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Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt

Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt

Titel: Berlin 1961 - Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Kempe
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Kennedy die Präsidentschaftswahl mit mindestens zweihunderttausend Stimmen Abstand verloren.
    »Erzählen Sie das bloß niemandem«, erwiderte Kennedy lachend. »Wenn Sie allen sagen, dass ich Ihnen besser gefalle als Nixon, bin ich zu Hause ruiniert. « 44
    Chruschtschow hob sein Glas auf die Gesundheit des Präsidenten und sagte, wie sehr er ihn um seine Jugend beneide. Dabei ertrug Kennedy unter dem Korsett Rückenschmerzen, die gewöhnlich Männer in einem wesentlich höheren Alter haben. Die Wirkung der morgendlichen Spritze von Dr. Feelgood ließ allmählich nach. Das Procain, die Vitamine, Amphetamine und Enzyme konnten gegen die Wucht von Chruschtschows Ansturm nichts ausrichten. 45
     
    Nach dem Essen lud Kennedy Chruschtschow zu einem Spaziergang im Garten nur in Begleitung der Dolmetscher ein. Thompson und andere hatten Kennedy darauf aufmerksam gemacht, dass Chruschtschow zugänglicher war, wenn er nicht von anderen sowjetischen Funktionären umgeben war, vor denen er sich beweisen musste. 46
    Kennedys Freunde O’Donnell und Powers beobachteten den Spaziergang der Chefs der beiden Supermächte von einem Fenster im ersten Stock der Residenz aus. Chruschtschow lief ständig um Kennedy herum, schnappte wie ein Terrier nach ihm und fuchtelte mit dem Finger herum, während der Präsident neben ihm locker über den Rasen schlenderte und gelegentlich stehen blieb, um ein paar Worte zu sagen. Er ließ sich weder Ärger noch Zorn anmerken.
    O’Donnell leerte ein österreichisches Bier in einem Zug und ärgerte sich einmal mehr, weil er keine Kamera dabeihatte. Er stand nahe genug, um zu sehen, wie sehr der Spaziergang Kennedys Rücken plagte. Der Präsident verzog jedes Mal das Gesicht, wenn er sich vorlehnte, um den viel kleineren Chruschtschow besser zu hören. 47

    Als die beiden Männer wieder ins Haus gingen, schlug Kennedy vor, er und Chruschtschow sollten sich eine Zeitlang unter vier Augen mit den Dolmetschern unterhalten, bevor die Berater wieder zu ihnen stießen. Zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Treffens stimmte Chruschtschow zu. 48
    Kennedy wollte näher erklären, weshalb er so große Angst vor einem »Rechenfehler« oder Missverständnis hatte. In einem weiteren peinlichen Versuch, sich bei dem Sowjetführer einzuschmeicheln, gestand Kennedy, dass er »hinsichtlich Kubas« ein falsches Urteil gefällt hatte.
    Er sagte, dass er Entscheidungen hinsichtlich der amerikanischen Politik treffen müsse, die auf dem basierten, was die UdSSR als Nächstes weltweit unternehmen werde, genauso wie Chruschtschow Entscheidungen »in Bezug auf die Politik und die möglichen Aktionen seitens der USA« treffen müsse. Also wollte er ihre Begegnung dazu nutzen, »ein größeres Verständnis unserer Absichten und unserer Interessen« zu erreichen, sodass ihre beiden Länder diese Phase des Wettbewerbs überleben könnten, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden.
    Chruschtschow erwiderte, eine Gefahr bestehe nur dann, wenn die Vereinigten Staaten die Ursprünge der Revolution falsch interpretierten, die in erster Linie hausgemacht und nicht von den Sowjets erfunden worden seien, wie er betonte. Als Beispiel wählte er den Iran, damals ein amerikanischer Verbündeter, wo die Sowjetunion angeblich keine Revolution wünschte und auch »gar nichts in dem Land unternahm«, um eine solche Entwicklung zu fördern.
    Allerdings lebten die Menschen im Iran, so Chruschtschow, »in einem solchen Elend, dass das Land buchstäblich wie ein Vulkan brodelte. Es besteht kein Zweifel, dass die Unzufriedenheit des Volkes letzten Endes zum Sturz des Schahs führen wird. Sie aber rufen durch Ihre Politik der Unterstützung des maroden Regimes im Iran lediglich die Unzufriedenheit des Volkes mit der USA-Politik hervor. Diese Ihre Politik wird dazu führen, dass das Volk unserem Land mit noch größerer Sympathie gegenübersteht, da es weiß, dass wir für Diktatoren und Tyrannen kein Mitgefühl haben.«
    Dann kam er auf Kuba zu sprechen. »Dort hat eine Handvoll patriotisch gesinnter Menschen mit Fidel Castro an der Spitze das diktatorische Regime gestürzt, da das Volk das Elend und die Rechtlosigkeit nicht mehr aushalten konnte«, sagte er. »Aber als Batista gestürzt wurde, geschah es, dass monopolistische Kreise der USA ihn unterstützten, und deshalb übertrug sich der Hass des Volkes gegen den Diktator Batista auf die amerikanischen Monopole. Die vor kurzem erfolgte Landung von Truppen auf Kuba führte im

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