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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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ganze Ware, vielleicht für drei Mark, kann ich doch abholen. Jetzt geht einer drin, jetzt geht sie weg, die ist in der Küche. Das ist ja –.
    Mal die Treppe runter. Dann wieder rauf: Ich werde nochmal klingeln, muß doch mal sehen, die kann mich nicht gesehen haben, die hat mich für einen andern gehalten, fürn Bettler, kommen viele. Aber wie er vor der Tür steht, klingelt er nicht. Er hat gar kein Gefühl. Er wartet bloß, steht da. So, die macht mir nicht auf, ich wollt bloß wissen. Hier in dem Haus verkauf ich nicht mehr, was mach ich mit dem Bukett, hat mich ne ganze Mark gekostet, das schmeiße ich in den Rinnstein. Plötzlich klingelt er noch mal, wie auf Kommando, wartet ruhig, richtig, sie kommt nicht mal zur Tür, die weiß, ich bins. Dann werde ich mal einen Zettel abgeben bei den Nachbarn, ich muß meine Ware wiederhaben.
    Er klingelt nebenan, ist keiner da. Schön, schreiben wir den Zettel. Franz geht an das Flurfenster, hat die weiße Ecke einer Zeitung abgerissen, schreibt mit einem kleinen Bleistift: »Weil Sie nicht aufmachen, ich will meine Ware wieder, abzugeben bei Klaussen, Ecke Elsasser.«
    Mensch, Luder, wenn du wüßtest, wer ich bin, wat eine schon mal gespürt hat von mir, dann würdest du nicht. Na, werden wir schon kriegen. Man sollte ein Beil nehmen und die Tür einhacken. Den Zettel schiebt er leise unter die Tür.
    Mürrisch geht Franz einen Tag herum. Am nächsten Morgen, bevor er sich mit Lüders trifft, gibt ihm der Budiker einen Brief. Das ist sie. »Sonst nichts abgegeben?« »Nee, was denn?« »Paket, mit Ware.« »Nee, ein Junge hats gebracht, gestern abend.« »So was, vielleicht soll ich mir die Ware noch abholen.«
    – Nach zwei Minuten geht Franz an das Fenster neben die Auslagen, läßt sich auf einen Holzschemel fallen, hat den Brief in der schlaffen linken Hand, kneift den Mund zusammen, stiert über die Tischplatte. Lüders, der Jämmerliche, tritt eben zur Tür rein, sieht Franz, sieht ihn sitzen, mit dem ist was, und schon ist er raus.
    Der Wirt tritt an den Tisch: »Warum rennt denn Lüders weg, der hat ja noch nicht seine Ware abgeholt.« Franz sitzt und sitzt. So was gibt es in der ganzen Welt. Mir sind die Beine abgehackt. So was gibt es in der ganzen Welt nicht. Das ist noch nicht dagewesen. Kann nicht aufstehen. Lüders soll nur laufen, hat Beene, dann kann er laufen. Das ist ein Kerl, nicht auszudenken.
    »Wollen Sie einen Kognak, Biberkopf? Wohl ein Trauerfall?« »Nee, nee.« Was redet der eigentlich, ich hör nicht gut, hab Watte in den Ohren. Der Wirt geht nicht weg: »Warum läuft denn der Lüders so weg? Tut ihm doch keiner was. Als wenn einer hinter ihm herschießt.« »Der Lüders? Ja, der wird wohl zu tun haben. Ja, einen Kognak.« Er gießt ihn hinter, die Gedanken zergehen ihm immer wieder, Donnerwetter, was ist das für ne Sache mit dem Brief hier. »Hier der Umschlag ist Ihnen runtergefallen. Vielleicht nehmen Sie die Morgenzeitung.« »Danke.« Er grübelt weiter: Ich möcht bloß wissen, was das für ne Sache ist, mit dem Brief, schreibt die mir solche Sachen. Der Lüders ist ein verständiger Mann, hat Kinder. Franz überlegt, wie das passiert sei, dabei wird ihm der Kopf schwer, fällt ihm wie im Schlaf nach vorn über, der Wirt glaubt, er ist müde, aber es ist die Blässe, Weite und Leere, darin rutschen auch seine Beine ab, da plumpst er ganz rein und dreht sich einmal nach links, jetzt runter, ganz runter.
    Franz liegt mit Brust und Kopf auf der Tischplatte, er sieht unter seinem Arm schräg auf die Tischplatte, bläst über das Holz, hält sich den Kopf fest: »Ist die Dicke schon hier, die Lina?« »Nee, die kommt doch erst um Uhre zwölf.« So, ja, wir haben erst neun, habe noch nichts getan, Lüders ist auch weg.
    Was soll man machen? Und da gießt es durch ihn, und er beißt seinen Mund zu: Das ist die Strafe, mich haben sie rausgelassen, die andern buddeln noch Kartoffeln hinter dem Gefängnis an dem großen Müllberg, und ich muß die Elektrische fahren, verflucht, es war doch ganz schön da. Er steht auf, mal auf die Straße gehn, mal das wegschieben, bloß wieder keine Angst kriegen, ich steh senkrecht auf meine Beine, an uns kommt keener ran, keener ran: »Wenn die Dicke kommt, sagen Sie ihr, ich hab einen Trauerfall. Trauernachricht, Onkel oder so. Ich komm heut mittag nicht, nee, sie braucht nicht zu warten. Also, was machts?« »Eine Molle, wie gewöhnlich.« »So.« »Und das Paket lassen Sie hier?« »Was fürn Paket?«

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