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Berlin Wolfsburg (German Edition)

Berlin Wolfsburg (German Edition)

Titel: Berlin Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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weiß.« Johanna sah kurz zum Fenster hinaus. Zu
Beginn ihrer polizeilichen Laufbahn hatte sie einen Kollegen auf ähnliche Weise
verloren. Er hatte nicht verkraftet, bei einer Kindesentführung Fehler gemacht
zu haben, die das Kind das Leben gekostet hatten – zumindest war er davon
überzeugt gewesen, ursächlich für dessen Tod verantwortlich gewesen zu sein.
Johanna hatte seinerzeit lange darüber nachgedacht, den Dienst zu quittieren.
Eines Morgens war sie aufgewacht und hatte sich dagegen entschieden. Einfach
so. Aus dem Bauch heraus. Im Laufe der Jahre hatte sie ihre Entscheidung so
manches Mal einer erneuten Überprüfung unterzogen, um aber stets zum selben
Ergebnis zu kommen. Aufhören konnte sie immer noch. Wahrscheinlich würde sie
eines Morgens aufwachen und wissen, dass der Tag gekommen war. Sie würde keine
Minute zögern.
    »Haben Sie mal nachgefragt, was Rauths letzte Ermittlungen anging?
Besondere Vorkommnisse?«, hob sie wieder an.
    Nowak schob ihre geleerte Schüssel zur Seite. »Nein. Es lief alles
völlig unauffällig und normal, soweit man bei Verbrechen von Normalität
sprechen möchte – ein paar Einbrüche, schwere Körperverletzung mit Todesfolge,
Drogendelikte mit Hausdurchsuchungen und so weiter. Der Kollege benahm sich im
Einsatz wie immer und ließ sich von seinen privaten Problemen nichts anmerken –
so berichtete man mir.«
    »Hatte Rauth engere Freunde?«
    »Den Staatsanwalt, wie schon erwähnt. Außerdem hatte er privaten
Kontakt zu zwei Kollegen, mit denen er regelmäßig an kleineren
Motorcross-Rennen teilnahm. Beide sagen aus, dass ihnen nichts Besonderes an
Rauth aufgefallen sei.«
    Johanna bestellte einen Kaffee beim gerade vorbeieilenden Kellner,
Nowak entschied sich für einen Espresso. Sie hingen schweigend ihren Gedanken
nach, bis die Getränke serviert worden waren.
    »Hat es je einen Verdacht gegeben, dass Rauth Kontakte zu den falschen
Leuten gepflegt haben könnte?«, nahm Johanna den Faden wieder auf. Kein
Polizist mochte diese Frage, aber sie musste sie der Vollständigkeit halber
stellen.
    Nowak drehte ihre Tasse eine Weile auf dem Unterteller, bevor sie
hochblickte. »Nein. Mir ist nichts zu Ohren gekommen, geschweige denn dass es
Hinweise gegeben hätte.« Ihr Blick wurde plötzlich scharf. »Steht etwa eine
interne Ermittlung gegen Rauth bevor?«
    »Nichts dergleichen«, wiegelte Johanna ab. »Ich fische im Trüben und
stelle alle möglichen Fragen – nicht mehr und nicht weniger. Das werde ich bei
allen anderen Fällen auch tun. Vielleicht stoße ich dabei auf Parallelen,
vielleicht auch nicht.«
    Nowak seufzte. »Ja, ich verstehe.«
    »Schön. Machen wir mit Bernd Lange weiter.«
    »Okay. Die Sache ist jetzt gut vier Wochen her«, berichtete Nowak
mit leiser Stimme. »Ein ganz anderes Kaliber, wenn auch mit dem gleichen
Ergebnis. Ich träume immer noch davon – und ich kannte ihn lediglich flüchtig.«
    Johanna betrachtete sie aufmerksam. Der Fall war ihr nahegegangen.
Nowak rührte zwei gehäufte Löffel Zucker in ihren Espresso. »Der Mann hat sich
massiv verletzt – Einzelheiten lesen Sie bitte im Bericht des Rechtsmediziners
nach –, seine Bude auseinandergenommen und sich schließlich die Kehle
durchgeschnitten. Die Kollegen vom KDD fanden ein
Schlachtfeld vor, als sie, von den Nachbarn verständigt, in die Wohnung
eindrangen. Ich hatte Bereitschaft und bin wenig später eingetroffen.«
    Johanna atmete tief durch und wischte die Bilder beiseite, die vor
ihrem inneren Auge aufgestiegen waren. »Er wohnte allein?«
    »Ja, seit mehreren Jahren. Seine letzte Beziehung wird als kurz und
flüchtig beschrieben. Die Aussage der Frau, die zum Zeitpunkt des Geschehens
nicht in Berlin, sondern für einige Wochen verreist war, bestätigt das. Sie
konnte sich, wie alle anderen auch, überhaupt nicht vorstellen, was geschehen
war«, erläuterte Nowak. »Lange war vor Jahren auch mal verheiratet, aus der Ehe
stammt eine Tochter. Er war kein Typ, der unter Liebeskummer oder Ähnlichem in
der Preisklasse litt, wie mir versichert wurde. Der Mann war gerade mal
vierzig, galt als umtriebig und reisefreudig, spielte Volleyball in der
Polizeimannschaft, ging gerne ins Kino, kümmerte sich um sein Kind und besuchte
regelmäßig seine Eltern, die in Brandenburg leben.«
    »Demnach führte er ein vergleichsweise harmonisches und
abwechslungsreiches Leben«, resümierte Johanna. »Zumindest für einen
Polizisten.«
    »Kann man so sagen«, bestätigte Nowak. »Umso

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