Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
»Hier haben Sie eine Tasse.« Angst hat sie doch, hübsche kleine Person, kann man schon Lust kriegen, was zu versuchen. »Trinken Sie nicht auch mit? Zur Gesellschaft?« »Nee nee, der Untermieter kommt bald, der die Stube hat.« Will mich rausgraulen, wo hat die einen Untermieter, müßte doch n Bett drinstehen. »Weiter nichts? Lassen Se den Mann. Ein Untermieter, der kommt nicht vormittags, der hat doch seine Arbeit. Ja, weiter hat mir mein Freund nichts erzählt. Ich sollt bloß die Ware abholen« – schlürft geduckt behaglich den Kaffee –, »schön heiß, kalt heute, was soll er mir denn erzählen. Daß Sie ne Witwe sind, stimmt doch, sind Sie nicht?« »Ja.« »Was ist mit Ihrem Mann, tot? Ist wohl gefallen?« »Ich hab zu tun, ich muß kochen.« »Machen Sie mir man noch ne Tasse. Warum denn so eilig. So jung sehn wir uns nicht wieder. Haben Sie Kinderchen?« »Gehen Sie doch bloß, Sie haben ja Ihre Sachen, ich hab keine Zeit.« »Na, werden Sie man nicht ungemütlich, werden wohl noch den Überfall holen, für mich brauchen Sie das nicht, geh schon so, werde doch die Tasse austrinken können. Mit einem Mal haben Sie keine Zeit. Neulich hatten Sie viel Zeit, Sie wissen wie. Na, prost Mahlzeit, ich bin nicht so, ich gehe.«
    Stürzt sich den Hut auf, steht auf, schiebt sich das kleine Paket unter die Achsel, zieht langsam an die Tür, ist schon an ihr vorbei, da dreht er sich rasch um: »Also, man raus mit das Kleingeld.« Die linke Hand ausgestreckt, der Zeigefinger lockt. Sie hält sich die Hand vor den Mund, der kleine Lüders ist dicht bei ihr: »Wenn du schreist. Gibst wohl bloß, wenn du einen gehabt hast. Na, siehst du, wissen wir alles. Unter Freunden gibts kein Geheimnis.« Verfluchte Sauerei, ist ne olle Sau, trägt n schwarzes Kleid, am liebsten möchte man ihr eins hinter die Ohren hauen, ist nicht besser als meine Olle. Die Frau hat ein glühendes Gesicht, aber nur rechts, links ist es schneeweiß. Sie hat ihr Portemonnaie in der Hand, kramt mit den Fingern drin, aber blickt mit weiten Augen den kleinen Lüders an. Ihre rechte Hand reicht ihm Geldstücke hin. Sie hat einen unnatürlichen Ausdruck. Sein Zeigefinger lockt weiter. Sie schüttet ihm das ganze Portemonnaie in die Hand. Jetzt geht er zurück in die Stube, an den Tisch, rafft die rote gestickte Decke an sich, sie krächzt, kriegt keinen Ton raus, bekommt den Mund nicht weiter auf, steht ganz still bei der Tür. Er rafft zwei Sofakissen an sich, dann rüber in die Küche, die Tischkästen aufgezogen, wühlt. Olles Blechzeug, ick muß rennen, sonst schreit die noch los. Da purzelt sie um, bloß raus.
    Über den Korridor, die Tür langsam zugedrückt, die Treppe runter, ins Nachbarhaus.

Heute durch die Brust geschossen
    Es war das wunderbare Paradies. Die Wasser wimmelten von Fischen, aus dem Boden sprossen Bäume, die Tiere spielten, Landtiere, Seetiere und Vögel.
    Da raschelte es in einem Baum. Eine Schlange, Schlange, Schlange steckte den Kopf vor, eine Schlange lebte im Paradiese, und die war listiger als alle Tiere des Feldes, und fing an zu sprechen, zu Adam und Eva zu sprechen.
    Wie Franz Biberkopf nach einer Woche mit einem Strauß in Seidenpapier gemächlich die Treppe hochsteigt, denkt er an seine Dicke, macht sich Vorwürfe, aber nicht ganz ernst, bleibt stehen, sie ist ein goldtreues Mädel, wat sollen die Zicken, Franz, pah, ist Geschäft, Geschäft ist Geschäft. Da klingelt er, lächelt in Vorahnung, schmunzelt, warmer Kaffee, ein kleines Püppchen. Da geht einer drin, das ist sie. Er wirft sich in die Brust, präsentiert vor der Holztür den Strauß, die Kette wird vorgelegt, sein Herz klopft, sitzt mein Schlips, ihre Stimme fragt: »Wer ist da?« Er kichert: »Der Briefträger.«
    Kleine schwarze Türspalte, ihre Augen, er bückt sich zärtlich herunter, schmunzelt, wedelt mit dem Bukett. Krach. Die Türe zu, zugeschlagen. Rrrrrr, der Riegel wird vorgeschoben. Donnerwetter. Die Tür ist zu. Son Biest. Da stehst du. Die ist wohl verrückt. Ob die mich erkannt hat. Braune Tür, Türfüllung, ich steh auf der Treppe, mein Schlips sitzt. Ist gar nicht zu glauben. Muß nochmal klingeln, oder nicht. Er blickt auf seine Hände, ein Bukett, hab ich vorhin an der Ecke gekauft, für eine Mark, mit Seidenpapier. Er klingelt noch einmal, zweimal, sehr lange. Die muß noch an der Tür stehen, macht hier einfach zu, die rührt sich nicht, die hält die Luft an und läßt mich stehen. Dabei hat sie noch meine Schnürsenkel, die

Weitere Kostenlose Bücher