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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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aber so bald findet sich keiner dazu, und schließlich kann man ja auch das arme Luder so rumlaufen lassen mit dem einen Arm. Man weiß nicht, wenn man mit dem anfängt, wies weitergeht, der Kerl hat ja ausgesuchtes Schwein. Na, sie legen Geld zusammen, ein paar Hunderter, bloß Reinhold gibt keinen Pfennig, und einer muß rauf zu Biberkopf, aber wenn der Herbert Wischow nicht da ist.
    Franz liest friedlich die Mottenpost und dann die Grüne Post, die ihm am besten gefällt, weil da nichts Politisches drinsteht. Er studiert die Nummer vom 27.November 27, ist schon lange her, noch vor Weihnachten, da war die polnische Lina, was mag die machen? Da wird in der Zeitung der neue Schwager des Exkaisers getraut, 61 Jahr ist die Prinzessin, der Junge 27, das wird sie eine Stange Gold kosten, denn Prinz wird er doch nicht. Kugelsichere Panzerwesten für Kriminalbeamte, daran glauben wir schon lange nicht.
    Mit einmal zankt sich Eva draußen mit einem, mit einem rum, nanu, die Stimme kenn ich doch. Sie will den nicht reinlassen, muß doch mal selber nachsehen. Und Franz öffnet, die Grüne Post in der Hand. Da ist es Schreiber, der mit war bei Pums.
    Nanu, was ist los? Eva schreit in die Stube: »Franz, der kommt bloß rauf, weil er weiß, Herbert ist nicht hier.« »Was willst du, Schreiber, was von mir, was willst du?« »Hab ich Evan gesagt, und sie läßt mir nicht rein. Warum, bist du hier Gefangener?« »Nee, bin ich nicht.« Eva: »Ihr habt ja bloß Angst, daß er euch verpfeift. Laß den nicht rin, Franz.« Franz: »Was willst du also, Schreiber? Komm mit rin, Eva, laß ihn man.«
    Sie sitzen in der Stube von Franz. Die Grüne Post liegt auf dem Tisch, der neue Schwager des Exkaisers wird getraut, zwei Männer halten ihm von hinten die Krone über den Kopf. Löwenjagd, Hasenjagd, der Wahrheit die Ehre. »Warum wollt ihr mir Geld geben? Ich hab doch gar nicht mitgeholfen?« »Mensch, du hast doch Schmiere gestanden.« »Nee, Schreiber, ich hab nicht Schmiere gestanden, ich hab von nichts gewußt, ihr habt mich da hingestellt, ich weeß nicht, was ich da machen sollte.« Bin ich froh, daß ich da raus bin, ich steh nicht mehr auf dem finstern Hof, ich zahle ihm noch was dafür, daß ich nicht dasteh. »Nee, ist ja Quatsch, und Angst braucht ihr nicht vor mir zu haben, ick hab noch mein Lebtag keinen verpfiffen.« Eva zeigt Schreiber die Faust: Es gibt aber noch andere, die aufpassen. Mensch, daß du es riskiert hast, hier raufzukommen. Da kannst du was besehn von Herbert.
    Plötzlich geht etwas Schreckliches vor. Eva hat gesehn, wie Schreiber in die Hosentasche faßt. Der will nämlich das Geld rausholen und Franzen mit den Scheinen locken. Aber Eva hat die Bewegung mißverstanden. Die denkt, der will einen Revolver rausholen und der soll den Franz abknallen, damit er nichts sagt, der soll den Franz ganz hinmachen. Und schon steht sie vom Stuhl auf, weiß wie die Wand, das Gesicht fürchterlich aufgerissen, kreischt gellend, in einer Tour, fällt über ihre eigenen Beine, steht wieder auf. Franz fährt hoch, Schreiber fährt hoch, wat is denn los, wat hat die, Menschenskind. Sie läuft um den Tisch rum zu Franz, rasch, wat mach ick bloß, der wird schießen, Tod, es ist zu Ende, alles vorbei, Mörder, die Welt geht unter, ick will nicht sterben, nicht den Kopp ab, alles vorbei.
    Sie steht, läuft, fällt, steht vor Franz, weiß, brüllend, schlakkert am ganzen Körper: »Jeh hinters Vertiko, Mörder, zu Hilfe, zu Hilfe.« Sie brüllt mit faustgroßen Augen: »Hilfe.« Den beiden Männern gießt es eisig durch die Knochen. Franz weiß nicht, was los ist, er sieht nur die Bewegung, wat wird denn kommen – da versteht er: Schreiber hat die rechte Hand in der Hosentasche. Und Franz kommt ins Wackeln. Es ist wie auf dem Hof beim Schmierestehen, es soll wieder losgehen. Aber er will nicht, ich sage Ihnen, der will nicht, er will sich nicht unters Auto schmeißen lassen. Er stöhnt. Er macht sich von Eva los. An der Erde liegt die Grüne Post, der Bulgare wird getraut mit einer Prinzessin. Ick muß mal sehn, wir müssen zuerst mal den Stuhl in die Hand kriegen. Er stöhnt laut. Da er nur nach Schreiber sieht und nicht nach dem Stuhl, schmeißt er den Stuhl um. Wir müssen mal den Stuhl nehmen und gegen den gehen. Wir müssen mal – im Auto nach Magdeburg, sie läuten Sturm an der Klinik, Eva schreit immer, nanu, wir retten uns schon, wir kommen vorwärts, dicke Luft, wir dringen durch. Er bückt sich nach dem Stuhl. Da saust

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