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Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)

Titel: Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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gegen die Karosserie. Einmal in Bewegung ist es leichter. Die Gummireifen des BMW rollen über den Teer, die leichte Neigung der Fahrbahn kommt ihr zugute. Mit einem dumpfen Krachen landet das Auto in dem Wagen, der hinter ihm auf der Fahrbahn steht.
    Lisa dreht sich zu Betty um und sieht, wie ihre Schwester ihr den Daumen zeigt. Ein paar Meter weiter sollten sie jetzt kommen, vielleicht reicht es sogar, um die Unfallstelle ganz zu durchqueren. Lisa stellt sich auf Zehenspitzen, um die freie Autobahn am Ende der Unfallstelle zu sehen -
    und stutzt.
    Jenseits des vordersten Fahrzeugs, das in den Unfall verwickelt worden ist, macht die Autobahn einen weiten Bogen, der von einem LKW mit Anhänger halb verdeckt ist. Zwischen dem Zugwagen und dem Anhänger jedoch kann Lisa hindurchblicken und dort - was IST das?
    Bewegt sich dort etwas?
    Sie wendet sich zu Betty um, die sie fragend aus ihrem Auto heraus ansieht - macht ihr ein Zeichen, zu warten. Gleitet an dem BMW vorbei, um besser sehen zu können -
    und fühlt, wie sich die Überraschung einer Hand gleich auf ihre Kehle legt.
    Am Ende des LKW-Anhängers ist eine Gestalt aufgetaucht. Groß, ungelenk, eine Silhouette, die selbst aus der Entfernung schmutzig und ungepflegt wirkt - eine Gestalt, hinter der jetzt drei weitere sichtbar werden -
    dreißig weitere -
    die so traumverloren wie die erste über die Autobahn wanken, schlurfen, wandeln, als stünden sie bei jedem Schritt kurz davor, vornüberzufallen. Stattdessen arbeiten sie sich jedoch unaufhaltsam voran.
    Voran direkt auf sie zu.
    Lisas Blick springt zu Betty. Ihre Hand fuchtelt. RUNTER! VERKRIECH DICH UNTERM STEUER!
    Sie kann nicht schreien - sie kann nicht zu ihrer Schwester hinlaufen, sie kann es ihr nur zeigen - sonst sehen sie sie - und das dürfen sie nicht!
    Betty begreift. Ihr Kopf taucht ab - im nächsten Augenblick scheint ihr Wagen noch nur eines der leeren Autos zu sein, die hier ineinandergerast sind.
    Lisa lässt sich auf den Asphalt fallen. In den BMW zu kriechen kommt nicht in Frage, zu sehr ekelt sie sich vor der dunklen Kruste am Lenkrad. Sie schiebt sich über die raue Fahrbahn unter den Wagen, rollt sich hinter die Räder, kauert sich auf den Bauch, so dass sie zwischen den Vorderrädern hindurchblicken kann -
    und sieht sie.
    Die Füße der Gestalten, eine ganze Kohorte zerlumpter Schuhe, aufgerissener Pumps, schlammverkrusteter Turnschuhe, abgelatschter Slipper - die sich kaum über den Boden heben, eher darüber hinweggezogen werden. Unter drei Fahrzeugen hindurch kann Lisa sehen, wie die Schuhe in ihre Richtung schlurfen - schon kann sie das schleppende, träge Geräusch der Sohlen hören, das sich in das Zwitschern der Vogelstimmen mischt.
    Und wenn sie sie RIECHEN?
    Lisa hält die Luft an.
    Schschsch Schschsch Rrrr Rrrr Hchchcrr Hchchrrr …
    Die Füße und Hosenbeine, die Stiefel und nackten Knöchel in den Sandalen ziehen an den Gummireifen, von denen Lisa umringt ist, vorbei. Wenn sie die Hand ausstrecken würde, könnte sie die Beine in den verschmutzten Hosen, den zerrissenen Strümpfen berühren, die an ihr vorbeiwaten …
    Niemand spricht, aber Lisa kann hören, wie die Gestalten atmen, Luft in sich hineinsaugen und wieder ausstoßen. Sie spürt, wie ihr Herz in ihrem Hals schlägt, wie sich der Schweiß unter ihren Handflächen auf dem Asphalt sammelt, aus ihren Achseln rinnt, ihren Rücken hinunterläuft.
    Schschsch Schschsch Rrrr Rrrr Hchchcrr Hchchrrr …
    Dann schlurft das letzte Paar billiger Plastikschuhe an ihrem Wagen vorbei - die Geräusche werden leiser. Vorsichtig wendet Lisa den Kopf, um zu sehen, wohin die Gestalten wanken. Unter dem Boden der Karosserie hindurch kann sie verfolgen, wie die Beine und Schuhe weiterziehen, Richtung Stadt. Schon müssen sie bei Bettys Wagen angelangt sein - aber sie darf sich jetzt noch nicht rühren, darf sich nicht mucken -
    Schschsch Schschsch Rrrr Rrrr Hchchcrr Hchchrrr …
    Das Schlurfen und Ziehen und Schleifen und Wanken entfernt sich.
    Das Rauschen in Lisas Ohren lässt nach.
    Iiiiep Iiiiep Iiiiep …
    Was ist das?
    Ein leises Quietschen hat sich in die gedämpften Geräusche gemischt. Ein gleichmäßiges, rhythmisches Quietschen.
    Iiiiep Iiiiep Iiiiep …
    Lautlos schiebt sich Lisa unter dem Boden des BMW hervor, kommt auf die Knie, späht nach hinten. Noch immer kann sie die Rücken der Gestalten sehen, die die Autos bereits hinter sich gelassen haben und unbeirrt auf der Autobahn Richtung Berlin weitertorkeln.
    Ihr Blick

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