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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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zurück zum Feuer.
    Tarawassie wartete, die Leuchtkugel in der Hand, ihr Führer lehnte sich an sie, wärmte ihr den Rücken. Die Minuten verstrichen, bis eine Gruppe von Eingeborenen erschien, die sie argwöhnisch beäugten. Eine kleinere Gruppe von Männern, angeführt von Schneller Springer, löste sich aus der Menge, um zwischen ihr und Mondschatten Aufstellung zu nehmen. Sie führten laut zwitschernd private Unterhaltungen miteinander, bei den meisten zeigte das Fell, wie sie erkennen konnte, bereits eine leichte Schwarzverfärbung – ältere Männer. Und gleichzeitig solche, das wußte sie aus Mondschattens Erinnerungen, die bei dem Vereinigungsvorgang die meisten Einzelheiten aus dem Geist des anderen entnehmen konnten und die das absorbierte Gedankengut ebenso rasch an andere weiterzugeben in der Lage waren, geeignet zur raschen Verbreitung wichtiger Nachrichten.
    Mondschatten sah Tarawassie nicht, vertraute auf ihre Gegenwart, versunken im Anblick seines Volkes und der Notwendigkeit, das Vereinigungsritual zu vollziehen. Von Zeit zu Zeit fühlte Tarawassie die streifenden Blicke der anderen, die sie musterten, und hörte ihre angeregte Unterhaltung. Zuletzt bildete die auserwählte Gruppe eine Kette, jeder einzelne plazierte seine Hand vorsichtig im Beutel des anderen, bis Schneller Springer langsam, als täte er etwas Unreines, den Kontakt mit Mondschatten herstellte.
    Ein Murmeln ging durch die Menge. Mondschatten schloß die Augen, sein Gesicht entspannte sich.
    Die Menge verstummte. Tarawassie näherte die Leuchtkugel ihrem Körper, fühlte die schwache Wärme, die von ihr ausging, fühlte die Hitze des Feuers im Rücken und die kalte Luft, die in ihrem Kopf brannte – sie versuchte sich das heiße Kribbeln vorzustellen, das die Arme der Männer entlangkroch. An ihrer Seite züngelten die Flammen wie die elektrisierende Präsenz eines fremden Geistes in ihrem Verstand, wie die Feindschaft, die zwischen zwei Menschen, die sich zutiefst hassen, steht. Sie versuchte sich vorzustellen, was sich wohl in den Köpfen von Schneller Springer und den anderen in diesem Moment tat – eine strahlende, quälende Vorstellung menschlicher Macht, die geheimnisvolle Macht der Sternenquelle, die selbst, wie ein Geist davongeweht zu fernen Welten, das Geheimnis der Wirklichen Menschen mit sich tragend, die Möglichkeit einer Zukunft, in der die Eingeborenen den Wert ihrer Fähigkeiten erkannt hatten und den Menschen gleichgestellt waren, die ihnen all ihr Wissen überließen …
    „Böse …!“ Schneller Springer riß sich von Mondschatten los, dem schwächsten Glied in der Hoffnungskette. „Böse Geister aus einem bösen Verstand dringen in mich ein!“ Die anderen, die mit ihm verbunden waren, standen verunsichert, als wären sie selbst geschlagen worden, als er mit seinem langen Stab auf Mondschatten zeigte. „Böse!“
    Mondschatten öffnete den Mund, doch kein Schrei entrang sich seinen Lippen, ein tiefenttäuschter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht.
    „Dieser Bösartige zeigte Sternenmenschen, gab ihnen Macht über sich. Er zeigt uns Lügen, verbirgt Wahrheit. Sehr böse! Ich sage es euch allen, sehr böse …“
    Ängstlich und nicht verstehend beugte Tarawassie sich nach vorn. Ihre Hände umklammerten den Speer, der vor ihr in der Erde steckte, als Mondschatten, vom Stab des Schnellen Springers getrieben, zurückwich.
    „Du besiegst mich nicht!“ Halb Verneinung, halb Einspruch. Ohnmächtig schüttelte Mondschatten den Kopf.
    Schneller Springer gestikulierte mit seinem Schwanz, woraufhin zwei Männer aus der Menge vortraten und Mondschatten zwischen sich festhielten, ihre Schwänze umklammerten seine Beine, fesselten ihn unerbittlich.
    „Mondschatten!“ rief Tarawassie verzweifelt aus, doch er hörte sie nicht, seine Zähne wurden sichtbar, eine Grimasse der Furcht, sein Nackenhaar sträubte sich. Sein Blick galt nur Schneller Springer, der sich auf ihn zubewegte. Einer der Männer ergriff Mondschattens Hand und reichte sie Schneller Springer, der sie in seinen Beutel schob. Schneller Springer plazierte die seine in Mondschattens Beutel. Die Alten formierten ihre Kette neu, wobei der nächste seine Hand ebenfalls in Mondschattens Beutel verschwinden ließ.
    Mondschatten erstarrte in einer Qual, die sie sich nicht erklären konnte. Ein dünnes Wimmern, keiner physischen Pein entsprungen, entrang sich seiner Kehle, ein Flüstern ging in der Menge um. Warum ließ er zu, daß sie ihm so etwas

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