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Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)

Titel: Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Altermatt
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am Rucksack.
          
    Maria kehrte Dreckklumpen zusammen, die aussahen wie kleine graue Mürbteigbrösel. Heute war es besonders schmutzig. Wieso man mit Arbeitsschuhen in die Kantine ging, hatte sie bis heute nicht begriffen. Vor allem, wenn der halbe Berg an den Stiefeln klebte. Dabei hing an der Eingangstür der Cantina Tschiervi unübersehbar ein Schild: Zutritt nur in sauberer Kleidung .  – Ingresso solo con abiti puliti. Gehörten die Schuhe etwa nicht zur Kleidung?
    »Maria, kommst du mal?«, rief Andrea aus der Küche.
    Ihre Chefin war schon den ganzen Tag nervös. Maria hier, Maria da. Sicher war etwas mit dem Tiramisu schiefgelaufen. War auch eine blöde Idee, Tiramisu für hundert Personen oder vielmehr für hundert Männer zu machen. Frauen gab es hier fast keine. Zum Glück. Männer waren viel einfacher gestrickt.
    »Die Mannen müssen doch mal was Gutes haben«, hatte Andrea gesagt. »Schließlich gibt es was zu feiern.«
    Sie waren kurz vor Tunnelkilometer zehn. Eine Zahl wie jede andere auch. Maria verstand nicht, wieso man gerade jetzt feiern musste. Da war die Sache mit Simon, das war noch nicht mal eine Woche her. Und Marta hatte auch schlappgemacht. War das ein Grund, um zu feiern?
    »Maria!!!«
    »Ja, ich komme.« Sie ließ Eimer und Besen stehen und ging in die Küche.
    »Wieso stehen diese beiden Tiramisu-Platten noch draußen?«, fragte Andrea. Ihre Wangen waren ganz rot. Kein gutes Zeichen.
    »Für die war kein Platz mehr im Kühlraum«, stammelte Maria. Es war die Wahrheit. Alle Regale waren belegt.
    »In einem Kühlraum ist immer Platz.« Energisch schwang Andrea die Tür auf. »Oder willst du etwa, dass unsere Männer eine Salmonellenvergiftung bekommen?«
    Kalte Luft kam ihnen entgegen. Maria fröstelte.
    »Hätte ich die Platten etwa auf den Boden stellen sollen?« Die Kantinenchefin ging Maria langsam auf die Nerven. Wieso musste sie ihr die ganze Zeit sagen, wie man etwas zu tun hatte?
    Andrea ging schweigend nach draußen, kam mit zwei Getränkekisten zurück und stellte die zwei überzähligen Platten darauf.
    Das war schlimmer, als wenn sie geflucht hätte.
    Maria schüttelte den Kopf, verließ den Kühlraum und ging nach draußen. Sie zog eine Schachtel Zigaretten aus der Schürzentasche, zündete eine an und lehnte sich an den Findling, der neben dem Eingang stand und den wahrscheinlich einmal ein Gletscher zurückgelassen hatte. Der von den ersten Sonnenstrahlen aufgeheizte Stein wärmte ihr angenehm den Hintern. Sie hatte ihre Pause zwar schon um neun Uhr gehabt, dafür hatte sie gestern durchgearbeitet.
    Maria schaute zu den Wohnbaracken hinüber. Lange zweistöckige Gebäude. Im oberen Stock gab es einen Laubengang mit Satellitenschüsseln. Zwei Reihen mit einem Sträßchen dazwischen. Der weiße Container, in dem das Baubüro war, stand quer dazu.
    Die meisten Bewohner hatten die Rollläden heruntergelassen, damit sich die Räume tagsüber nicht zu stark aufheizten. In einem Zimmer im Trakt A stand das Fenster leicht offen. Hier wohnte die erste Schicht, die jetzt im Berg war. Der Bewohner würde sich freuen, wenn er am Nachmittag in seine hausgemachte Sauna zurückkehren würde. Als ob es im Berginneren nicht schon heiß genug wäre. Über vierzig Grad habe es vorne beim Bohrkopf, hatte ihr Antonio erzählt. Eigentlich hätte sie schnell hinübergehen und das Fenster schließen können. Als Putzfrau hatte sie Zugang zu allen Zimmern, und die meisten Bewohner schlossen gar nicht ab. Doch sie hatte keine Lust, den Männern immer hinterherzurennen. Schließlich waren sie alt genug. In einem anderen Zimmer brannte Licht, das konnte sie durch die Jalousien hindurch erkennen.
    Da hatte es mal wieder jemand eilig gehabt.
    Sie betrachtete ihre Hände, steckte die Zigarette zwischen die Lippen und pulte den Dreck unter den Nägeln hervor. Dann blickte sie wieder auf und schaute zu den Baracken. Das Zimmer war jetzt dunkel.
    —
    In Zürich musste Julia umsteigen. Der Zug aus Freiburg hatte Verspätung, und sie erreichte den Anschluss in letzter Sekunde. Im unteren Stock des Wagens war alles belegt: Familien mit Kinderwagen, eine Wandergruppe. Sie nahm die Treppe ins Obergeschoss und steuerte einen freien Platz an, zwei jungen Frauen gegenüber. Die eine wischte mit dem Zeigefinger auf ihrem iPhone herum, die andere hatte Stöpsel in den Ohren. Als Julia fragte, ob der Platz noch frei sei, antwortete die eine mit einem Nicken.
    Sie versuchte, ihren Rucksack oberhalb des

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