Berliner Aufklaerung - Roman
soll.«
Die kurzhaarige Freundin derjenigen, mit der Ulf den Unfall gebaut hatte, drehte sich neugierig in Bauchlage. »Nee, wat für’n drollijer Dialekt. Laß doch, Olga, der Kleene jehört ja noch ins Kinderbecken.«
Zu seinem Ärger wurde Ulf rot, er versuchte ein möglichst verächtliches »Tussis!« zu knurren und drehte ab. Hoffentlich hatte der hübsche Typ nichts von dem Zwischenfall mitgekriegt.
Als Ulf vorsichtig in Richtung Beckenrand schielte, grinsten ihn zwei stahlblaue Augen und ein wunderbarer Mund breit an. Die männliche Erscheinung sprang mit einem schneidigen Kopfsprung ins Wasser und
tauchte nach wenigen Sekunden neben Ulf wieder auf. »Na Kleiner, Streß mit Weibern?«
Ulf wurde noch einen Farbton röter, er schluckte wild hustend Chlorwasser und wollte nur noch ertrinken. Der Männertraum griff ihm von hinten um die Brust. Das Gefühl der starken Unterarme auf seiner nackten Haut hätte Ulf beinahe den letzten Funken Bewußtsein geraubt.
»Komm, wir legen dich erst mal trocken.«
Der Schöne schwamm mit Ulf zu dem Ende des Bekkens, an dem eine gekachelte Treppe aus ihm herausführte. Willenlos ließ sich Ulf von ihm zu seinem Handtuch bringen.
Nach einigen Augenblicken hatte er sich wenigstens wieder so weit im Griff, daß er überlegen konnte, wie seine jämmerliche Position vielleicht noch zu verbessern war. Er richtete sich auf und wandte sich zu dem Wunderbaren, der zurückgelehnt, die Hände nach hinten aufgestützt, neben ihm saß und ihn aus halbgeschlossenen Augen amüsiert betrachtete.
»Das wär’ jetzt aber nicht nötig gewesen. Ich wär’ auch allein aus dem Wasser gekommen.«
»Keine Frage.« Mit einem stahlblauen Lächeln strich der hübsche Typ Ulf über den Rücken. Ulf spürte, wie es ihn neuerlich durchrieselte. Aufgeregt durchforstete er sein Hirn nach irgend etwas Intelligentem, das er sagen konnte. Schließlich hatte man so eine Chance nicht alle Tage. »Warst du nicht ’n Freund von Rudi, der Prof, den se umgebracht haben?«
Der Typ nahm seine Hand von Ulfs Rücken und zog die linke Augenbraue hoch. Die vorher freundliche Stimme wurde scharf. »Wie kommst’n darauf?«
Ulf merkte, wie er schon wieder rot wurde. Er hatte
sich ja gleich gedacht, daß dieser tolle Typ hier nichts mit dem Fettwanst Rudi zu schaffen haben konnte. Hoffentlich hatte er es sich jetzt nicht mit ihm verdorben. »Na ja, ich dachte halt, ich hätt’ euch mal gesehen. – Mein Mitwohni Anja hat mir nämlich erzählt, daß Rudi in ihrem Institut ermordet worden ist.« Vertraulich neigte sich Ulf zu dem Schönen hin. Vielleicht konnte er mit der Mordgeschichte von seinem Fehltritt ablenken. »Zerstückelt. Sicher ’n schwulenfeindlicher Ritualmord.«
»Ah ja? Ich hab nur gehört, daß er umgebracht wurde. «
»Er war zerstückelt. Anja hat es genau gesehen. Sie war nämlich dabei, als Rudi gefunden wurde.«
Der hübsche Typ lachte auf. In seinen stahlblauen Augen blitzte es. »Na da hast du ja Informationen aus erster Hand.«
Ulf nickte stolz. Anscheinend hatte er die Lage gerettet. »Ich weiß sogar noch was. Steht noch nicht in der Zeitung. Die Bullen haben gestern die Direktorin von dem Institut als Mörderin festgenommen. Anja glaubt das aber nicht. Sie ist nämlich mit der Direktorin befreundet und hat ’ne Kaution bezahlt, damit sie wieder freikommt – so richtig wie im amerikanischen Krimi.«
Der hübsche Boy richtete sich auf. »Da scheinst du ja eine ganz großartige Mitwohnerin zu haben. – Ich geh’ noch mal schwimmen, vorhin war’s ja nicht so lang. Kommst du mit, oder hast du die Schnauze voll?«
Ulf sprang auf. »Natürlich komm’ ich mit. Ich schwimm’ nämlich unheimlich gern.«
Er platschte hinter dem Herrlichen ins Wasser. Kopfsprung hatte er noch nie gekonnt. Ulf versuchte, seinem
Traummann hinterherzuschwimmen, sah aber schnell ein, daß es sinnlos war. Also tat er so, als ob er gar nicht gezielt irgendwelche Bahnen schwimmen wollte, sondern ließ sich ein wenig am Beckenrand treiben.
Ulf betrachtete seine großen Zehen, die aus dem Wasser guckten. Ob der Typ was von ihm wollte?
Er mußte an das erste Mal denken, als er es mit einem Mann gemacht hatte. Zu Hause in Darmstadt hatte er sich nie getraut, mit einem Kerl wirklich was anzufangen, sein Vater hätte ihn sicher geschlagen, wenn er davon Wind bekommen hätte. Außerdem war er damals ja noch mit Birte aus seinem Gymnasium zusammengewesen, die seine Mutter so nett fand. Erst hier in Berlin hatte
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