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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Liebenow, die mit ihrer Mutter oft hier Urlaub macht und nun einem Herrn »mit einem sehr ausdrucksvollen Kopf« gegenübersitzt: Alfried Krupp. Wie Beitz aus Pommern stammend, erfreut sie Krupp an diesem Vormittag mit Bauernsprüchen ihres Großvaters: »Im Winter ist der Pommer/ noch dümmer als im Sommer.« So entsteht eine freundschaftliche Beziehung zu dem mächtigen Mann aus Essen und über ihn schließlich zu Else und Berthold Beitz.
    Auch der Firmenherr hat auf Sylt ein kleines Haus, nicht weit von der Beitz’schen Reetdachkate entfernt. Die vertrautesten Momente zwischen den beiden Männern entstehen hier auf der Insel; manchmal sitzen sie nächtelang in Beitz’ kleinem Haus, trinken Whiskey bis halb drei Uhr morgens, und in solchen Stunden der menschlichen Nähe nennt Alfried Krupp seinen Vertrauten »Bautz«, für seine Verhältnisse der Ausdruck außergewöhnlicher persönlicher Sympathie. Er spricht dann offen, auch über seine Gefühle und was er von vielen Menschen hält. Dann lässt er den Porsche stehen und geht zu Fuß durch die Nacht zu seinem Haus. »Aber am nächsten Morgen«, erinnert sich Beitz, »haben wir uns wiedergetroffen und mit ›Guten Morgen, Herr von Bohlen‹ begrüßt und mit ›Guten Morgen, Herr Beitz‹.«
    In den Anfängen sind die Sommertage auf Kampen eher Männersache. Der ihm gut bekannte Richter Eberhard Penning schreibt Beitz 1951 nach Sylt gar eine Postkarte aus dem Park-Hotel Badenweiler, einem prächtigen, wenngleich etwas angestaubten Kasten aus der Belle Époque, zu dessen Besuch ihn offenbar seine Frau gezwungen hat. Im biederen Idyll des Kurbetriebs vor Langeweile ächzend, notiert Penning: »Oh, wäre ich doch solo in Kampen.« Einer von Beitz’ Essener Mitarbeitern, Ekhard Freiherr von Maltzahn, dankt seinem Chef 1957 nachträglich dafür, dass er ihn nach Kampen begleiten durfte: »Ich glaube, Sie haben empfunden, wie gut mir die Fröhlichkeit unseres ›Junggesellen-Hauses‹ bekommen ist.«
    Ende der fünfziger Jahre beginnt sich der Charakter der Insel zu ändern, die man dann nur schwerlich als Geheimtipp bezeichnen kann. Der Ruf seines Refugiums als »versnobtes Modebad Kampen« ärgert Beitz, wie er im Sommer 1961 an Axel Springer schreibt: »Alfried Krupp und ich sind gestern aus Kampen zurück gekommen und sehen mit Sorge, wie Kampen allmählich diskriminiert wird. Dazu kommt noch, daß ein ›Stern‹-Reporter Aufnahmen machte, um einen Fortsetzungsbericht ›Die Nackten und die Reichen‹ zu bringen …«
    Sylt bleibt er noch in hohem Alter treu. Zwar sind seine Eisbeinessen für die Rettungsschwimmer inzwischen Legende, aber er besucht noch den Feuerwehrball, zu dem ihn ein Feuerwehrauto abholt, und schaut bei seinem Freund Herbert vorbei, dem Parkplatzwächter an Buhne 16. Berührungsängste gegenüber jenen, die von manchen anderen Industriellen »die kleinen Leute« genannt werden, hat er nie gehabt.
    Bis Mitte der sechziger Jahre spielen Sicherheitsfragen kaum eine Rolle, doch das wird sich rasch ändern. 1965 meldet die Siegener Zeitung , die Kripo habe bei dem 33-jährigen Lüdenscheider »Berufsverbrecher« Manfred H. »schriftliche Pläne für die Entführung von Millionärskindern (u. a. derer des Krupp-Generalbevollmächtigten Berthold Beitz)« gefunden. Es gibt Gerüchte, dass sich H., der angeblich stets eine gestohlene Bundeswehr-Maschinenpistole mit sich führt, mit einer Haushaltsgehilfin von Beitz angefreundet habe, um Wege in die Villa auszuforschen. Wie Essens Polizeipräsident Hans Kirchhoff an Beitz schreibt, »konnten wir jedoch feststellen, daß diese Nachrichten unzutreffend sind … Eine konkrete Absicht, bei Ihnen einen Einbruch oder Raubüberfall durchzuführen, bestand bei diesem Mann nicht.«
    Wirkliche Sorgen um Beitz’ Sicherheit macht sich die Polizei allerdings Anfang der siebziger Jahre. Es ist die bleierne Zeit des Linksterrorismus. Beitz hat nun eine ständige Eskorte von Kriminalbeamten; die schweren Wagen und die ernsten Männer beeindrucken die kleinen Enkel aus Amerika, Barbaras Söhne, bei ihren Besuchen außerordentlich. Für den Bewachten selbst sind die bewaffneten Begleiter ebenso eine Notwendigkeit wie eine Last, und die Gefahr ist durchaus real. Gleich mehrere Männer, die er gut kennt, werden in den folgenden Jahren Opfer der Terroristen: Jürgen Ponto, der Hausbankier von Krupp, Alfred Herrhausen, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Detlev Karsten Rohwedder, einst Hoesch-Chef und später Leiter der

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