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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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Einschätzungen befragt. 15 Vermutlich war es der Stiftung im Nachhinein ganz recht, dass die Arbeit nicht sonderlich wahrgenommen wurde. Immerhin wurde sie dadurch nie Gegenstand der Kritik. Niemand fragte, wieso und wie viel die Allgemeinheit vier Jahre dafür gezahlt hat, dass der Berater einer Unternehmensstiftung den Bundespräsidenten begleitet hat. Der Allgemeinheit hat Jochums Arbeit nicht viel gebracht, aber für die Bertelsmann Stiftung hat sie ihren Zweck erfüllt. Sie hat ihre Stellung im Bundespräsidialamt gefestigt. So wie Roman Herzog die Festrede zum 75. Geburtstag von Reinhard Mohn gehalten hatte, so würde Herzogs Nachfolger Johannes Rau die Festrede zum 25-jährigen Bestehen der Bertelsmann Stiftung halten.
    Es liegt nahe, dass die Unterrichtung der Öffentlichkeit nie im Mittelpunkt der Forschung stand. Tatsächlich galt es, Einblick zu erhalten und Herzog im Sinne der Arbeit der Stiftung zu beeinflussen. Nicht, dass Herzog für plumpe Manipulationen empfänglich gewesen wäre, versichert sein Staatssekretär Staudacher. Doch es ist unvermeidlich, dass jemand, der über einen so langen Zeitraum Einsicht und Einfluss auf die maßgeblichen Leute hat, seine Interessen (oder die seines Auftraggebers) einbringen kann. Hat die Bertelsmann Stiftung den höchsten deutschen Politiker gekauft? Nein, aber die Bertelsmann Stiftung hat etwas anderes geschafft: Sie hat sich Zugang erkauft (und zwar auch mit Steuergeldern, die ihr erlassen werden). Sie kaufte sich Glaubwürdigkeit, Vertrauen und den Anschein der Überparteilichkeit und Unabhängigkeit.

Liz Mohn berät Roman Herzog
    Zwischen Bundespräsident Roman Herzog und der Vertreterin der Familie Mohn, Liz Mohn, hat sich über die Jahre ein vertrautes, über reine Formalien hinausgehendes Verhältnis gebildet. Sie haben sich kennen gelernt, als er noch Richter am Bundesverfassungsgericht war und eines Abends nach einer Konferenz Gast in ihrem Haus war. Sie waren Tischnachbarn – »wir verstanden uns sehr gut«, schreibt sie, »in vielen Themen stimmten wir überein, zum Beispiel wie wichtig ehrenamtliches Engagement oder auch die Tätigkeit von Stiftungen für unsere Gesellschaft ist«.
    Liz Mohn bezeichnet den Kontakt zwischen ihr und dem Ehepaar Herzog in ihrer Biografie Liebe öffnet Herzen als freundschaftlich. Einmal spricht sie davon, »wie wichtig die Einnahme von Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen für Menschen ist, die hohen Belastungen ausgesetzt sind. Ich legte Roman Herzog dies dringend ans Herz. Später sagte seine Frau mir, sie selbst hätte ihren Mann bisher nicht dazu bewegen können, regelmäßig Vitamine und Mikronährstoffe einzunehmen; doch mir war es offensichtlich gelungen, ihn zu überzeugen«. Herzog scherzte: »Jeden Morgen denke ich an Sie, Frau Mohn.«
    Als Liz Mohn 1996 in Leipzig den Charity-Bambi der Bunten des Burda-Verlags verliehen bekommen sollte, wollte sie in der firmeneigenen Maschine von München zur Verleihung nach Leipzig fliegen. Aber der Flieger hatte einen technischen Defekt und konnte nicht starten. Zum Glück machte sich nebenan auf dem Rollfeld gerade eine Maschine der Bundeswehr-Flugbereitschaft bereit. Es war die Maschine, die den Bundespräsidenten und seine Frau nach Leipzig bringen sollte. Warum? Damit Frau Herzog bei der Bambi-Verleihung die Laudatio auf Liz Mohn halte, wie diese in ihrem Buch schildert. Die Herzogs waren als Überraschungsgäste zur Verleihung eingeladen, wie der Focus berichtete. Die Botschaft der beiden Anekdoten: Liz Mohn berät den Bundespräsidenten und sie ist dabei erfolgreich. Und ihr ehrenamtliches Engagement für ihre Stiftung ist so bedeutsam, dass der Bundespräsident mit seiner Frau eigens zu ihrer Auszeichnung fliegt, um die Laudatio zu halten. Man spürt beim Lesen dieser Zeilen, wie Liz Mohn dies als höchste Ehre und Bestätigung empfindet und vermutlich würde es vielen anderen ähnlich gehen.
    Dass die Verbindung zwischen Mohn und Herzog offenbar über formale Freundlichkeit hinausgeht, wurde deutlich, als die Queen den Bundespräsidenten 1998 zum Staatsbesuch nach England einlud. Herzog durfte neben seiner Frau zwei Personen aus Deutschland mitnehmen. Herzog bat Liz Mohn, ihn und seine Frau als Repräsentantin des international agierenden Medienhauses Bertelsmann und der Bertelsmann Stiftung zu begleiten. In London wurde Liz Mohn in einer Kutsche nach Windsor gefahren und erlebte »die neugierigen und begeisterten Massen am Straßenrand, die uns zuwinkten«.

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