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Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition)

Titel: Bertelsmannrepublik Deutschland: Eine Stiftung macht Politik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schuler
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Schilys Verständnis von freier Hochschule und Wissenschaft entsprochen.
    Als Reinhard Mohn 1995 aus dem Direktorium schied und mit Mark Wössner Mohns Nachfolger aus seinem Unternehmen auch in Witten nachrückte, kam es bald zu einer Auseinandersetzung, die Schily heute als »Krieg zwischen dem Unternehmen Bertelsmann und mir« bezeichnet. Wössner dachte in Kategorien eines Unternehmers: Bertelsmann wollte einen Nutzen aus dem Investment und die Universität zu einer Business School nach dem Vorbild von St. Gallen umbauen. Für Schily sei Business School ein Schimpfwort, schrieb die Wirtschaftswoche . Schily wandte sich an Mohn, um gegen die Pläne zu protestieren, doch Mohn delegierte die Beschwerden zurück und war für Schily kaum mehr zu sprechen. Einmal kam es zu einer Krisensitzung in Gütersloh, bei der Schily erst mit Wössner sprach, ohne dass man sich annäherte, worauf hin beide zu Mohn gingen, der sich aber nicht einmischen wollte. Schily verließ schließlich verärgert das Treffen, wie er sich erinnert.
    Wössner opponierte gegen Schily und suchte Verbündete unter den anderen Hochschulräten des Direktoriums. Als der Wissenschaftsrat im Sommer 1996 in einem Gutachten der Wirtschaftsfakultät »ein miserables Zeugnis« ausstellte, wie die Wirtschaftswoche berichtete, witterte Wössner seine Chance. Das Fächerspektrum der Fakultät sei verengt und befände sich an der »unteren Grenze«. Die zehn Gutachter rieten, darauf zu achten, dass künftig zumindest eine »mit staatlichen Hochschulen vergleichbare professionelle Ausbildung« gewährleistet werde. Wössner bat führende Manager wie Gerhard Cromme (Krupp), Dieter Vogel (Thyssen), August Oetker sowie die Chefs der Unternehmensberatungen Berger, McKinsey und Boston Consulting zu einem Treffen ins Gütersloher Parkhotel. »Dass Professoren und Studenten sich duzen, ist noch kein Zeichen für Qualität«, befand Wössner. »Wenn Witten keine Eliteschule wird, hat Bertelsmann da nichts verloren. Witten muss das deutsche St. Gallen werden. Wir wollen unternehmerisch begabte Menschen zur Blüte bringen.« Wössner plante eine Art Bertelsmann University.
    Schily störte dabei und Wössner wollte ihn mithilfe einer Regelung rausdrängen, die Mohn für die AG aufgestellt hatte: Der am 7. November 1937 geborene Schily sollte mit 60 Jahren – also 1997 – aus seinem Amt scheiden, so wie es bei Bertelsmann üblich war. Schily, der Jahre zuvor sinngemäß gesagt hatte, dass Bertelsmann die Uni fördern, aber nicht kaufen wolle, musste nun selbst erleben, dass man in Gütersloh die Universität doch als eine Art Unternehmenstochter betrachtete. Am Ende aber schaffte es Wössner nicht, Schily aus seiner Universität zu vertreiben, weil er die anderen Direktoriumsmitglieder nicht vom Nutzen einer solchen Aktion überzeugen konnte.

Ein gekaufter Titel? Die Promotion Brigitte Mohns
    Dass die Mohns die Uni Witten/Herdecke als etwas betrachteten, das ihnen zusteht und zu Diensten ist, und sie die Förderung nicht ganz uneigennützig vornehmen, musste Schily allerdings schon früher aufgefallen sein, als 1993 eines Tages sein Mitarbeiter Josef Maria Häußling, der Wissenschaftliche Direktor, zu ihm kommt und sagt, Brigitte Mohn habe sich für eine Promotion angemeldet. Kurz davor hatte die Universität im sogenannten »Studium fundamentale« das Promotionsrecht eingeführt. Ohne diese Änderung hätte Brigitte Mohn gar nicht wegen einer Promotion anzufragen brauchen, denn sie studierte keines der Fächer, das Witten anbot.
    Nun wollte sie als erste Studentin in diesem speziellen Studium generale promovieren. Ausgerechnet an der Universität, wo ihr Vater den Vorsitz des obersten Gremiums führte und welche ihr Vater damals förderte wie kein Zweiter. Im Laufe der Jahre 1986 bis 2004 hat die Universität Witten/Herdecke von der Bertelsmann AG und der Bertelsmann Stiftung 35,1 Millionen Euro erhalten. Darüber hinaus hat die AG 1991 einen Lehrstuhl gestiftet, den sie nach Reinhard Mohn benannt hatte.
    Schily konnte sich 1993 denken, dass diese Promotion von Brigitte Mohn von außen nicht als besondere Errungenschaft gewertet wurde. Häußling sagte Schily, Brigitte Mohn habe bereits eine Arbeit, die so gut wie fertig wäre, mitgebracht und einen Zweitgutachter hätte sie auch bereits – ihren Professor aus Augsburg. Es wirkte auf Schily, als sei alles vorbereitet. Schily achtete darauf, dass Brigitte Mohn sich ihre Promotion wie jede andere Studentin erarbeitet. Er

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