Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

in den Computer ein und sah zu, wie die Kolonnen auf den Schirmen sich veränderten und zu blinken begannen.
    „Was machen Sie hier?“
    Er fuhr schuldbewußt herum, hielt sich dabei aber an der Konsole fest, und sah die Pilotin im Schacht emporkommen. „Ich glaube, einer der Treibstofftanks des Landemoduls wird überhitzt, vielleicht sollte man die Sonnenblenden nachjustieren …“
    „Verschwinden Sie von hier! Ich sagte Ihnen doch, daß der Zutritt zum Kontrollraum verboten ist! Was haben Sie getan …“ Sie stieß sich vom Geländer des Schachtes ab und schwebte zur Konsole. „Von allen dummen …“ Ihre Augen betrachteten die blinkenden Zahlen auf den Schirmen, dann wieder die Konsole. Ihre Hand tippte fragend, erhielt dieselbe Antwort. „Sie haben recht.“ Sie sah ihn an, als hätte sie ihn noch niemals zuvor gesehen. „Woher konnten Sie das wissen?“
    „Medienmänner wissen alles.“ Er sah, wie sich ihre Miene wieder zurückverwandelte. „Nun … eigentlich bin ich als Pilot qualifiziert.“
    „Sie?“ Sie blinzelte. „Ich wußte nicht …“
    „Komisch. Dasselbe dachte ich von Frauen.“
    Sie wandte sich zur Konsole. Er sah, wie sie die Sonnenblende nachjustierte. „Normalerweise passieren mir solche Fehler nicht“, sagte sie sehr sanft und leise. „Aber ich war nicht so oft hier oben, wie ich es hätte sein sollen … ich will nicht, daß er mir in die Quere kommt.“
    „Siamang?“
    Sie nickte, sah ihn aber dabei nicht an, und ihr sanft geschwungener Mund wurde kantig.
    „Ja.“ Er zuckte die Achseln. „Er ist nicht gerade das, was man liebenswert nennt, was?“ Aber glaub’ mir, ich habe schon üblere Typen kennengelernt …
    „Er ist ein Sadist!“ Ihre Stimme zitterte.
    Dartagnan spürte den Kloß in seiner Kehle, schluckte. „Was meinen Sie damit? Sie meinen, er …“
    „Nein. Nein, dafür ist er zu ‚zivilisiert’. Er ist ein psychologischer Sadist. Wenn er in Gesellschaft seines Vaters ist, in der anderer Gesellschaftsmitarbeiter, dann ist er charmant, nett, normal . Aber wenn er jemanden nicht respektiert … dann ist er …“ Sie verstummte und suchte nach dem passenden Wort. „Er …“
    „Er ‚spöttelt’.“ Chaim nickte. „Wenn Sie mir Ihre Wunden zeigen, zeige ich Ihnen meine.“ Er zögerte. „Warum tun Sie das dann überhaupt?“
    „Meine Arbeit gefällt mir! Er … reist nicht viel.“
    Er hörte unten ein Geräusch, sein Lächeln wurde boshaft und breit, als er zum Schacht sah. „Alles Achtung.“
    Siamang erschien und nagelte sie mit seinem Blick fest, während er sich den Schacht hochschwang. „Hier sind Sie also …“ Zu kollegial. Er hielt eine Trinkkugel in der Hand und sog an dem Halm.
    „Hallo, Boß.“ Dartagnan verbeugte sich. „Wir sprachen gerade darüber, was für eine Freude es ist, für Siamang und Söhne zu arbeiten.“
    Siamang lachte ungläubig. „Ich dachte, unsere Zusammenkünfte müßten sich auf die unteren Etagen beschränken.“
    „Ich habe gerade ein paar Schnappschüsse von den Sternchen gemacht, ein bißchen Kunst zwischendurch, wobei mir die Pilotin zur Hand ging …“ Er hob entschuldigend die Hände.
    „Er wollte gerade gehen“, sagte Mythili mit spröder Stimme.
    „Gut. Wir wollen doch die Regeln nicht brechen, nicht wahr, Red?“ Siamang stellte seine Trinkkugel in der Luft ab, und Dartagnan sah, wie sie langsam zum kalten Metall des Fußbodens schwebte. „Zeit fürs Nachfüllen.“ Er sank wie die Kugel, verschwand im Schacht. Seine Tür öffnete, schloß sich.
    „Sie geben immer nach, was, Dartagnan? Sie lügen immer.“
    Dartagnan betrachtete das starre Gesicht der Pilotin, spürte ihre Verachtung, dann betrachtete er seine Hände, deren Handflächen immer noch nach außen gekehrt waren. Er zog sie, plötzlich beschämt, an die Seiten und preßte sie gegen seinen schmerzenden Magen. „Ja.“ Er wischte sich die Hände an seiner Jacke ab. „Ich liege immer flach auf dem Rücken, während das ganze Universum an meiner Integrität zweifelt.“ Er trat in den Schacht hinab.
    Mythili Fukinuki klammerte sich an der Decke fest, um nicht in den Schlafsaal hinabzuschweben. Dartagnan sah überrascht auf.
    „Macht es Ihnen was aus?“
    „Nein, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“ Er entfernte seine Kamera von der Koje. „Fühlen Sie sich wie zu Hause. Ich bin harmlos.“
    Sie schwebte herab, beugte etwas die Knie, als sie auf dem Boden ankam, stabilisierte sich. Ihr kurzes, schimmerndes Haar wiegte sich ein wenig