Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
hatte. »Probleme?«
    »Mehr als genug.«
    »Erzähl mir davon«, forderte ihn die Stimme seines Liebhabers auf, während dessen Hand durch seinen Haarschopf fuhr und ihm im Anschluss daran den Nacken massierte. »Dafür bin ich ja schließlich da.«

9
     
    Berlin-Tiergarten, Schloss Bellevue | 21.42 h
     
    Auf den ersten Blick sah der halb nackte Leichnam wie eine Figur aus dem Panoptikum aus. Der kahl rasierte und zugleich überproportional große Schädel wirkte seltsam deplatziert, nicht zuletzt aufgrund des aufgedunsenen, mit Algen und Schlingpflanzen drapierten Gesichts. An mehreren Stellen, insbesondere am Rücken, wies die Haut Abschürfungen auf, die aufgrund der hereinbrechenden Dunkelheit jedoch kaum zu erkennen waren. Ungleich größer und nicht zu übersehen waren allerdings die Bissspuren, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Wasserratte, vielleicht aber auch von einem Hecht oder Karpfen stammten. Im Augenblick des Todes jäh erstarrt, stierte das linke Auge des Toten zum Abendhimmel hinauf. Das rechte hingegen fehlte komplett, auch dies möglicherweise die Tat eines Spreefisches, der sich an der Leiche zu schaffen gemacht hatte.
    Alles in allem kein erfreulicher Anblick, für Heribert Peters, Gerichtsmediziner am Städtischen Krankenhaus Moabit, jedoch nichts Ungewöhnliches. Die anerkannte Kapazität mit Lehrstuhl an der FU Berlin, in Studentenkreisen unter dem Spitznamen ›Professor Blaffke‹ bekannt, erledigte ihre Arbeit mit der gewohnten Akribie. Ein Lied auf den Lippen, bei dem es sich um eine höchst eigenwillige Interpretation des Hans-Albers-Hits ›Goodbye Johnny‹ handelte, richtete sich der korpulente, nahezu kahlköpfige und sichtlich unter Bluthochdruck leidende Genussmensch aus Moabit auf, zog seine Handschuhe aus und legte eine Verschnaufpause ein. An deren Ende, das er bewusst hinauszögerte, ließ er sich schließlich herab, das Wort an Sydow zu richten: »Wurde aber auch Zeit!«, mäkelte Peters herum. »Wo, zum Teufel, hast du eigentlich gesteckt?«
    »Ich? Auf einer Geburtstagsfeier«, beichtete der Kriminalhauptkommissar verschämt. Die volle Wahrheit behielt er angesichts der Übellaunigkeit von Peters lieber für sich.
    So leicht ließ sich der versierte Gerichtsmediziner und Choleriker von hohen Gnaden jedoch nicht besänftigen. »Riecht man«, murrte Peters und sah Sydow missbilligend an. »Möchte wissen, wieso der Polizeipräsident ausgerechnet an dir einen Narren gefressen hat.«
    »Aufgrund meines Lebenswandels, weshalb denn sonst«, frotzelte Sydow, der genau wusste, wie er den langjährigen Freund und Kollegen zu nehmen hatte. »Keine Weiber, kein Glücksspiel und …«
    »… hin und wieder ein Glas Gin. Am besten Beefeater, als halber Brite gleichsam ein Muss für dich«, kanzelte der Vertreter der Spezies harte Schale, weicher Kern den mehr als einen Kopf größeren Hauptkommissar ab. Peters konnte einfach nicht anders, und Sydow nahm es ihm auch nicht krumm. Im Hinblick auf die Abgründe, mit denen der Gerichtsmediziner tagtäglich konfrontiert wurde, kam sein schroffes Gebaren weiß Gott nicht von ungefähr. »Wenn sich hier einer als Leitender aufdrängt, dann du.«
    »Verbindlichen Dank«, witzelte Sydow zurück, den Blick auf den Park von Schloss Bellevue gerichtet, hinter dem ein spärlich beleuchteter Promenadenweg vorbeiführte.
    In unmittelbarer Nähe, am Ufer der rasch dahinfließenden Spree, waren Naujocks und zwei weitere Kollegen von der Spurensicherung gerade dabei, mithilfe von Taschenlampen das Ufergestrüpp zu durchkämmen. Ob mit Erfolg, war angesichts der hereinbrechenden Dunkelheit und der schmalen Lichtkegel, welche die Laternen auf die Promenade warfen, mehr als fraglich.
    »In puncto Menschenkenntnis macht dir so leicht niemand etwas vor.«
    »Das will ich meinen«, brüstete sich Peters mit einer gehörigen Portion an Ironie. »Insbesondere was diejenigen Angehörigen der Gattung Homo sapiens maskulinum angeht, die keinerlei Lebenszeichen mehr von sich geben.«
    »Deinen Humor möchte ich haben«, bereitete Sydow den bissigen Kommentaren des Gerichtsmediziners ein abruptes Ende, näherte sich dem auf eine Plane gebetteten Leichnam und ging neben ihm in die Hocke. Im Umgang mit Toten, vor allem mit Leuten wie diesem armen Teufel da, hatte er bisweilen so seine Probleme, was den Kollegen, Peters mit eingeschlossen, im Verlauf der Jahre natürlich nicht verborgen geblieben war. Das abendliche Zwielicht, welches dem Anblick einen fast

Weitere Kostenlose Bücher