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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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den verfrorenen jämmerlichen Lüders an: »Daß du nicht drauf kommst. Also, ob ich Geld habe?« »Na, hast du welches?«
    Hat Franz schon die Faust auf dem Tisch, öffnet sie, grinst stolz: »Also wieviel?« Lüders, das jämmerliche Männchen, hat sich vorgebeugt, zirpt an einem hohlen Zahn: »Zwei Zehner, Deibel.« Franz schmeißt die Lappen auf den Tisch: »Wie stehn wir nun da. Haben wir geschafft, in fuffzehn, in zwanzich Minuten. Länger nicht, Wette.« »Menschenskind.« »Nee, was du denkst, unterm Tisch, von hinten rum, ist nicht. Ehrlich, Otto, anständig, auf reelle Art, verstehst du.«
    Sie fangen an zu wispern, Otto Lüders rückt dicht neben ihn. Bei einer Frau hat Franz geklingelt, Makkoschnürsenkel, brauchen Sie was, für sich, für den Herrn Gemahl, für die Kinderchen, sie hat sie sich angesehn, dann hat sie mir dazu angesehn, sie ist eine Witwe, noch gut instand, haben im Korridor gesprochen, da hab ick gefragt, ob ick nicht ne Tasse Kaffee kriegen kann, furchtbare Kälte dies Jahr. Kaffee getrunken, sie mit. Und dann noch n bißchen mehr. Franz bläst durch die Hand, lacht durch die Nase, kratzt sich die Backe, stößt Otto gegen die Knie mit seinem Knie: »Ich hab meinen ganzen Plunder bei ihr liegen lassen. Hat sie was gemerkt?« »Wer?« »Na, wer denn, die Dicke, weil ich nichts bei mir habe.« »Laß die doch merken, hast alles verkooft, wo war es denn?«
    Und Franz pfeift: »Da geh ich nochmal hin, aber nicht balde, hinten Elsasser, ne Witwe. Mensch, zwanzich Märker, das ist n Geschäft.« Sie essen und trinken bis drei, Otto kriegt einen Fünfer ab, wird aber nicht munterer.

    Wer schleicht am nächsten Vormittag mit seinen Schnürsenkeln über das Rosenthaler Tor? Otto Lüders. Wartet bei Fabisch an der Ecke, bis er sieht, Franz trabt die Brunnenstraße ab. Dann er rasch die Elsasser runter. Richtig, das ist die Nummer. Vielleicht war Franz schon oben. Was die Leute alle ruhig die Straße lang gehen. Ich stell mich erst ein bißchen in den Hausflur. Wenn er kommt, sag ich, was sag ich. Ich hab Herzklopfen. Sie ärgern einen den ganzen Tag, und kein Verdienst, der Doktor findet nichts, ich hab aber was. Man verkommt in seinen Lumpen, immer noch die alte Kluft aus dem Krieg. Treppe rauf.
    Er klingelt: »Makkoschnürsenkel, Madame? Nee, ich wollt bloß fragen. Sagen Sie, hören Sie doch mal erst zu.« Sie will die Tür zudrücken, er hält einen Fuß zwischen. »Ich komm nämlich nicht allein, mein Freund, Sie wissen doch, der war gestern hier, er hat seine Ware dagelassen.« »O Gott.« Sie macht die Tür auf, Lüders ist drin, drückt die Tür rasch hinter sich zu. »Was ist denn los, o Gott.« »Gar nichts, Madamken. Was bibbern Sie denn.« Er bibbert selbst, er ist so plötzlich drin, jetzt geht es weiter, kann kommen, was da will, es wird schon gehen. Er müßte zärtlich sein, findet keine Stimme, vor dem Mund, unter der Nase hat er ein Drahtnetz, das zieht sich zur Stirn über die Backen, wenn die Backen steif werden, bin ich hin. »Ich sollte bloß die Ware abholen.« Die zierliche Frau läuft in die Stube, will das Paket holen, da steht er schon selber auf der Schwelle der Stube. Sie kaut und blickt: »Da ist das Paket. O Gott.« »Danke, danke schön. Was bibbern Sie denn bloß, Frauchen. Hier ist doch schön warm. Hier ist schön warm. Können Sie mir nicht auch ne Tasse Kaffee geben?« Bloß stehen bleiben, immer reden, bloß nicht rausgehen, stark wie eine Eiche.
    Die Frau, mager, zierlich, steht vor ihm, hat die Hände ineinandergedrückt vor dem Leib: »Hat er Ihnen noch was gesagt? Was hat er Ihnen denn gesagt?« »Wer, mein Freund?« Immer reden, viel reden, je mehr man redet, um so wärmer wird man, jetzt kitzelt das Netz nur noch vorn unter der Nase. »O weiter nichts, nee, was denn sonst. Was soll der denn von dem Kaffee erzählen. Und die Ware habe ich ja schon.« »Ich geh bloß in die Küche.« Die hat Angst, was ich mir aus ihrem Kaffee mache, koch ich mir alleine besser, kriegen wir in der Kneipe bequemer, will sich drücken, abwarten, wir sind auch noch da. Ist aber gut, daß ich drin bin, fix gegangen. Aber Angst hat Lüders doch, horcht nach der Tür, nach der Treppe, nach oben. Er tritt in die Stube zurück. Verflucht schlecht geschlafen heute, das Jöhr hustet immer, die ganze Nacht durch, setzen wir uns. Und er setzt sich auf das rote Plüschsofa.
    Hier hat sies mit Franz gemacht, jetzt kocht sie mir Kaffee, werde mal den Hut abnehmen, eisekalte Finger.

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