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Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt

Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt

Titel: Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Kempe
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würden die amerikanischen Vergeltungskräfte wegen ihrer Tarnung, Mobilität und ihrer besonders geschützten Basen einen Angriff besser überleben als die der Sowjets.
    »Das Gepolter und die Drohungen der Sowjets vor Raketenangriffen gegen die freie Welt, die vor allem an die europäischen Mitglieder des NATO-Bündnisses gerichtet sind, müssen also gegen die harten Tatsachen der nuklearen Überlegenheit der Vereinigten Staaten abgewogen werden«, sagte Gilpatric gegen Schluss seiner Rede. »Die Vereinigten Staaten wollen keine Meinungsunterschiede durch Gewalt entscheiden. Wenn jedoch ein gewaltsamer Eingriff in unsere Rechte und Verpflichtungen zu einem bewaffneten Konflikt führen sollte – was durchaus der Fall sein könnte – , sind die Vereinigten Staaten entschlossen, keine Niederlage zu erleiden« [Hervorhebung des Autors].
    Endlich hatte Kennedy Chruschtschows Bluff aufgedeckt.
    KONGRESSPALAST, MOSKAU
SONNTAG, 22. OKTOBER 1961
    Als Chruschtschow in Moskau den Paukenschlag aus dem fernen Hot Springs hörte, begann er sich ebenfalls Sorgen zu machen, dass bald ein Krieg um Berlin ausbrechen könnte.
    In einer Pause des immer noch andauernden Parteitags legte General Konew Beweise vor, dass sich die Amerikaner auf einen Krieg vorbereiteten. Obwohl Konew dem Titel nach Befehlshaber der sowjetischen Truppen in Deutschland war, betrachtete Chruschtschow dessen Ernennung als »rein administrativ«. Er wollte »den Westmächten dadurch zeigen, dass wir die Lage als ebenso ernsthaft ansahen, wie sie es taten«. Zurzeit weilte Konew als Parteitagsdelegierter in Moskau.

    Chruschtschow würde sich später daran erinnern, dass ihm damals Konew gemeldet habe, »er habe durch geheime Ermittlungen erfahren, an welchem Tag und zu welcher Stunde die Westmächte mit ihren Aktionen gegen uns beginnen wollten. Sie hielten Bulldozer bereit, die unsere Grenzeinrichtungen niederreißen sollten. Den Bulldozern würden Panzer und Welle um Welle Infanteristen in Jeeps folgen.« 41 Chruschtschow glaubte tatsächlich eine Zeitlang, dass sich die Amerikaner entschlossen hätten, »diese Aktion zeitlich mit dem XXII. Parteitag zusammenfallen zu lassen«.
    Obwohl Chruschtschow zweifellos von Clays unautorisierten Panzermanövern gehört hatte, musste er den Zeitpunkt der folgenden Ereignisse eher seinem lästigen Ostberliner Verbündeten Walter Ulbricht anlasten. Dieser war über Chruschtschows Entscheidung, auf einen Friedensvertrag mit der DDR vorerst zu verzichten, dermaßen empört, dass er sich entschloss, die Dinge in Ostberlin wieder einmal selbst in die Hand zu nehmen. Dieses Mal hatte er es jedoch mit einem Amerika zu tun, das nicht alles zu akzeptieren bereit war.
    Die Bühne war bereitet für die erste und letzte militärische Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion.

KAPITEL 18
Showdown am Checkpoint Charlie
    Ich glaube nicht, dass Sie mich hergeschickt haben, damit ich hier in einem
Vakuum lebe, und ich weiß, dass ich hier nicht wirklich von Nutzen bin,
wenn man es für richtig hält, in Berlin äußerst vorsichtig aufzutreten.
Ich sollte noch hinzufügen, dass ich nicht hierhergekommen bin, um Ihre Probleme
zu vergrößern, und dass ich gern, wenn nötig, auf meinen Posten hier verzichte.
    GENERAL LUCIUS CLAY AN PRÄSIDENT KENNEDY, 18. OKTOBER 1961 1
     
    Es liegt in der Natur der Sache, dass wir uns vor langer Zeit dafür entschieden haben, dass der Zugang nach Berlin kein vitales Interesse darstellt, das einen entschlossenen Rückgriff auf gewaltsame Maßnahmen zu dessen Schutz und Aufrechterhaltung erforderlich machen würde. Da wir uns aus diesem Grund mit dem Bau der Mauer abgefunden haben, müssen wir jetzt freimütig unter uns anerkennen, dass wir dadurch die Tatsache weitgehend akzeptiert haben, dass die Sowjets in Ostberlin ihre unfreiwilligen Untertanen isolieren können, wie sie es zuvor auch in anderen Gebieten getan haben, die unter ihrer effektiven physischen Kontrolle stehen.
    AUSSENMINISTER DEAN RUSK AN GENERAL CLAY, 26. OKTOBER 1961 2
    BEZIRK DAHLEM, WESTBERLIN
SONNTAG, 22. OKTOBER 1961
    Der Abend, der die entscheidende Krise des Jahres auslösen sollte, begann ganz harmlos.
    E. Allan Lightner jun., als Chef der US-Mission der höchste amerikanische Diplomat in Berlin, trieb seine Frau Dorothy zur Eile an, damit sie nicht zu spät zur Aufführung einer experimentellen tschechischen Theatergruppe kommen würden, die an diesem Tag im anderen Teil der Stadt, in Ostberlin,

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