Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
die Welt, die Welt am Montag!
Wat sagen Sie zu die beede; die kloppen sich schon eine halbe Stunde rum, und keen Grund. Mensch, hier bleib ick bis morgen. Sie, Sie haben hier woll uffn Stehplatz abonniert, daß Sie sich so breitmachen. Nee, wat een Floh ist, der kann sich nicht breitmachen. Au Backe, kiek mal, der gibt ihm Saures.
Und wie Franz sich durchgedrängelt hat bis vorn, wer haut sich da mit wem? Zwei Jungen, die kennt er doch, das sind welche von Pums. Wat sagste nu. Klatsch hat der Lange den im Schwitzkasten, klatsch schmeißt er ihn in den Matsch. Junge, von dem läßt du dir schmeißen; bist ja minderwertig. Wat soll denn det Gedrängele, Sie. Au weih, Polente, die Grünen. Polente, Polente, verdrückt euch. Die Regencapes über, schieben sich zwei Grüne durch den Haufen. Schubb, ist der eine Ringer auf, im Gedränge, macht Beine. Der zweite, der Lange, der kommt nicht gleich hoch, der hat ne Wucht in die Rippen gekriegt, aber ne ordentliche. Da pufft sich Franz ganz vorn durch. Werd doch den Mann nicht liegen lassen, ist das ne Gesellschaft, keener faßt an. Und schon hat Franz ihn unter die Arme und rin zwischen die Leute. Die Grünen suchen. »Was is hier los?« »Haben sich zwei gehauen.« »Auseinandergehen, weitergehen.« Die krähen und kommen immer einen Posttag zu spät. Weitergehen, machen wir schon, Herr Wachmeister, nur keene überflüssige Uffregung.
Franz sitzt mit dem Langen in der Prenzlauer Straße in einem schwachbeleuchteten Hausflur; nur zwei Nummern weiter ist das Haus, wo nach cirka 4 Stunden ein Dicker ohne Hut raustreten wird und Cilly anquatschen wird; sie geht weiter, den nächsten wird sie bestimmt nehmen, son Schuft, der Franz, Gemeinheit.
Franz sitzt im Hausflur und schaukelt an dem faulen Emil: »Nun mach mal bloß, Mensch, daß wir in die Kneipe gehen können. Hab dir man nicht, wirst doch ne Wucht vertragen. Wasch dir man ab, schleppst den ganzen Asphalt mit.« Sie gehen über die Straße. »Jetzt setz ich dir in der ersten besten Kneipe ab, Emil, ich muß nach Hause, meine Braut wartet.« Franz drückt ihm die Hand, da dreht sich der andere noch mal um: »Könntest mir eigentlich nen Gefallen tun, Franze. Ich muß heut Ware abholen mit Pums. Loof doch vorbei bei ihm, sind bloß drei Schritt, an der Straße. Geh doch.« »Was soll ich, Mensch, ich hab keine Zeit.« »Bloß bestellen, ick kann heut nicht, der wartet. Der kann nischt machen sonst.«
Flucht Franz, geht los, ein Wetter, immer machen, Mensch, ich will nach Hause, ich kann doch schließlich die Cilly ooch nicht warten lassen. So ein Affe, ich hab doch nicht meine Zeit gestohlen. Er rennt. An einer Laterne steht ein kleiner Mann, liest in einem Heft. Wer ist das eigentlich, den kenn ich doch. Da blickt der her, sofort auf Franz zu: »Ach Sie, Herr Nachbar. Sie sind doch der aus dem Haus, wo die Wringmaschine und der Eisschrank waren. Ja. Hier geben Sie die Karte ab, nachher, wenn Sie nach Haus gehen, sparen wir Porto.« Drückt Franz die Postkarte in die Hand, infolge widriger Umstände zurücktreten. Darauf wandert Franz Biberkopf ruhig weiter, die Postkarte wird er Cilly zeigen, ist ja gar nicht so eilig. Er freut sich über den verrückten Kerl, den kleinen Postfritzen, der immer rumlooft und kooft und hat keen Geld, aber ein Vogel hat er, das ist schon kein gewöhnlicher Piepmatz, das ist ein ausgewachsenes Huhn, wovon ne Familie leben kann.
»Tag, Herr Pums. n Abend. Wundern sich, daß ick zu Ihnen komme. Wat: wat soll ick Ihnen also sagen. Geh ick über den Alex. Ist da an der Landsberger Straße ne Keilerei. Ich denke, ich geh mal hin. Und wer haut sich da? Na? Ihr Emil, der lange, mit einem Kleenen, der heißt wie ick, Franz, Sie werden schon wissen.« Worauf Herr Pums antwortet: er habe schon sowieso an Franz Biberkopf gedacht, er hab schon heut mittag gemerkt, daß zwischen den beiden was ist. »Also, der Lange kommt nicht. Sie springen da ein, Biberkopf.« »Wat du ick?« »Es geht auf sechs. Wir müssen um neun Ware abholen. Biberkopf, heut ist Sonntag, Sie haben sowieso nischt zu tun, Ihre Unkosten ersetze ich Ihnen, und dann gibt es noch drauf – na, sagen wir fünf Mark die Stunde.« Franz wird schwankend: »Fünf Märker.« »Na, ich bin im Druck, die beiden lassen mich im Stich.« »Der Kleine wird noch kommen.« »Also abgemacht, fünf Mark, Ihre Unkosten, na, fünf fuffzig, soll mir nicht drauf ankommen.«
Franz lacht innerlich furchtbar, wie er hinter Pums die Treppe runtergeht. Das
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