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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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und gestand: »Nur ein Pseudonym, wie ich korrekterweise betonen muss.«
    Vor Angst wie gelähmt, rührte sich Koch nicht vom Fleck.
    »Warum ich mich dann überhaupt vorgestellt habe, wollen Sie wissen?«, erriet der Unbekannte Kochs Gedanken. »Ganz einfach, weil mir korrekte Umgangsformen am Herzen liegen.« Stolz auf seinen makaberen Scherz, grinste der Rothaarige über beide Backen. Wenig später war seine Heiterkeit jedoch verflogen. »Was meine Erklärung für diesen in der Tat höchst bedauerlichen Vorfall betrifft, Herr Gau­leiter – einstweilen nur so viel: Ich werde die polnischen Genossen glauben machen, der junge Kollege habe die Beherrschung verloren, sei mit gezückter Waffe auf Sie losgegangen. Schon gewusst, dass sein Heimatdorf von der SS ausgelöscht worden ist?«
    Der Angesprochene senkte den Kopf und schwieg.
    Nicht so der Unbekannte, der den Druck auf Kochs Stirn spürbar verstärkte. »Ein kurzes Gerangel, um einen Akt unzulässiger Selbstjustiz zu verhindern, ein Schuss – und schon hauchte mein heißblütiger Kollege sein Leben aus.« Der Fremde sah Koch Beifall heischend an. »Durchaus plausibel, oder?«
    »Was wollen Sie von mir?«
    Der Mann mit der Augenklappe brach in Gelächter aus. »Das Gleiche wie dieser bedauerliche Tropf da«, antwortete er und wies mit dem Kopf nach rechts, wo sich der Leichnam Guziks befand. Aus dem Schädel, den das Projektil mühelos durchschlagen hatte, sickerte immer noch Blut, die mit Hirnmasse und Knochensplittern vermischte Lache breitete sich rasend schnell aus.
    Nein, so etwas hatte Erich Koch, notorisch bekannter Massenmörder, wirklich noch nicht erlebt.
    Und würde es auch nicht mehr erleben.
    »Was ich von Ihnen will?«, knurrte der Unbekannte, drückte Koch mithilfe seiner Tokarew den Kopf in den Nacken und öffnete den Reißverschluss seiner Hose. »Meinen Sie das, was Sie gerade von sich gegeben haben, wirklich ernst?«
    »Ob Sie es mir nun glauben oder nicht, ich habe keine Ahnung, wo sich das Bernsteinzimmer …«
    »Verzeihung, Herr Reichsverteidigungskommissar –«, ließ der Rothaarige Koch erst gar nicht ausreden, während sich sein Urin über dessen Häftlingskleidung ergoss. »Aber das nehme ich Ihnen nicht ab.« Und brüllte ihn nach Verrichtung seiner Notdurft an: »Wo ist das verdammte Zimmer abgeblieben? Raus mit der Sprache!«
     

8
     
    Hyannis Port, Massachusetts / USA | 21.30 h Berliner Zeit
     
    Es war ein Nachmittag, wie er ihn liebte. Von jenseits des Nantucketsunds strich der Wind über die Dünen, und auf dem Meer, wo es von Segelbooten und Jachten nur so wimmelte, bildeten sich silberne Schaumkronen. Am wolkenlosen, zwischen azurblau und violett wechselnden Firmament erstrahlte die Sonne, nicht so heiß wie im Hochsommer, doch warm genug, damit er es sich auf der Veranda bequem machen konnte. Hier, nur einen Steinwurf vom smaragdfarbenen Atlantik entfernt, dessen Wellen im feinkörnigen Sand verebbten, ließ es sich leben, weit weg von Washington, das ihm stets aufs Neue wie eine Schlangengrube vorkam. An einem Tag wie heute, eingehüllt von dem Geruch nach Meersalz, Dünengras und Rhododendronblüten, gelang es ihm, sich vollends zu entspannen, und wenn er an die Schwierigkeiten dachte, in denen er steckte, hatte er das auch dringend nötig.
    Was er jetzt brauchte, war Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe. Und einen kühlen Kopf. Der braun gebrannte, mit Lackschuhen, dazu passender Stoffhose und einem weißen Tennis-Pullover mit V-Ausschnitt bekleidete Blondschopf jenseits der 30 schenkte sich einen Jim Beam ein, ließ einen Eiswürfel in sein Whiskeyglas fallen, hob das Glas zum Mund – und stellte es auf dem Verandageländer ab. Besser, so die blitzartige Erkenntnis, er ließ die Finger von diesem Zeug. Angesichts der Klemme, in der er steckte, brauchte er einen klaren Kopf. Einen klaren Kopf und kühlen Verstand. Sonst war er ein für alle Mal geliefert. Goodbye Villa, goodbye Segeljacht, goodbye Polo-Klub!, würde es dann heißen. Und das, vor allem das drohende Ende seiner Karriere, galt es zu verhindern.
    Um jeden Preis.
    Die sorgsam manikürte linke Hand auf das weiß gestrichene Geländer gestützt, warf der Herr über das größte Anwesen weit und breit einen Blick auf die sündhaft teure Rolex, die er bei Tiffany’s in New York erstanden hatte, und blickte mit nachdenklicher Miene auf den zusehends stürmischeren Atlantik hinaus. Um in Ruhe über alles nachdenken zu können, hatte er dem Personal seiner im

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