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Berliner Aufklaerung - Roman

Berliner Aufklaerung - Roman

Titel: Berliner Aufklaerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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Glombitza hoch. »Ich war mit ihr verabredet. Frau Krause hat mir die Tür aufgeschlossen, nachdem Rebecca Lux selbst nicht geöffnet hatte.«
    Glombitza schickte einen knappen, fachmännischen Blick über die Szenerie. »Haben Sie irgendwas angefaßt?«
    »Nein.«
    Frau Krause unterbrach für einen Moment ihr Schluchzen und wandte sich an Glombitza. »Doch, Herr Kommissar, ich habe es genau gesehen. Vorhin lag Frau Professor Lux auf dem Schreibtisch. Nun sitzt sie.«

    Glombitza zog seine buschigen Augenbrauen hoch. »Was, die Leiche lag auf dem Tisch?«
    »Nicht direkt auf dem Tisch, aber so – mit dem Oberkörper.« Frau Krause versuchte die gemeinte Position durch eine Beugung ihrer fülligen Oberweite nachzustellen, wobei ihr Wintermantel sich öffnete und die Sicht auf ein rosa Negligé freigab. Schulze grinste, Glombitza räusperte sich und machte einige Schritte auf Anja zu. »Der Tatort ist bis zum Eintreffen der Polizei so zu belassen, wie er vorgefunden wurde. Sie haben durch Ihr eigenmächtiges Handeln vielleicht wertvolles Beweismaterial vernichtet.«
    »Ich hab’ gar nichts vernichtet. Ich wollte nur sehen, ob sie erstochen oder erschossen wurde.«
    »Was heißt hier ›erschossen oder erstochen wurde ‹? Die Frau hat sich selber umgebracht.«
    Anja stand auf. »Hören Sie, ich kenne sie besser, sie würde keinen Selbstmord begehen. Das hier war Mord.«
    Glombitza musterte die Fingerspitzen seiner ausgestreckten rechten Hand. »Ich denke, das zu beurteilen, sollten Sie lieber uns überlassen.« Mit mokantem Lächeln drehte er sich auf den Absätzen um. Frau Krause schluchzte jetzt nicht mehr, sondern murmelte in kurzen Abständen: »Daß so was passiert ist, nee, wie so was passieren konnte.«
    Zwei weitere Beamte – vermutlich von der Spurensicherung – hatten sich inzwischen darangemacht, das Zimmer zu durchforsten.
    »Schulze, nehmen Sie die Personalien von den Damen hier auf, und bestellen Sie beide für morgen zur Mordkommission.« Schulze ruckte sich stramm und zückte einen kleinen Notizblock.

    Anja war mittlerweile ans Fenster getreten und blickte müde durch den schmalen Spalt zwischen den Vorhängen hinaus. Sie ahnte: Diese Ignoranten hier würden nie zugeben, daß Rebecca wahrscheinlich ermordet worden war. Glombitzas schlecht verhohlenes Lächeln hatte nur zu deutlich verraten, daß die Affäre Schreiner/Lux für ihn eine glückliche Wendung genommen hatte. Eine unangenehme Frau bringt einen Philosophen um, die unangenehme Frau bringt sich selber um, der Fall ist erledigt. Anja mußte dringend mit Stammheimer sprechen.
    »Darf ich Sie in Ihrer Trauer einen Moment stören?«
    Anja zuckte leicht zusammen. »Was? Ach, lassen Sie mich doch in Ruhe!«
    Ein dreckiges Grinsen breitete sich über Schulzes Gesicht aus. »Tut mir leid, aber ich muß Ihre Personalien aufnehmen. Name?«
    Anja wollte jetzt nicht reden, am allerwenigsten mit diesem Hilfstrottel in Uniform. »Hier ist mein Personalausweis, schreiben Sie sich ab, was Sie brauchen.«
    Schulze kritzelte diensteifrig auf seinem Block herum, dann gab er Anja das Dokument zurück. »Kommen Sie morgen früh um neun in die Keithstraße.«
    Anja verließ ohne weiteren Kommentar das Arbeitszimmer, nachdem sie einen letzten Blick auf Rebecca geworfen hatte, an der sich Beamte mit langen weißen Gummihandschuhen zu schaffen machten. Sie wollte allein sein.
    Sie war bereits auf die kleine Treppe vor der Haustür getreten, als ihr plötzlich Vico einfiel, der im ganzen Trubel unbemerkt verschwunden war. Ein sie selbst irritierender Restinstinkt von Pietät sagte ihr, daß sie es Rebecca schuldig war, Vico zu sich zu nehmen.

    Der greise Neufundländer lag im Schlafzimmer. Als er Anja sah, begann er zu winseln.
    »Komm her, du weißt, ich mag dich nicht, aber Rebecca würde es auch noch das tote Herz brechen, wenn du ins Tierheim kämst. Vielleicht würdest du auch gleich eingeschläfert.«
    Vico schien zu verstehen, daß er keine andere Chance hatte, als Anja zu folgen. Etwas zittrig rappelte er sich auf und tappte hinter Anja her, die das Schlafzimmer bereits wieder verlassen hatte.
    Anja verspürte das dringende Bedürfnis, den Kopf in den Wind zu halten, bevor sie in die Stadt zurückfuhr. Der Wannsee lag nur einige hundert Meter von Rebeccas Haus entfernt. Vico trottete ihr willenlos nach, die Stirn in tiefe Trauerfalten gelegt. Sein kleines Hundehirn begriff, daß für ihn andere Zeiten angebrochen waren. Es begann zu dämmern. Gefolgt von

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