Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)
verlassen.
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Tagebuchaufzeichnung
Es ist eine Expedition!
Genau!
Es soll nicht einfach nur stattfinden, es soll ERFORSCHT werden, was sich in dieser Richtung verbirgt. Es ist eine Reise ins Ungewisse, ein Vorstoß in unerschlossenes Land.
Deshalb muss auch darüber berichtet werden, was wir - was ich dort vorfinde.
Oder?
Es hat doch keinen Sinn, dass ich mich dorthin begebe - und niemand davon erfährt. Nein!
Es ist ja kein Spaziergang, kein Vergnügen, kein Zeitvertreib.
Es ist eine QUAL!
Und doch werde ich nicht stehen bleiben, sondern meinen Weg weiter verfolgen! Und ich werde darüber berichten. Nicht, um mit meinem Bericht eine bestimmte Botschaft zu verkünden, nicht um zu erziehen oder Einfluss zu nehmen. Einfach nur, um zu dokumentieren, was es dort gibt!
DESHALB schreibe ich es hier auf.
DESHALB schreibe ich auf, wie es war, als meine Hände sich um ihren Hals geschlossen haben …
während …
während wir ineinander verhakt waren.
Während sie mich umschloss.
Während sie sich auf mich herabsenkte.
Im ersten Moment hat sie gemeint, es gehöre dazu.
Ist darauf eingegangen.
Konnte sich nicht vorstellen, dass ich dem Mädchen, das mir solche Freude bereitete, etwas antun könnte.
Aber ich wusste, dass ich nicht mehr die Kraft haben würde, es zu Ende zu bringen … wenn …
wenn ich das andere ZUVOR zu Ende gebracht haben würde.
Also habe ich zugedrückt.
Mit einer solchen Wucht, dass kein Zweifel mehr daran bestand, was ich vorhatte.
Mit einer solchen Wucht, dass sicher war, sie würde nicht mehr schreien können.
Wir waren allein in der Kabine, in der Frauentoilette - aber es konnte jeden Moment jemand hereinkommen. Also habe ich gepresst mit aller Kraft, die meine Sehnen und Muskeln hergaben.
Mit der Kraft der Verzweiflung.
Wer kann sich vorstellen, was in einem vorgeht, wenn man jemanden erwürgt? Was in einem vorgeht, wenn man denjenigen erwürgt, mit dem man in der Liebeshandlung vereint ist? Wie der Drang plötzlich umspringt in den Drang zu TÖTEN?
Was ist es, das ich dabei vorgefunden habe?
War Lust dabei, diesen Weg zu beschreiten, diesen Weg des Bösen? War es Lust, die mich befeuert hat, das Leben aus ihr herauszuquetschen?
Es hat gebrannt, als würde ich in einem Flammenmeer stehen.
Sie hat ihre kleinen Hände um meine Handgelenke geschlossen.
Sie hat mich angesehen, weil sie wusste, dass es soweit war.
Sie hat nicht geschrien.
Sie konnte nicht.
Sie wusste praktisch sofort, dass es kein Zurück mehr geben würde, kein Nachlassen des Drucks, kein … Erbarmen. Dass es nur noch diesen Abhang geben würde, den sie hinunterglitt und der sie ihrem Tod entgegentrieb.
Dass ich fast nicht derjenige war, der sie tötete, dass es der Tod war, der sie holte.
Und doch hat sie mich angesehen. Sie hat die Augen nicht davor verschlossen, sich nicht abgewendet … sondern mich angeblickt, als wollte sie erkennen, was es war, womit sie sich - so schön, so begehrenswert, so liebreizend wie sie war - womit sie sich den Tod verdient hatte.
Ich glaube fast, sie hatte nur einfach das Pech, mich zu treffen.
Meine Hände haben so gezittert, ich vermochte sie kaum von ihrem Hals zu lösen, als sie nur noch auf meinem Schoß hing.
Sie ist in die Ecke neben die Kloschlüssel gerutscht, ich konnte nicht verhindern, dass ihr Kopf gegen die Kacheln schlug.
Ich habe meine Hose zugeknöpft, bin aufgestanden und habe kaum noch Luft bekommen.
Es gab nur einen Gedanken, der mich aufrecht gehalten hat: Dass ich geschafft hatte, was zu schaffen war, als ich sie erwürgt habe. Dass ich einen Schritt in die richtige Richtung getan habe. Dass es jetzt nur noch eines zu tun gibt: Die Reise, die ich begonnen habe, auch zu Ende zu bringen.
Dass ich sie töten MUSSTE, weil ich meine Reise sonst niemals hätte abschließen können.
Ich habe die Kabine verlassen und bin im Vorraum der Toilette aus dem Fenster gestiegen. Es war klar, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie mich entdeckten. Die Kellner, die Gäste in dem Restaurant: Alle hatten mich gesehen, konnten mich beschreiben. Es würde nicht mehr lange dauern und ich würde mich auf der Straße nicht mehr blicken lassen können.
Aber noch ist es nicht so weit.
Noch ist es nicht vorbei.
Und ich weiß, was ich zu tun habe.
Der letzte Schritt.
Xaver Bentheim hat es beschrieben.
Ich werde es Wirklichkeit werden lassen.
Felix ist dabei, Bentheims Vermächtnis zu verraten, mit dem, was er plant.
Ich werde nicht den
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