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Bernstein Verschwörung

Bernstein Verschwörung

Titel: Bernstein Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Klausur
schreibe.« Zögernd trat die junge Frau ein. Ulbricht
blickte von seinem Einsatztagebuch, das er gerade schrieb, auf. Er
hasste die lästige Bürokratie, doch das Einsatztagebuch
war unumgänglich und hatte sich auch in der Vergangenheit
schon mehrfach bewährt, das musste er sich eingestehen. Die
Zigarette im Aschenbecher war zu einer kümmerlichen
Aschestange heruntergebrannt und längst erkaltet. Viel tun
konnte er augenblicklich nicht, und das Stochern im Nebel begann
ihn zu nerven. Geduld war nicht seine Stärke, und noch in der
Nacht war die aufgefundene Patronenhülse spurentechnisch auf
Fingerabdrücke und DNA untersucht worden. Ergebnislos, wie
sich nach einem Abgleich mit den vorhandenen Datenbanken
herausgestellt hatte. Spezialisten aus Ulbrichts Team hatten das
Kaliber und den Hersteller bestimmt und hofften nun auf Hinweise
zum Typ der Waffe, mit der geschossen worden war. Im Moment befand
sich die Hülse auf dem Weg zum Bundeskriminalamt nach
Wiesbaden, wo sie in der zentralen Tatort-Munitionssammlung
katalogisiert und verglichen wurde. Es mochte unter Umständen
noch ein paar Tage dauern, bis die Kollegen vom BKA etwas zur Waffe
sagen konnten. Das setzte jedoch voraus, dass die Waffe schon
einmal in Erscheinung getreten war. Wenn nicht, ging die Suche im
Heuhaufen weiter.
    Norbert Ulbricht
speicherte die Datei ab, in der er gearbeitet hatte, dann bat er
die Frau näher und deutete auf einen der beiden wackligen
Holzstühle vor seinem Schreibtisch.
    Diese jungen Dinger
geizten wahrlich nicht mit ihren Reizen, stellte er fest,
während er sich dabei erwischte, auf den Ansatz ihrer vollen
Brüste zu schielen. Er lehnte sich in seinem Stuhl
zurück. Sie trug dezentes Make-up und ein winzig kleines
Piercing. Ansonsten war Mirja Blum ein hübsches
Mädchen.          
    »Sie sind Mirja
Blum?«, schlussfolgerte er und betrachtete die Besucherin
neugierig. Ulbricht schätzte sie auf Anfang zwanzig. Sie hatte
langes, schwarzes Haar, war schlank und trug zur figurbetonten
Jeans ein Shirt mit einem für seinen Geschmack etwas zu weiten
Ausschnitt. »Ja, die bin ich.« Sie nahm Platz und
schlug die Beine übereinander. Die Collegetasche stellte sie
neben ihren Stuhl auf den Boden. »Und ich vermisse meinen
Freund, Alexander Koljenko.« Sie rang mit den feingliedrigen
Händen.
    Ulbrichts Blick blieb
auf ihrem dunklen Nagellack haften. Ihm blieb nicht verborgen, dass
sie sich unwohl in ihrer Haut fühlte, was sie mit vielen
Besuchern in seinem Büro gemeinsam hatte. Sekundenlang
schwiegen sie sich an, und nur der Straßenlärm der
Friedrich-Engels-Allee drang durch das einen Spaltbreit
geöffnete Fenster herauf. »Sie vermissen Ihren
Freund«, brach Ulbricht schließlich das
Schweigen.   
    Seine Besucherin
nickte. »Seit gestern Abend.« Mirja Blum starrte einen
imaginären Punkt in Ulbrichts Rücken an.
»Können Sie mir den Grund verraten, weshalb Ihre
Kollegen mich zur Mordkommission schicken?«
    Ulbricht
räusperte sich. In den vielen Dienstjahren hatte er sich immer
noch nicht daran gewöhnen können, Menschen vom Tod eines
Angehörigen zu unterrichten. Und wenn das Foto von Mirja Blums
Freund mit dem Bild, das die drei Rapper vom Zeichner hatten
anfertigen lassen, übereinstimmte, dann sah es schlecht
für Mirja Blum aus. Der Kommissar sehnte sich nach einer
Zigarette, doch er fand es unpassend, in einem solchen Moment
seiner Nikotinsucht nachzugeben.
    Noch einmal
räusperte er sich, griff nach einem Kugelschreiber und
tackerte mit der Mine. »Wir hatten einen etwas seltsamen
Vorfall gestern Abend. Jemand hat angeblich einen Mord beobachtet,
und während er die Polizei ruft, lässt der vermeintliche
Mörder die Leiche verschwinden.« Ulbricht warf den Stift
auf die Unterlage zurück und blätterte in der Mappe, die
Heinrichs ihm zusammengestellt hatte. Darin enthalten waren alle
gesammelten Daten und das Protokoll der Rapper rund um Daniel
Mehrmann. Ulbricht fand die Stelle, in der Mirja Blums Anruf in der
Notrufzentrale dokumentiert war. Sie hatte am Morgen angerufen, wie
Heinrichs berichtet hatte. Der Name des Vermissten lautete
Alexander Koljenko, 21 Jahre. Stichwortartig hatte man eine
optische Beschreibung Koljenkos angefügt. »Und jetzt
haben Sie einen Mordfall ohne Leiche?« Ulbricht nickte
stumm.
    »Blöd so
was, ich dachte, das gibt es nur im Fernsehen.«
    »Leider
nicht.« Ulbricht hatte in der Mappe die Phantomzeichnung
gefunden, klemmte seinen Daumen in die Mappe und klappte

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