Bernstein Verschwörung
den
Zuständigkeitsbereich von Kommissar Verdammt fällt. Und
offen gestanden habe ich keine große Lust darauf, mit ihm
aneinanderzugeraten.«
»Dann sprich mit
seinem Assistenten, diesem Heinrichs. Er ist ein Spinner, aber er
wird sicherlich ein offenes Ohr für dich haben, wenn er mit
dem Hinweis bei seinem Chef punkten kann.«
»Er ist ein
aalglatter Typ, und ich mag ihn nicht besonders, wie du
weißt.«
»Stefan
…« Heike rüttelte an seinem Unterarm. Sie konnte
nicht glauben, wie gleichgültig Stefan mit dem Hinweis auf
einen möglichen Mord umging. »Das musst du ernst nehmen,
oder könntest du mit dem Vorwurf, von einer Morddrohung
gewusst zu haben, umgehen?«
»Wahrscheinlich
nicht.« Stefan senkte den Blick und betrachtete den Boden.
»Also gut«, sein Kopf ruckte hoch. »Ich werde
gleich nach der Sendung ins Präsidium fahren und die Karten
auf den Tisch legen, auch wenn sie mich für einen Spinner
halten werden.«
»Unsinn. Sie
werden dem Hinweis nachgehen und dir dankbar sein.« Heike
blickte sich um und versicherte sich davon, dass sie
außerhalb der Hörweite ihrer Kollegen saßen.
»Also«, raunte sie. »Wer hat dir den Tipp
gegeben?«
»Kalla.«
Damit hatte Heike am
allerwenigsten gerechnet. Der Taxifahrer aus Passion war ein Freund
der beiden. Karl-Heinz Weinberger, so sein bürgerlicher Name,
hatte Augen und Ohren immer dort, wo in der Stadt etwas geschah.
Kalla war Anfang fünfzig und besaß eine üppige
Leibesfülle, die, wenn er im Auto saß, bis zum Lenkrad
reichte. Früher hatte er mit einigen Kollegen eine
Bürgerfunksendung auf der Wupperwelle moderiert, die den
sinnigen Namen Radio Taxidrive getragen hatte. Nachdem die
nordrheinwestfälischen Privatsender den Bürgerfunkgruppen
immer mehr den Hahn zugedreht hatten, war auch Radio Taxidrive in
der Versenkung verschwunden. Mehr zufällig waren sie sich vor
einiger Zeit über den Weg gelaufen - das heißt,
zufällig war Heike in ein Taxi gestiegen, das Kalla gefahren
hatte. Und so hatte er ihr und Stefan prompt bei den Recherchen in
einem Fall geholfen. Damals war es um korrupte Mediziner gegangen,
die sich von Pharmariesen bestechen ließen, um ahnungslose
Patienten als Versuchskaninchen zu missbrauchen. Für
Zusatzhonorare hatten einige Arzte neue Präparate an ihnen
getestet, die noch keine amtliche Zulassung hatten. »Kalla
weiß alles«, murmelte Stefan nun und grinste matt.
»Aber weil ich weiß, dass dir das nicht an
Informationen genügen wird, sollst du jetzt den Rest auch noch
erfahren. Kalla ist mit dem Chauffeur des OB befreundet.
Die beiden kennen sich
aus ihrer Schulzeit, die sie auf dem Rott erlebt haben. Als die
beiden sich kürzlich zu einem Feierabendbier trafen, hat der
Fahrer Kalla davon berichtet, dass der Oberbürgermeister
bedroht wird.«
»Und woher
weiß sein Chauffeur davon?« Heikes Augen wurden
groß.
Schulterzucken.
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich hat Alt im Auto telefoniert,
und Kallas alter Kumpel hat die eine Hälfte des
Gespräches mitgehört und sich die andere Hälfte
dazugereimt.«
Heike schürzte
die Lippen. »Die Geschichte steht auf sehr wackligen
Beinen.«
»Das sag ich
doch die ganze Zeit.« Stefan klopfte sich auf die Schenkel,
leerte seinen Kaffee und erhob sich. »Also, ich finde, das
sollten wir nicht überbewerten. Möglicherweise hat der
Fahrer des OB einfach was in den falschen Hals
gekriegt.«
»Immerhin hat er
Angst um seinen Chef«, überlegte Heike. »Sonst
hätte er es Kalla wohl kaum anvertraut.«
»Und nun sollen
wir der Sache nachgehen?« Heike stand auch auf. Sie hatte
gleich einen Termin. Drei junge Musiker hatten sich zu einem
Studiotermin angekündigt, und sie musste noch recherchieren
und das Interview vorbereiten. Sie hasste es, unvorbereitet in ein
Gespräch zu gehen.
»Natürlich
sollten wir an der Sache dranbleiben. Wie gesagt, stell dir vor,
Johannes Alt wird Opfer eines Anschlags - und wir wussten davon
oder hätten es vielleicht sogar verhindern können.«
Sie schüttelte den blonden Kopf. »Ich glaube, ich
würde im Leben nicht mehr froh werden.«
»Vielleicht hast
du recht.« Stefan seufzte und strich ihr eine widerspenstige Strähne
aus dem Haar. Er lächelte sie verliebt an. »Und nun
komm.« Er deutete mit dem Kinn auf die Kollegen an den
Monitoren. »Sonst denken die noch, wie hätten was
miteinander.«
»Die spinnen
doch«, lachte Heike.
10.05 Uhr,
Polizeipräsidium
»Ich habe leider
nicht viel Zeit, weil ich gleich eine wichtige
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