Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)
Sie übernachtete in einem der 680 Räume im größten bewohnten Schloss der Welt und sie erinnert sich: »Es war ein großes Erlebnis für mich, im Haus der Queen zu wohnen.« 16 Die Queen verlieh ihr den Royal Victorian Order, wie sie schreibt. Bei Tisch saß sie der Queen, Queen Mum und Prinzessin Margret gegenüber, Prinz Andrew fungierte als Tischherr und auch Prinz Charles hatte seinen Platz unweit.
Was den Bundespräsidenten betrifft, so fand sich Liz Mohn erneut in der Rolle der kundigen Beraterin. Bei einem der Empfänge war Herzog irritiert wegen der vielen Protokollregeln und sagte zu ihr: »Ich weiß gar nicht, wann ich den Zylinder abnehmen und wann ich ihn aufsetzen muss.« Darauf sie: »Ach, Herr Bundespräsident, achten Sie doch nur auf Prinz Phillipp – wie er es macht, machen Sie es auch.« Das Bild, das Liz Mohn von ihrer Bekanntschaft zu Herzog zeichnet, festigt sich zum Rollenbild: Der beratungsbedürftige Präsident Roman Herzog und die kundige Liz Mohn, die immer Rat weiß. Dies sind die Rollen, die beide auch in Politik und Gesellschaft einnehmen. Hier der Bundespräsident, der Reformen anmahnt, und dort die Stiftung, die sie uneigennützig erarbeitet und der Politik ohne Gegenleistung anbietet.
4. Eine Medienreform im Dienste der Allgemeinheit – Oder des Unternehmens?
Wir schreiben das Jahr 1999, es ist ein Montagabend im Frühsommer. Um halb sieben klopft Mark Wössner zum Auftakt einer Medienkonferenz mit dem Kugelschreiber gegen sein Weinglas und sagt mit einigem Understatement, er spiele ja »nur den Grußonkel« hier beim Empfang der Bertelsmann Stiftung im Garten des feinen Gütersloher Parkhotels. Bevor er sein Glas zum Toast hebt, erlaubt er sich aber doch einige Bemerkungen, die ahnen lassen, dass er natürlich alles andere als »nur der Grußonkel« ist. Bei den Angriffen »gegen uns« habe er »den Aufschrei« der privaten Fernsehanbieter vermisst, sagt er beispielsweise. Das ist eine seltsame Bemerkung, denn der größte private Fernsehanbieter in Deutschland und Europa ist ja RTL und damit die Bertelsmann AG, die wiederum der Stiftung gehört. Ist Wössner als Aufsichtsratschef von Bertelsmann nicht der oberste Chef von RTL? Eigentlich ja. Wozu dann seine Bemerkung? Spricht er für die Stiftung? Oder für das Unternehmen?
Bevor man seine Worte zu entschlüsseln versucht, sollte man wissen, dass dies keine alltägliche Medienkonferenz ist, zu der die Stiftung für zwei Tage im Mai/Juni 1999 namhafte Politiker wie die Ministerpräsidenten Sachsens und Nordrhein-Westfalens, Kurt Biedenkopf (CDU) und Wolfgang Clement (SPD), Intendanten wie Dieter Stolte (ZDF) und Peter Voß (ARD), Vertreter privater TV-Unternehmen wie Kirch und RTL sowie die Direktoren der Medienaufsichtsbehörden und einige Akademiker und Journalisten nach Gütersloh geladen hat.
Nach zweijährigen Vorbereitungen sollte nicht nur geredet, sondern Politik gemacht werden. Alle zusammen, so die Stiftung, sollten die Grundlagen für eine neue Medienordnung in Deutschland schaffen, die den Anforderungen eines globalen Marktes genügen. Mehrere Studien und Gutachten wurden vorgetragen, deren Ergebnisse nur einen Schluss zuließen: Der deutsche Medienmarkt ist heillos überreguliert.
Rundfunk ist Ländersache und in den neunziger Jahren betrieben die Staatskanzleien der Länder vor allem Standort- und Ansiedlungspolitik. Bayern hatte Kirch und Nordrhein-Westfalen Bertelsmann. In beiden Bundesländern war man interessiert, dass die Medienunternehmen möglichst viele Sender starteten. Die Landesmedienanstalten, die die Sender genehmigen mussten, »waren da reine Agenturen der Staatskanzleien«, sagt der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister. Eine ihrer Hauptaufgaben war allerdings auch, zu großen Medieneinfluss zu verhindern, und dadurch ergab sich ein Interessenkonflikt. Statt Kontrolle auszuüben und Missbrauch offensiv zu bekämpfen, hielten die Aufsichtsbehörden ihre schützende Hand über »ihre« Sender. Der Rundfunkstaatsvertrag schrieb vor, dass ein Unternehmen an einem Sender mit Schwerpunkt Information nur mit höchstens 49,9 Prozent beteiligt sein konnte. Wer eine solche Beteiligung hielt, durfte nur an zwei weiteren Sendern und dann nur mit weniger als 25 Prozent beteiligt sein. Diese Regelung sollte den Einfluss Einzelner eindämmen und Meinungsvielfalt garantieren. Aber sie erschwerte auch die unternehmerische Führung eines Senders.
Deshalb war es eine Konferenz, die dem Vorstandsvorsitzenden der
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