Bernstein Verschwörung
darüber, dass er sich seinen Namen nicht merken konnte.
»Die Todesursache ist eindeutig«, bemerkte der
Mediziner. »Ein Schuss, abgegeben aus nächster
Nähe, keine fünf Meter Abstand, schätze ich.
Ziemlich gerader Einschusswinkel, soweit ich das jetzt beurteilen
kann, in die Stirn. Die Abschürfungen am Hinterkopf und die im
Rückenbereich verschlissene Kleidung deuten darauf hin, dass
der Mann unsanft vom Tatort fortgeschliffen wurde. Ich habe auch
Druckspuren an Fuß- und Handgelenken gefunden, den Stellen,
an denen man ihn gepackt haben könnte, um ihn
wegzuschleppen.«
»Wir hatten
Schleifspuren im Bunker«, erwiderte Ulbricht und griff zur
Zigarettenpackung. »Das würde also passen.« Als er
sich die Zigarette angezündet hatte und den ersten Zug nahm,
spürte er das Kratzen in der Lunge. Er hustete und wusste,
dass er zu viel rauchte. Würde er es in diesem Leben noch
einmal schaffen, sich das verdammte Rauchen abzugewöhnen? Er
nahm keine Rücksicht auf seine Gesundheit, und sobald er am
Anfang eines neuen Falls stand, rauchte er doppelt so viel wie
sonst. »Kann man schon etwas zum Todeszeitpunkt
sagen?«
»Wie immer kann
ich zum jetzigen Zeitpunkt nur grob schätzen«, erwiderte
der Arzt. »Um die vierzehn Stunden, plus minus zwei
Stunden.«
»Hm.«
Ulbricht paffte den Rauch in den Himmel. »Gibt es ein
markantes körperliches Merkmal? Ich möchte den
Angehörigen die Identifikation des Toten
ersparen.«
»Noch nicht,
kein Schmuck, keine Uhr, nichts. Aber ich werde mich melden, sobald
wir ihn auf dem Seziertisch haben.«
»Danke.«
Ulbricht wandte sich ab und suchte Heinrichs auf, der mit dem Handy
am Ohr auf und ab lief. Sechs Schritte, Wendung, sechs Schritte.
Dabei stierte er immer wieder ins Nichts und gestikulierte wild.
Dann unterbrach er die Verbindung und steckte das Telefon weg.
»So«, sagte er.
»Wer so sagt,
ist noch lange nicht fertig«, konterte Ulbricht.
»Die
Hundertschaft der Bereitschaftspolizei ist auf dem Weg - wir hatten
Glück, sie kommen von Lichtscheid, das spart Zeit. Und die
Leichenspürhunde sind auch angefordert. Das kann aber dauern,
sie kommen aus Stuckenbrock bei Bielefeld.«
»Das hört
sich an wie bei Wilsberg.«
»Wie
bitte?« Heinrichs blickte ihn verwirrt an.
»Ach nichts,
vergessen Sie's.«
»Moment mal,
habe ich richtig gehört?« Klaus Hoppstedt hatte sich mit
großen Schritten genähert. »Sie warten auf
Spürhunde aus Bielefeld?«
»Richtig.«
Heinrichs nickte. »Was haben Sie vor?«
»Wir werden den
Müllbunker durchsuchen müssen. Mit einer Hundertschaft
und mit Spürhunden.«
»Das dauert ja
eine Ewigkeit«, entfuhr es Hoppstedt. »Wissen Sie, was
mich das kostet?«
»Tut mir
leid«, mischte sich Ulbricht nun ein. »Gibt es denn gar
nichts, was wir tun können?«
»Doch —
Sie können mir die Aufnahmen Ihrer Videoüberwachung
zeigen. Ich werde die ein- und ausfahrenden Fahrzeugkennzeichen
mitschreiben und eine Liste erstellen
lassen.«
Brauhaus, 13.15
Uhr
Sie hatten einen
freien Tisch unter einer alten Kastanie im Biergarten des
Wuppertaler Brauhauses ergattert. Fünf Minuten, nachdem Heike
und Stefan sich gesetzt hatten, erschien Kalla auf der
Bildfläche. Sein Taxi stand auf dem Parkplatz hinter dem
Barmer Rathaus. Mit gemächlichen Schritten näherte er
sich den Freunden, trommelte zum Gruß auf den Tisch, als
würde er eine zehn Mann starke Runde begrüßen, und
ließ sich mit einem schweren Seufzer nieder. Wie immer trug
er über seinem Make love — no war-T-Shirt seine speckige
Weste. »Mann ist das 'ne Hitze«, brummte er und tupfte
sich die Stirn mit einem Taschentuch ab. »Bin froh, dass ich
in meiner Kutsche 'ne Klimaanlage
hab.«
Nachdem die Kellnerin
die Getränke auf den Tisch gestellt hatte und Stefan sich mit
einer Portion Brauhausfritten samt Aioli vergnügte, tauschten
Heike und Kalla Belanglosigkeiten aus. Kalla beschwerte sich
über die steigenden Dieselpreise und die immer kürzer
werdenden Touren, die er mit seinem geliebten Taxi unternahm, und
Heike berichtete ihm von den neuesten Zuhörerprognosen, die
Michael Eckhardt an den Rand des Wahnsinns brachten. »So,
genug der Nettigkeiten«, mischte sich Stefan
schließlich mit vollem Mund ein. »Du hast eine
heiße Geschichte für uns?« Er wischte sich den
Mund mit der grünen Papierserviette ab und spülte mit
einem Schluck Wupper Hell nach. Entgegen seines guten Vorsatzes
hatte er sich für ein kleines Bier entschieden. Das
gehörte
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