Arm blutete. Lorenz bückte sich über den Tisch; der Schwarze war an einen Posten geraten, der mit Schrot schoß. Der plattnasige Mann murmelte: »Es sticht« ließ sich verbinden. Er fragte mit seiner baßtiefen gurgelnden und rieselnden Stimme, was sie hier täten. Das Weiße seiner Augen ließ er aufschimmern. Er lachte und nickte, als Lorenz erzählte, sie hielten sich zum Schein für einen Angriff bereit, spionierten inzwischen, sorgten dafür, daß nicht zu viel in den neuen Gebieten demoliert wurde. Sie gossen sich Branntwein hinter. Was der Konsul Marduk täte, wo er sei; gibt es einen Senat. Der elastische Weiße schloß die Tür; Marduk hielte sich im Hintertreffen: zu trauen sei ihm nicht, er schiene gleichgültig zu sein, aber der Mann sei gefährlich. Wieder knurrte Zimbo, zeigte das blutig durchlaufene Weiß seiner Augen. Lorenz drang auf rasche englische Hilfe. Zimbo blickte ihn nur zwischen den verquollenen Augenlidern an, schlich die gelben starken Zähne zeigend, hinaus. Eine ganze Woche hörten die Gruppen der Täuscher, die glaubten, ihre Stunde schlüge bald, nichts von dem englischen Funktionär. Dann erfuhren sie, er triebe sich in der alten Innenstadt herum, habe sich einmal an Marduk herangemacht, sei bei den Bergwerken in der Lausitz. Wie die Zeit vorrückte und Lorenz schon verzagte, erschien Zimbo im Arbeiterkittel, von der Verden-Celler Straße her, in die sich die äußersten märkischen Posten schoben. Wieder lungerte er nur herum.
    Der hamburgische Vorstoß setzte ein. Ein trüber Septembermonat. Der hamburgische Senat hatte sich nach der Infiltration der Lüneburger Heide neu konstruiert und folgte dem Druck seiner Bevölkerung, die durch Schreckensnachrichten über die Natur der östlichen Angreifer gepeinigt wurde. Man glaubte in der Seestadt rasch mit den Östlichen fertig zu werden. Heimlich vor den beobachtenden englisch-kontinentalen Freunden schickte der Senat eine Handvoll technischer Truppen mit Angriffseinrichtungen vor, die den früheren Brandmasten ähnelten, transportabel waren und kleinere Flächen bestrichen. Diese Truppen, von Bremen vorgehend, erreichten in wenigen Tagen eine radikale Säuberung der durchschrittenen Landstreifen. Nicht sehr tief und nicht in großer Breite gingen sie vor, denn man dachte durch Abschreckung das Weitere zu erreichen. Die Truppen aber, nachdem sie die schreckliche restierende Ergiebigkeit ihrer Einäscherer sahen, waren nicht zu halten. In Hamburg schlug sich der Senat noch den zweiten Tag über die Frage der Kriegsverlängerung, die Art seiner Weiterführung herum. Da legten die angreifenden Techniker schon wieder die Drähte an die großen Fernkabel, stellten die Transformatoren Blenden Konzentratoren auf die kreisrunden Wagengestelle, stießen auf ihnen nach Nordosten in die Heide hinein. Die herumvagierenden nördlichen Horden der Märker wurden vernichtet, dahinterstehende wichen gegen die Aller nach Hannover zu aus. Der Außenteil der Heide war von der östlichen Invasion befreit. Die Seelandschaft Hamburg erzitterte. Die Herrschenden stellten sich kriegerisch um; die Märker sollten ganz ausgerottet werden. Auf Hannover Hildesheim Braunschweig zogen sich die märkischen Banden zurück. Es wurde, da eine größere Zahl Männer und Frauen sich unter Waffen stellte, damals nötig, daß die Mekifabriken der künstlichen Nahrung stärker arbeiteten. Mit Widerwillen mußten sie die schon halb entwöhnte zarte mästende Nahrung nehmen. Mit Schmerz konstatierte der Senat, daß die Äcker und Kohlenbergwerke durch den Krieg ihrer Menschen beraubt wurden; er stellte auch mit Stolz und Zuversicht fest, daß man diese Periode überwinden werde.
    Wie sie sich auf Hannover und östlicher zurückzogen, hielten die Täuscher den Augenblick für gekommen zu einem Schlag. An ihnen lag es, eine furchtbare rasche Aushungerung des Landes vorzunehmen. Und damit begannen sie. Fünfzehnhundert Menschen waren es, die in den Fabriken der synthetischen Nährstoffe drei Wochen nach dem Hamburger Rückschlag die Fabriken verließen, bei einer Kampftruppe auftauchten und zu erkennen gaben, daß ihre Kriegsbegeisterung sie nicht in den Fabriken dulde. Sie suchten damit Zeit zu gewinnen und ihr Leben zu retten; die Katastrophe konnte bei den geringen Vorräten nicht

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