Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)
wirklich geliebt hat - sondern nur lieben wollte . Hat sie sich deshalb vor sechs Wochen wieder auf Felix eingelassen? Haben Till und sie sich immer nur gewünscht , sie würden einander lieben - in Wahrheit aber hat es sie zu einem Mann wie Felix - und Till zu solchen Mädchen wie Irina und Nina hingezogen?
Oder kann es noch einen anderen Grund für Tills Zurückweisung geben, einen anderen Grund als den, dass er sie wirklich nicht liebt? So dass das innige Gefühl, das sie ihm immer entgegengebracht hat - immer entgegenzubringen geglaubt hat - doch keine Täuschung ist?!
Aber welchen? Welchen Grund könnte er haben, sie in dieser intimsten Frage anzulügen? Und ist er es wert, noch einen Gedanken an ihn zu verschwenden, wenn er in dieser Frage nicht aufrichtig ist?
„Ich habe ihnen gesagt, dass es Konstantin Butz war. Dass ich dabei war und gesehen habe, wie er geschossen hat - durch die Windschutzscheibe hindurch. Dass sie keine Spuren zu sichern brauchen, keine Absperrbänder zu spannen - dass sie nur ihren Kollegen fragen müssen. Ihren Kollegen Konstantin Butz.“
„Und?“
„Sie meinten, dass sie bereits mit ihm geredet hätten, dass es Notwehr war, dass Henning Butz‘ Leben bedroht hat, dass Butz sich wehren musste.“
„Und das stimmt?“
Betty blickt nach vorn, während sie den Wagen durch den Verkehr steuert. Lisa ist sich nicht sicher, ob Betty überhaupt in der Verfassung ist, ein Auto zu fahren, aber es scheint sie abzulenken und zu beruhigen.
Erst hat Lisa versucht, Claire zu erreichen, aber Claires Handy ist ausgeschaltet gewesen. Also hat sie Bettys Nummer gewählt, und Betty ist in die Stadt gekommen, um Lisa abzuholen. Als Lisa zu ihrer Schwester ins Auto gestiegen ist, hat sie erfahren, was Betty in der Garage ihres Hauses erlebt hat. Warum sie den ganzen Morgen von der Polizei vernommen worden ist. Betty hat es Lisa mit seltsam unbewegtem Gesicht erzählt. Sie wirkt, als hätte sie auf eine Art Autopilot geschaltet, der sie davor bewahrt, die Fassung zu verlieren. Und doch strahlt Betty mit jeder Bewegung, jedem Gesichtsausdruck und jedem Satz, den sie sagt, aus, dass sie mit dem, was am Morgen auf ihrem Grundstück geschehen ist, noch jahrelang zu kämpfen haben wird.
Lisas Blick wendet sich zum Seitenfenster. Zu den Fußgängern auf den Bürgersteigen, den Fahrern in den anderen Autos, den Menschen, die an den Ampeln warten und auf die Bildschirme ihrer Telefone blicken.
Die Wolke am Fuß des Turms auf dem Alex? Was bei Betty zuhause geschehen ist? Tills Worte vorhin im Restaurant?
Was ist bloß los?
Für einen Moment hat Lisa den Eindruck, als würde die ganze Stadt kurz davor stehen, wie ein schlafender Tiger plötzlich zu erwachen und sich auf sie zu stürzen. Dabei kann sie den Menschen, die vor ihrem Autofenster vorbeiziehen, gar nichts ansehen. Niemand brüllt, niemand fuchtelt mit den Armen, niemand rennt unkontrolliert auf die Straße. Auf den ersten Blick wirken alle wie immer. Und doch … der Mann, der dort hinten vornübergebeugt vorwärtsstürmt? Die Frau, an der er vorbeihastet, die in ihr Handy spricht und den Mund dabei mit der Hand abschirmt?
Oder ist es das Geräusch der Presslufthammer, der Schweißgeräte, der Bauarbeiter, die die Straße an drei verschiedenen Stellen aufreißen, was sie so nervös macht? Ist es das Hupen, das Blinken der Ampel auf der Kreuzung, das entfernte Schrillen einer Sirene, das plötzliche Vorbeiwischen eines Radfahrers an ihrem Fenster?
„Es ist überall … “
„Was?“ Lisa zuckt zusammen und sieht zu Betty. Hat sie was gesagt?
„Butz … was mit Henning geschehen ist … diese Unruhe … spürst du es nicht?“ Betty hat den Blick nicht von der Straße gewendet.
Doch, Lisa spürt es auch. Oder? Ist nicht doch alles wie immer - alles ruhig?
„Henning hat so etwas geahnt. Er meinte, dass etwas passieren würde.“
„Ach ja?“ Lisa schaut jetzt ebenfalls nach vorn.
Der Verkehr hat sich gestaut. Ein Mann in phosphoreszierender Polizeiuniform hat sich mitten auf die Straße gestellt und bedeutet den Autos, dass es geradeaus nicht weiter geht. Dass sie abbiegen müssen. Ein Fahrer scheint umkehren zu wollen und hat ein Wendemanöver begonnen. Betty bremst und ihr Wagen kommt zum Stehen.
„Henning hat nicht wirklich mit mir darüber sprechen können“, hört Lisa Betty sagen, „aber Felix scheint gewusst zu haben, dass sich etwas anbahnt - “
Felix?
Der Verkehr ist zum Stillstand gekommen, es wird gehupt. Der
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