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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 2
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riesigen Harvester, den er sich immer mietete, hier gewesen war, die Bäume gefällt und dann direkt auf einen Sattelschlepper geladen hatte. Und wenn doch, dann hätte keiner genau gewusst, wo jetzt welche Parzelle endet oder anfängt oder wem überhaupt gehört, das wussten sie ja oft auch selber nicht!
    Aber Wennerscheid wusste es genau. Und er wusste ganz sicher, dass Menges es wusste, der hatte nämlich hier gar keinen Wald! Aber ständig trieb er sich in diesem Tal herum, das hatten schon einige beobachtet, und dann fehlte wieder der ein oder der andere Baum, einfach so, und an diesen Tagen saß er abends immer so besonders zufrieden in der Gaststätte, mit einem Lächeln, das so hinterlistig in den Augenwinkeln saß, dass der Menges kaum noch blinzeln konnte.
    Wahrscheinlich wussten es auch alle anderen, die machten ja gerne so Anspielungen wie: »Ich würde den Hermann-Josef ja nicht ständig bei mir im Wald rumlaufen lassen«, oder: »Guck dem doch mal in die Taschen, wenn der bei dir im Tal war.«
    Doch niemand sonst hatte das Problem, immer nur er, Tobias Wennerscheid. Doch ihm war klar, warum die Fehde zwischen den benachbarten Höfen bestand, denn sein Vater hatte damals dem Großvater vom Menges ein Stück Land verkauft, auf dem der Boden sauer war, und dann waren die Kühe krank geworden, vielleicht war es auch umgekehrt gewesen, irgendwie so, genau wusste er es jetzt doch nicht, aber irgendwann war da mal was gewesen. Oder die Großmutter von dem hatte mal was mit dem Bruder von dem Urgroßvater, irgendwas war doch immer los, weshalb man sich dann über die Straße anbrüllte. Schon als Kinder hatten sie sich gehasst, und der Menges hatte oft die Hucke vollgekriegt, wenn er dem Wennerscheid mal wieder auf die Nerven ging.
    Und jetzt das! Da war wohl mal wieder eine Abreibung fällig. Aber eine öffentliche! So ging das doch nicht weiter! Er war ja bald in der ganzen Gegend die Lachnummer, er hörte sie schon lästern: »Dem Wennerscheid haben sie schon wieder sechs Bäume geklaut! Sechs Stück! Hoffentlich klaut dem keiner die Unterhose, das würde der gar nicht merken!« Er atmete tief durch und kletterte auf seinen Traktor. Nachdenklich drückte er auf die Zündung und ließ den starken Motor einmal röhren. Dann legte er entschlossen die erste Fahrstufe ein und fuhr los.
    Sein Gemüt tuckerte im gleichen aufgeregten Brüllen wie der Diesel seines Schleppers, als er mit durchgetretenem Gaspedal die Einfahrt von Menges’ Hof nahm. Er bremste vor dem großen, sorgfältig gepflegten Wohnhaus, stellte den Motor ab und sprang aus dem Führerhaus. Stille umfing ihn. Er sah sich um. Nichts deutete in irgendeiner Weise darauf hin, dass hier etwas mit Holz stattgefunden hatte. Vor dem Stall hing eine tote Hirschkuh, die offensichtlich auf das Ausweiden wartete. Ein Traktor stand wie zufällig geparkt neben den Kreiselmähern, die in Kürze für den ersten Grasschnitt gebraucht wurden. Doch Holz? Gut, dass Wennerscheid wusste, wie sehr die unschuldige Szenerie täuschte.
    Er kannte sich aus. Mit schweren Tritten ging er um das Haus herum, wo er Menges auch tatsächlich fand – bei seinem heimlichen Hobby. Kaum einer wusste es, nur Wennerscheid; früher einmal, da hatte der Menges sich einmal verplappert, obwohl es eigentlich komplett unübersehbar war. Hermann-Josef Menges mochte es, nein, er liebte es, Holz zu stapeln. Überall auf seinem Land zogen sich schon die Stapel die Hügel hinauf und hinunter, quer dazwischen und schräg entlang, ordentlich aufgestapelte Scheite, vorne und hinten gesichert, damit nichts herunterrutschte und von einer Breite, dass man eine Kuh drin hätte versenken können, wenn das irgendeinen Sinn gehabt hätte.
    Doch Menges stapelte weiter. Holte sich einen Stamm aus dem nahen Forst, zerteilte ihn, spaltete und sägte und hackte und widmete sich ihm mit der Akribie eines Mikrochirurgen, nur mit etwas rustikalerem Werkzeug. Und dann fing er einen neuen Stapel an, ordnete, sortierte, richtete aus und ruckelte, um dann am Ende sein Werk mit einer Plane vor den Unbilden der Witterung zu schützen. Die Nachbarn fanden es schon manchmal etwas merkwürdig, wie viel Holz der Menges so als Vorrat bunkerte, vor allem, wo er doch eigentlich mit Öl heizte, aber mehr als ein paar neckende Worte fielen nie, schließlich war Menges nicht nur einer der Reichsten hier in der Gegend, mit denen man es sich nicht ohne Not verscherzte, sondern ein wirklich beliebter Zeitgenosse, der als fröhlich

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