Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
Anziehungskraft er sich nur mit Mühe entziehen konnte, beinahe übertönt wurde. »Und das um diese Zeit?« Grant erstarrte und blickte stur geradeaus. Bis jetzt hatte er versucht, Ethan aus allem, was mit seinem Job zu tun hatte, herauszuhalten. Nicht immer mit Erfolg, aber wenigstens so, dass er sich keine Vorwürfe zu machen brauchte. »Geheime Reichssache«, witzelte er, ein weiterer kläglicher Versuch, nach außen hin gelassen und entspannt zu wirken. »Spätestens Donnerstagabend bin ich wieder da.« Und schloss mit den Worten: »Zur Feier des Tages wird uns Martha ein 1-A-Dinner auf den Tisch zaubern. Austern, Krimsekt und Kaviar. Hört sich gut an, oder?«
    »Übermorgen erst? Riecht nach Arbeit, wenn du mich fragst.«
    »Nach Arbeit und Unannehmlichkeiten in Hülle und Fülle«, wich Grant im Bewusstsein aus, bereits mehr als nötig ausgeplaudert zu haben.
    »Und wohin soll die Reise …«
    »Nach Berlin. So, jetzt muss ich wirklich los. Bis Donnerstag dann. Bye!«
    Ohne sich umzudrehen, ja, ohne den beträchtlich jüngeren, breitschultrigen und mit einem sündhaft teuren Morgenmantel aus Maulbeerseide bekleideten Modellathleten auch nur mit seinem Blick zu streifen, drückte Gregory Boynton Grant aufs Gas, wirbelte den Kiesbelag auf und raste auf das schmiedeeiserne Tor seines Landsitzes zu. Kurz darauf war er in der Dunkelheit verschwunden.
    Bei seinem Liebhaber, der sich behaglich in den mit Drachenmustern verzierten Morgenmantel schmiegte, hielt sich die Trauer über Grants überstürzte Abreise in Grenzen. Keineswegs irritiert, wandte sich der dunkelhaarige, tief gebräunte und mit samtweicher Stimme sprechende Adonis wieder dem Eingang zu, lächelte stillvergnügt vor sich hin und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
    Danach begab er sich ins Wohnzimmer und griff zum Telefonhörer.
    Auf die Idee, dass sein Liebhaber Russisch sprach, wäre der stellvertretende CIA-Direktor nie gekommen. Auch darauf nicht, dass der Mann, der sich Ethan O’Donnel nannte, ihn schmählich hintergehen, anschließend das Weite suchen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden würde. Kalt lächelnd und ohne Reue.
     

16
     
    Berlin-Zehlendorf, Waldfriedhof | 04.40 h
     
    »Sonst noch irgendwelche Hiobsbotschaften?«, stöhnte Tom Sydow, heilfroh, das Schreckensszenario der letzten beiden Stunden hinter sich zu haben. Zwischen den Wipfeln der Kiefern, Ebereschen und Birken, welche die Gräber ringsum flankierten, konnte man bereits die Morgendämmerung erahnen, und ein weiterer brütend heißer Tag kündigte sich an. Sydow unterdrückte ein Gähnen. Wenn er sich so umschaute, beschlich ihn das Gefühl, hier eine halbe Ewigkeit verbracht zu haben. Na ja, früher oder später würde jeder mal in der Versenkung verschwinden. Daran war nun mal nichts zu ändern. Blieb allerdings zu hoffen, dass sich das, was den sterblichen Überresten eines gewissen Hans-Hinrich von Oertzen widerfahren war, in Berlin so schnell nicht wiederholen würde.
    »Ein offenkundiger Fall von Raubmord«, konstatierte Eduard Krokowski, seit mehr als fünf Jahren sein Assistent, der den Anblick, auf den sie nach der Öffnung des Grabes gestoßen waren, wesentlich besser verdaut zu haben schien als er. »In Tateinheit mit dem Diebstahl eines Motorrades.«
    »Darauf kommt’s jetzt auch nicht mehr an«, murmelte Sydow mit schicksalsergebener Miene, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. »Wer weiß, vielleicht fliegt ja demnächst der Lange Lulatsch [27] in die Luft.«
    Der knapp 25 Jahre alte Kriminalassistent, Abstinenzler und zu allem Überfluss auch noch Nichtraucher, nahm Sydows Fatalismus mit unbewegter Miene auf, und da er dessen Hang zum Sarkasmus kannte, ging er einfach über die Bemerkung hinweg. Während der vergangenen fünf Jahre hatte der personifizierte Gegenpol seines Vorgesetzten so manches Bonmot zu hören bekommen, eins makabrer als das andere. Das Gute daran war, dass er in puncto schwarzer Humor durch nichts mehr zu erschüttern war. Auch dadurch nicht, dass sein Faible für karierte Jacketts, Umgangsformen à la Knigge und exzessive Paragrafenreiterei zur Zielscheibe für Sydows Frotzeleien geworden waren. »So schlimm wird es bestimmt nicht kommen, Herr …«
    »Tom, wenn es keine allzu große Mühe macht. Zum 100.000 Mal. Einfach Tom.«
    Krokowski, dessen verblüffende Ähnlichkeit mit Theo Lingen für nicht enden wollende Imitationsversuche seitens der übrigen Kripo-Beamten sorgte, deutete eine Verbeugung an.

Weitere Kostenlose Bücher