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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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das diese Rede geschrieben hat.« Und Jochum gehörte zum Kollektiv. Staudacher sagt über Jochums Mitarbeit an der Ruck-Rede: »Ich habe ihn einbezogen.« 12
    Jochum sei beteiligt gewesen, die Bertelsmann Stiftung hätte aber nicht entscheidend der Ruck-Rede zugeliefert. »Natürlich sind die Themen, die Herzog anspricht, alles Themen vom alten Mohn«, sagt Staudacher, und sicher habe man eine Besprechung mit Mitarbeitern der Bertelsmann Stiftung in der Vorbereitung auf die Rede abgehalten. Aber die Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung seien nicht die einzigen gewesen, die Herzog beraten hätten. Es hätte kleine Wissenschaftskreise gegeben, in denen auch andere Organisationen vertreten waren. Der Einfluss der Bertelsmann Stiftung sei bei anderen Projekten viel größer gewesen, so etwa beim Thema Bildung, für das die Stiftung ein Gesamtkonzept erarbeitet hätte. »Beim Bildungskongress war Bertelsmann extrem beteiligt.«
    Zum Thema Bildung und Hochschule hatte die Bertelsmann Stiftung für Herzog eine Großkonferenz organisiert. Und ihr Vorstandsvorsitzender Wössner war als Teil eines Beraterkreises, zu dem nur angesehene Chefs und Vorstandsvorsitzende großer Unternehmen wie Roland Berger oder Daimler-Chef Klaus Mangold und Chefredakteure namhafter Publikationen wie Helmut Markwort zählten, regelmäßig zu Gast im Schloss Bellevue. Alle zwei bis drei Monate traf man sich. Auch Jochum war bei den Gesprächen zur Vorbereitung des Bildungsgipfels dabei, erinnert sich Staudacher. »Es war unglaublich, wie stark sich Wössner engagiert hat. Er hat persönlich an mindestens fünf Sitzungen teilgenommen.« So kam es, dass auf der einen Seite der Chef der Stiftung als Berater des Bundespräsidenten saß. Auf der anderen Seite, also im Bundespräsidialamt, saß ebenfalls ein Mitarbeiter der Stiftung, der die besprochenen Themen nach Wössners Besuch bei internen Beratungen kommentieren konnte. So konnte die Stiftung jederzeit nachfragen. In der Stiftung scheut man solche Interessenkonflikte nicht, im Gegenteil: Man duldet sie nicht nur, sondern schafft sie oft genug durch eigenwillige Konstruktionen – auch gegen Kritik von außen. Und ist es nicht eine traumhafte Situation für eine Stiftung? Andere Organisationen mühen sich, schreiben Briefe und geben viel Geld aus, damit sie gehört werden. Die Bertelsmann Stiftung dagegen saß beim Präsidenten auf dem Sofa. Das Geld für Jochum war somit – zumindest aus Sicht der Stiftung – gut angelegt.
    Staudacher sagt: »Herzog hat sich von keiner Stiftung kaufen lassen. Er hat Distanz gewahrt und nicht nur eine Stiftung eingebunden.« Auch die Körber-Stiftung und die Hertie-Stiftung waren beteiligt, aber sie hatten keine vergleichbaren Ambitionen wie Mohn, der mit seiner Bertelsmann Stiftung die Politik und damit das Land reformieren wollte.

Spice-Boys um Herzog
    Zum Ende von Herzogs Amtszeit als Bundespräsident, am 30. Juni 1999, einem Mitwochabend, verabschieden er und seine Frau Christiane sich im Schloss Bellevue vom engsten Kreis der Mitarbeiter. Es tritt eine Band auf, die sich »Spice-Boys« nennt, »eine Spontanband aus dem Amt«, wie es ein Reporter der Zeitung Die Welt formuliert. Das Wort der Band führt Michael Jochum. Er kündigt den Auftritt an: »Unsere Premiere gab‘s bei der Eröffnung des neuen Präsidialamtes am 23. November 1998 in Berlin. Jetzt treten wir noch einmal und zugleich ein letztes Mal gemeinsam auf – mit neuen Liedern.«
    Mit dem Reporter der Welt hat Jochum darüber gesprochen, dass er seit Ende 1995 täglich Arbeit, Alltag und öffentliches Wirken des Bundespräsidenten begleitet hat. Ob Händedruck mit Boris Jelzin im September 1997 in Moskau oder die Präsenz am »Katzentisch«, während Herzog die chinesische Führung in einem langen, ernsthaften Gespräch mit dem Thema Menschenrechte konfrontierte: Jochum sei überall dabei gewesen und »indirekt auch an dem beteiligt, was Roman Herzog zweifellos nachhaltig im Gedächtnis der Deutschen bleiben lässt: Mit seiner ›Ruck‹-Rede im April 1997 im ›Adlon‹.« 13
    Bei ihrem ersten Auftritt 1998 textete Jochum zur Melodie von Mrs. Robinson von Simon & Garfunkel. Die Band – neben Jochum bestehend aus Markus Barth (Planungsstab), Ulf Bauer (Pressestelle) und Volker Guckel (Planungsstab) – singt im Tiergarten: »Jetzt sind wir hier, Mister President/weit war unser Weg vom Rhein zur Spree, hey, hey, hey!/Hier in Berlin, Mister President/bieten wir für Sie Spitzenniveau, oh, oh,

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