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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Geschehnisse sorgte dafür, dass Sydow jäh verstummte. »Aber aus welchem Grund?«
    »Genau das ist des Pudels Kern«, murmelte Peters, drückte Sydow die Kugel in die Hand und verschloss den Sarg. Danach richtete er sich mühevoll auf. »Made in the USSR«, fügte er mit Blick auf Sydow an, der das Geschoss von allen Seiten begutachtete. »Vermutlich aus einer Tokarew.«
    Jetzt fängt der auch noch an!, seufzte Sydow innerlich als erklärter Gegner eines mit Amerikanismen durchsetzten Idioms. »Wenn du mich fragst, ergibt das Ganze überhaupt keinen Sinn.«
    » Noch nicht, mein lieber Tom«, warf Peters ohne Rücksicht auf Sydows ratlose Miene ein. »Sä opera ain’t over until sä fat lady sings.«
    »Oder der beleibte Heldentenor«, grollte Sydow mit Blick auf den voluminösen Rumpf des Gerichtsmediziners, der seine gezielte Provokation sichtlich genoss. »Dessen Aussprache im Übrigen stark zu wünschen übrig lässt.«
    »Da haben wir’s wieder mal – Undank ist der Welt Lohn!«, tönte Peters, ein Schmunzeln im Gesicht, das ebenso schnell wieder verschwand, wie es gekommen war. »Weißt du was, Tom?«, fragte er mit betretener Miene. »Ich befürchte, dass uns das Frotzeln in nicht allzu ferner Zukunft endgültig vergehen wird.«
    »Und wieso?«, fragte Sydow, dem der abrupte Stimmungsumschwung seines Freundes überhaupt nicht gefiel. »Komm schon, Heribert, spuck’s …«
    »Weil die Tätowierung unter seinem maroden linken Arm beweist, dass Hans-Hinrich von Oertzen ebenfalls SS-Mitglied war«, flüsterte Peters, zog seine Handschuhe aus und schleuderte sie ins Gras. »Noch Fragen, Herr Kriminalhauptkommissar?«

17
     
    Sotschi, Region Krasnodar / UdSSR | 05.20 h Berliner Zeit
     
    Nein, auf ukrainische Edelhuren ließ er nichts kommen. Unter gar keinen Umständen. Diese Natalja da neben ihm war das beste Beispiel dafür. Blonder Pferdeschwanz, Unschuldsblick und üppige Proportionen. Der 19-jährige Wildfang war sein Geld wert gewesen, jeden einzelnen Rubel.
    Besuchow öffnete die Augen, schlug die Decke zurück und machte Anstalten, aus dem hoffnungslos zerwühlten Prunkbett zu kriechen. Das war schwieriger als gedacht, wieder einmal war der Wodka daran schuld. Nur vom Feinsten, keine Frage, nicht der billige Fusel, mit dem sich das Sowjetvolk über den tristen Alltag hinwegtröstete. An seinem Brummschädel, in dem es brodelte wie in einem Hochofen, änderte dies aber nichts. Der machte ihm gewaltig zu schaffen, weit mehr, als ihm unter den gegebenen Umständen lieb war.
    Nach mehreren Versuchen, bei denen er sich beinahe übergeben musste, hatte er es schließlich geschafft. Valentin Sergejewitsch Besuchow saß auf der Bettkante, genauer gesagt, er klammerte sich an ihr fest. Durch die Fensterläden seiner Luxussuite fluteten die ersten Sonnenstrahlen, und da er heute viel vorhatte, stemmte er die 120 Kilo, welche über seinen Körper mittlerer Größe verteilt waren, laut ächzend in die Höhe, schlurfte zum Fenster und riss die Läden auf.
    Es war ein einzigartiges Panorama, welches sich ihm vom Balkon aus bot, mit nichts auf der Welt zu vergleichen. Das Schwarze Meer funkelte wie geschmolzene Silberbarren, von einer Helligkeit, dass ihm die Augen wehtaten. Bis auf eine Flottille von Fischerbooten, die sich in der unendlichen Weite verlor, gab es nichts, was das morgendliche Idyll trübte, keine Wolke, kein Motorengeräusch – nichts. Auf der Uferpromenade, wo Palmen, Bananensträucher und Zitrusbäume in Hülle und Fülle gediehen, herrschte gähnende Leere, kein Vergleich zum gestrigen Abend, an dem es von Flaneuren, Straßenmusikanten und amüsierwilligen Damen nur so gewimmelt hatte.
    Überhaupt – die Damen. Mit denen war es bekanntlich so eine Sache. Die Hände auf dem schmiedeeisernen Geländer, schloss Besuchow die Augen und genoss die Sonnenstrahlen, die sein pockennarbiges, von einem Paar abstehender Ohren flankiertes Ganovengesicht erwärmten. Die Frauen konnte er sich nur dank der üppig sprudelnden Quellen leisten, aus denen er seinen unermesslichen Reichtum schöpfte. Bei einer Nutte wie Natalja wäre sonst nichts zu machen gewesen. Ebenso wenig wie bei den meisten ihrer Kolleginnen. Valentin Besuchow lachte verächtlich auf. Er war beileibe kein schöner Mann, aber das kümmerte ihn kaum. Er war glatzköpfig, dickbäuchig und hatte eine Körperbehaarung wie ein Faun. Und er trank entschieden zu viel. Na, wenn schon, dachte er, während sich seine Augen allmählich an die Helligkeit

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